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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Von Verwandlung der Erbesbesetzung
hat kein Wort dabey zu sprechen und keinen Vertreter.
Kurz der Mann, der als Leibeigner einem Kutschpferde
gleich gehalten wurde, was man zu seinem eignen Ver-
gnügen und Vortheile in dem besten Stande zu erhalten
sucht, wird jetzt einem Miethpferde *) gleich, was man
heute so gut und so viel braucht als man kann, und sich
nicht darum bekümmert, wie es Morgen zittern werde.
Dieses so plötzlich erscheinende neue Jnteresse, sage ich,
lag vor Augen, und aus demfelben gieng der Schluß her-
vor, daß die Gränzen zwischen einem Gutsherrn und ei-
nem freyen Erbpächter weit genauer bestimmt werden
müssen, als zwischen jenen und seine leibeignen Pächter,
wo ihr beyderseitiger Vortheil in der Schonung und Bil-
ligkeit beruhet.

Zuerst kam der Hof in Betrachtung. Hier redete
die Sache von selbst, daß die Freyheit dem Erbpächter in
Ansehung dessen nicht mehr Rechte geben könnte, als er
vorhin wie Leibeigner gehabt hatte. Beyde sind in glei-
cher Maaße schuldig die Gebäude zu errichten und zu er-
halten, und solche so wenig als Zäune und Frechten ver-
fallen zu lassen; beyde müssen in Bau und Spannung
gleich gut bestehen; beyde können den Hof nicht mit neuen
Dienstbarkeiten, Schulden, oder Auslobungen beschwe-
ren; beyde können ihm durch Processe oder Contrakte
nichts vergeben; beyde dürfen das Holz nicht ungebühr-

lich
*) Linguet bediente sich dieser Gründe zur Vertheidigung des
Leibeigenthums: Sie gelten aber nur da, wo ein Staat we-
nig Steuern zu zahlen, und wenig Recruten zu stellen hat.
Dieses ist aber jetzt in wenigen Ländern der Fall. Jn den mehr-
sten ist ihm mehr an der Erhaltung und dem Wohlstande vie-
ler geringer Unterthanen, als an dem Vortheile großer Guts-
herrn gelegen.

Von Verwandlung der Erbesbeſetzung
hat kein Wort dabey zu ſprechen und keinen Vertreter.
Kurz der Mann, der als Leibeigner einem Kutſchpferde
gleich gehalten wurde, was man zu ſeinem eignen Ver-
gnuͤgen und Vortheile in dem beſten Stande zu erhalten
ſucht, wird jetzt einem Miethpferde *) gleich, was man
heute ſo gut und ſo viel braucht als man kann, und ſich
nicht darum bekuͤmmert, wie es Morgen zittern werde.
Dieſes ſo ploͤtzlich erſcheinende neue Jntereſſe, ſage ich,
lag vor Augen, und aus demfelben gieng der Schluß her-
vor, daß die Graͤnzen zwiſchen einem Gutsherrn und ei-
nem freyen Erbpaͤchter weit genauer beſtimmt werden
muͤſſen, als zwiſchen jenen und ſeine leibeignen Paͤchter,
wo ihr beyderſeitiger Vortheil in der Schonung und Bil-
ligkeit beruhet.

Zuerſt kam der Hof in Betrachtung. Hier redete
die Sache von ſelbſt, daß die Freyheit dem Erbpaͤchter in
Anſehung deſſen nicht mehr Rechte geben koͤnnte, als er
vorhin wie Leibeigner gehabt hatte. Beyde ſind in glei-
cher Maaße ſchuldig die Gebaͤude zu errichten und zu er-
halten, und ſolche ſo wenig als Zaͤune und Frechten ver-
fallen zu laſſen; beyde muͤſſen in Bau und Spannung
gleich gut beſtehen; beyde koͤnnen den Hof nicht mit neuen
Dienſtbarkeiten, Schulden, oder Auslobungen beſchwe-
ren; beyde koͤnnen ihm durch Proceſſe oder Contrakte
nichts vergeben; beyde duͤrfen das Holz nicht ungebuͤhr-

lich
*) Linguet bediente ſich dieſer Gruͤnde zur Vertheidigung des
Leibeigenthums: Sie gelten aber nur da, wo ein Staat we-
nig Steuern zu zahlen, und wenig Recruten zu ſtellen hat.
Dieſes iſt aber jetzt in wenigen Laͤndern der Fall. Jn den mehr-
ſten iſt ihm mehr an der Erhaltung und dem Wohlſtande vie-
ler geringer Unterthanen, als an dem Vortheile großer Guts-
herrn gelegen.
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[324/0336] Von Verwandlung der Erbesbeſetzung hat kein Wort dabey zu ſprechen und keinen Vertreter. Kurz der Mann, der als Leibeigner einem Kutſchpferde gleich gehalten wurde, was man zu ſeinem eignen Ver- gnuͤgen und Vortheile in dem beſten Stande zu erhalten ſucht, wird jetzt einem Miethpferde *) gleich, was man heute ſo gut und ſo viel braucht als man kann, und ſich nicht darum bekuͤmmert, wie es Morgen zittern werde. Dieſes ſo ploͤtzlich erſcheinende neue Jntereſſe, ſage ich, lag vor Augen, und aus demfelben gieng der Schluß her- vor, daß die Graͤnzen zwiſchen einem Gutsherrn und ei- nem freyen Erbpaͤchter weit genauer beſtimmt werden muͤſſen, als zwiſchen jenen und ſeine leibeignen Paͤchter, wo ihr beyderſeitiger Vortheil in der Schonung und Bil- ligkeit beruhet. Zuerſt kam der Hof in Betrachtung. Hier redete die Sache von ſelbſt, daß die Freyheit dem Erbpaͤchter in Anſehung deſſen nicht mehr Rechte geben koͤnnte, als er vorhin wie Leibeigner gehabt hatte. Beyde ſind in glei- cher Maaße ſchuldig die Gebaͤude zu errichten und zu er- halten, und ſolche ſo wenig als Zaͤune und Frechten ver- fallen zu laſſen; beyde muͤſſen in Bau und Spannung gleich gut beſtehen; beyde koͤnnen den Hof nicht mit neuen Dienſtbarkeiten, Schulden, oder Auslobungen beſchwe- ren; beyde koͤnnen ihm durch Proceſſe oder Contrakte nichts vergeben; beyde duͤrfen das Holz nicht ungebuͤhr- lich *) Linguet bediente ſich dieſer Gruͤnde zur Vertheidigung des Leibeigenthums: Sie gelten aber nur da, wo ein Staat we- nig Steuern zu zahlen, und wenig Recruten zu ſtellen hat. Dieſes iſt aber jetzt in wenigen Laͤndern der Fall. Jn den mehr- ſten iſt ihm mehr an der Erhaltung und dem Wohlſtande vie- ler geringer Unterthanen, als an dem Vortheile großer Guts- herrn gelegen.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/336>, abgerufen am 25.11.2024.