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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Der Freykauf.
ihm oft mit allen ihren hohen Reizungen erschienen, und
mehr als einmal hatte er die Eiche mit den Augen gemes-
sen, wovon er sodann völliger Herr seyn würde. Eilike
Eilike, sagte er oft zu seiner Frau, wenn wir frey sind,
so sind unsre Kinder auch frey, und was wir mit unserm
sauern Schweiße erwerben, bleibet ihnen.

Endlich kam die glückliche Stunde, worin sein Guts-
herr sich bewogen sahe, einige seiner entfernten Eigenbe-
hörigen, worunter Boiko mit gehörte, abzustehen, und
wie er diesen immer für einen guten Mann gehalten
hatte: so bot er ihm seine Freyheit und seinen Hof für
ein ziemliches Kaufgeld an, Euch, Boiko, sprach er zu
ihm, möchte ich ungern an einen andern verkaufen: ihr
habt mir allemal ehrlich gedient, und es geht mir durchs
Herz, wenn ich daran denke, daß ihr vielleicht einem
Manne zu Theil werdet, der, wenn er zu viel verspielet
hat, sich an eurer Armuth erholet; könnt ihr zum Gelde
rathen: so versäumt die Gelegenheit nicht, euch frey zu
kaufen. Zwey tausend Thaler sind mir für euch geboten,
und ihr sollt der nächste zum Kaufe seyn, wenn ihr in
Zeit von acht Tagen eben so viel geben wollt.

Halb traurig und halb froh hörte Boiko diesen un-
vermutheten Vortrag an. Ungern, erwiederte er, ver-
lasse ich das Eigenthum meines gnädigen Gutsherrn, der
bisher mein Herr und mein Schutz gewesen, und Geduld
mit mir gehabt hat, so oft mich Unglücksfälle ausser
Stand gesetzt haben ihm meine Pacht zu entrichten. Allein
wenn ich ihn durchaus verlassen soll, o so bitte ich mir
das Vorrecht vor andern zu gönnen, ich will sehen, wie
ich in der gesetzten Zeit, so blutsauer es mir auch werden
wird, zum Gelde gelange, und die übrige Zeit meines
Lebens gern Wasser trinken, um mit meinen Nachkom-
men zu ewigen Tagen in Freyheit zu leben und zu sterben.

So

Der Freykauf.
ihm oft mit allen ihren hohen Reizungen erſchienen, und
mehr als einmal hatte er die Eiche mit den Augen gemeſ-
ſen, wovon er ſodann voͤlliger Herr ſeyn wuͤrde. Eilike
Eilike, ſagte er oft zu ſeiner Frau, wenn wir frey ſind,
ſo ſind unſre Kinder auch frey, und was wir mit unſerm
ſauern Schweiße erwerben, bleibet ihnen.

Endlich kam die gluͤckliche Stunde, worin ſein Guts-
herr ſich bewogen ſahe, einige ſeiner entfernten Eigenbe-
hoͤrigen, worunter Boiko mit gehoͤrte, abzuſtehen, und
wie er dieſen immer fuͤr einen guten Mann gehalten
hatte: ſo bot er ihm ſeine Freyheit und ſeinen Hof fuͤr
ein ziemliches Kaufgeld an, Euch, Boiko, ſprach er zu
ihm, moͤchte ich ungern an einen andern verkaufen: ihr
habt mir allemal ehrlich gedient, und es geht mir durchs
Herz, wenn ich daran denke, daß ihr vielleicht einem
Manne zu Theil werdet, der, wenn er zu viel verſpielet
hat, ſich an eurer Armuth erholet; koͤnnt ihr zum Gelde
rathen: ſo verſaͤumt die Gelegenheit nicht, euch frey zu
kaufen. Zwey tauſend Thaler ſind mir fuͤr euch geboten,
und ihr ſollt der naͤchſte zum Kaufe ſeyn, wenn ihr in
Zeit von acht Tagen eben ſo viel geben wollt.

Halb traurig und halb froh hoͤrte Boiko dieſen un-
vermutheten Vortrag an. Ungern, erwiederte er, ver-
laſſe ich das Eigenthum meines gnaͤdigen Gutsherrn, der
bisher mein Herr und mein Schutz geweſen, und Geduld
mit mir gehabt hat, ſo oft mich Ungluͤcksfaͤlle auſſer
Stand geſetzt haben ihm meine Pacht zu entrichten. Allein
wenn ich ihn durchaus verlaſſen ſoll, o ſo bitte ich mir
das Vorrecht vor andern zu goͤnnen, ich will ſehen, wie
ich in der geſetzten Zeit, ſo blutſauer es mir auch werden
wird, zum Gelde gelange, und die uͤbrige Zeit meines
Lebens gern Waſſer trinken, um mit meinen Nachkom-
men zu ewigen Tagen in Freyheit zu leben und zu ſterben.

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[317/0329] Der Freykauf. ihm oft mit allen ihren hohen Reizungen erſchienen, und mehr als einmal hatte er die Eiche mit den Augen gemeſ- ſen, wovon er ſodann voͤlliger Herr ſeyn wuͤrde. Eilike Eilike, ſagte er oft zu ſeiner Frau, wenn wir frey ſind, ſo ſind unſre Kinder auch frey, und was wir mit unſerm ſauern Schweiße erwerben, bleibet ihnen. Endlich kam die gluͤckliche Stunde, worin ſein Guts- herr ſich bewogen ſahe, einige ſeiner entfernten Eigenbe- hoͤrigen, worunter Boiko mit gehoͤrte, abzuſtehen, und wie er dieſen immer fuͤr einen guten Mann gehalten hatte: ſo bot er ihm ſeine Freyheit und ſeinen Hof fuͤr ein ziemliches Kaufgeld an, Euch, Boiko, ſprach er zu ihm, moͤchte ich ungern an einen andern verkaufen: ihr habt mir allemal ehrlich gedient, und es geht mir durchs Herz, wenn ich daran denke, daß ihr vielleicht einem Manne zu Theil werdet, der, wenn er zu viel verſpielet hat, ſich an eurer Armuth erholet; koͤnnt ihr zum Gelde rathen: ſo verſaͤumt die Gelegenheit nicht, euch frey zu kaufen. Zwey tauſend Thaler ſind mir fuͤr euch geboten, und ihr ſollt der naͤchſte zum Kaufe ſeyn, wenn ihr in Zeit von acht Tagen eben ſo viel geben wollt. Halb traurig und halb froh hoͤrte Boiko dieſen un- vermutheten Vortrag an. Ungern, erwiederte er, ver- laſſe ich das Eigenthum meines gnaͤdigen Gutsherrn, der bisher mein Herr und mein Schutz geweſen, und Geduld mit mir gehabt hat, ſo oft mich Ungluͤcksfaͤlle auſſer Stand geſetzt haben ihm meine Pacht zu entrichten. Allein wenn ich ihn durchaus verlaſſen ſoll, o ſo bitte ich mir das Vorrecht vor andern zu goͤnnen, ich will ſehen, wie ich in der geſetzten Zeit, ſo blutſauer es mir auch werden wird, zum Gelde gelange, und die uͤbrige Zeit meines Lebens gern Waſſer trinken, um mit meinen Nachkom- men zu ewigen Tagen in Freyheit zu leben und zu ſterben. So

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/329>, abgerufen am 26.11.2024.