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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Adelsprobe in Deutschland.
rechter Weise durch unmögliche Beweise um ihr Recht ge-
bracht, und Männer, welche endlich die Frucht der ihren
Voreltern von dem höchsten Reichsoberhaupte zuerkann-
ten Belohnung, genießen wollen, nicht ins Unendliche
aufgehalten werden, ist es nöthig, genau zu bestim-
men: -- 1. Was denn nun einer, der sich als ein alter
Edelmann darstellen will, beweisen, und -- 2. Wie die-
ser Beweis geführt werden solle? -- Beydes wird sich
aber nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit bewirken lassen,
ohne vorher etwas von dem Ursprunge des Adels zu sa-
gen; jedoch wird hier blos das Resultat der darüber bis-
her angestellten Untersuchungen vorgeleget werden dür-
fen, weil der Zweck, wozu dieses bestimmt ist, ein meh-
rers nicht erfodert, und eine Anführung aller Gründe,
worauf dasselbe gebauet ist, viel zu weitläuftig seyn würde.

Man kann überhaupt bey einer landbauenden Na-
tion, dergleichen die Deutsche ist, 3 Quellen des Adels
annehmen: als

Erstens diejenige, welche in allen angehenden und
aufblühenden Staaten solcher Nationen das ächte Eigen-
thum einer in der Nationalversammlung stimmbaren Hufe
oder Landactie giebt. Hier geht dieser Eigenthümer un-
ter einem erwählten Heerführer zu Felde, verschaft sich
selbst Waffen und Unterhalt, und vertheidiget die Rechte
der aus Landeigenthümern errichteten Gesellschaft. Die-
ses waren die Ingenui der Deutschen, und die später so
genannten schöpfenbaren Leute, oder der erste und älteste
deutsche Adel; und unter diesen entstand noch ein beson-
derer hoher Adel aus den zuerst erwählten Obersten oder
Hauptleuten, nachdem diese Wahlwürden, wie bey Land-
eigenthümern mit der Zeit fast allemal geschehen wird,
bey einer Hufe und deren Eigenthümer lange Zeit gelas-
sen, und endlich erblich wurden. Blos die oberste Heer-

führer-

Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
rechter Weiſe durch unmoͤgliche Beweiſe um ihr Recht ge-
bracht, und Maͤnner, welche endlich die Frucht der ihren
Voreltern von dem hoͤchſten Reichsoberhaupte zuerkann-
ten Belohnung, genießen wollen, nicht ins Unendliche
aufgehalten werden, iſt es noͤthig, genau zu beſtim-
men: — 1. Was denn nun einer, der ſich als ein alter
Edelmann darſtellen will, beweiſen, und — 2. Wie die-
ſer Beweis gefuͤhrt werden ſolle? — Beydes wird ſich
aber nicht mit hinlaͤnglicher Deutlichkeit bewirken laſſen,
ohne vorher etwas von dem Urſprunge des Adels zu ſa-
gen; jedoch wird hier blos das Reſultat der daruͤber bis-
her angeſtellten Unterſuchungen vorgeleget werden duͤr-
fen, weil der Zweck, wozu dieſes beſtimmt iſt, ein meh-
rers nicht erfodert, und eine Anfuͤhrung aller Gruͤnde,
worauf daſſelbe gebauet iſt, viel zu weitlaͤuftig ſeyn wuͤrde.

Man kann uͤberhaupt bey einer landbauenden Na-
tion, dergleichen die Deutſche iſt, 3 Quellen des Adels
annehmen: als

Erſtens diejenige, welche in allen angehenden und
aufbluͤhenden Staaten ſolcher Nationen das aͤchte Eigen-
thum einer in der Nationalverſammlung ſtimmbaren Hufe
oder Landactie giebt. Hier geht dieſer Eigenthuͤmer un-
ter einem erwaͤhlten Heerfuͤhrer zu Felde, verſchaft ſich
ſelbſt Waffen und Unterhalt, und vertheidiget die Rechte
der aus Landeigenthuͤmern errichteten Geſellſchaft. Die-
ſes waren die Ingenui der Deutſchen, und die ſpaͤter ſo
genannten ſchoͤpfenbaren Leute, oder der erſte und aͤlteſte
deutſche Adel; und unter dieſen entſtand noch ein beſon-
derer hoher Adel aus den zuerſt erwaͤhlten Oberſten oder
Hauptleuten, nachdem dieſe Wahlwuͤrden, wie bey Land-
eigenthuͤmern mit der Zeit faſt allemal geſchehen wird,
bey einer Hufe und deren Eigenthuͤmer lange Zeit gelaſ-
ſen, und endlich erblich wurden. Blos die oberſte Heer-

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[272/0284] Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. rechter Weiſe durch unmoͤgliche Beweiſe um ihr Recht ge- bracht, und Maͤnner, welche endlich die Frucht der ihren Voreltern von dem hoͤchſten Reichsoberhaupte zuerkann- ten Belohnung, genießen wollen, nicht ins Unendliche aufgehalten werden, iſt es noͤthig, genau zu beſtim- men: — 1. Was denn nun einer, der ſich als ein alter Edelmann darſtellen will, beweiſen, und — 2. Wie die- ſer Beweis gefuͤhrt werden ſolle? — Beydes wird ſich aber nicht mit hinlaͤnglicher Deutlichkeit bewirken laſſen, ohne vorher etwas von dem Urſprunge des Adels zu ſa- gen; jedoch wird hier blos das Reſultat der daruͤber bis- her angeſtellten Unterſuchungen vorgeleget werden duͤr- fen, weil der Zweck, wozu dieſes beſtimmt iſt, ein meh- rers nicht erfodert, und eine Anfuͤhrung aller Gruͤnde, worauf daſſelbe gebauet iſt, viel zu weitlaͤuftig ſeyn wuͤrde. Man kann uͤberhaupt bey einer landbauenden Na- tion, dergleichen die Deutſche iſt, 3 Quellen des Adels annehmen: als Erſtens diejenige, welche in allen angehenden und aufbluͤhenden Staaten ſolcher Nationen das aͤchte Eigen- thum einer in der Nationalverſammlung ſtimmbaren Hufe oder Landactie giebt. Hier geht dieſer Eigenthuͤmer un- ter einem erwaͤhlten Heerfuͤhrer zu Felde, verſchaft ſich ſelbſt Waffen und Unterhalt, und vertheidiget die Rechte der aus Landeigenthuͤmern errichteten Geſellſchaft. Die- ſes waren die Ingenui der Deutſchen, und die ſpaͤter ſo genannten ſchoͤpfenbaren Leute, oder der erſte und aͤlteſte deutſche Adel; und unter dieſen entſtand noch ein beſon- derer hoher Adel aus den zuerſt erwaͤhlten Oberſten oder Hauptleuten, nachdem dieſe Wahlwuͤrden, wie bey Land- eigenthuͤmern mit der Zeit faſt allemal geſchehen wird, bey einer Hufe und deren Eigenthuͤmer lange Zeit gelaſ- ſen, und endlich erblich wurden. Blos die oberſte Heer- fuͤhrer-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/284>, abgerufen am 13.05.2024.