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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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der Landbesitzer.
ist von ihrem Könige bestätiget *), daß alle Processe
dieser Art bey funfzig Thaler Strafe an kein ordentliches
Gerichte gebracht werden dürfen. Hier sind also Schieds-
richter von der Art, wie sie Deutschland ehedem hatte;
Schiedsrichter die an kein corpus juris gebunden sind,
sondern die Vollmacht haben, nach ihrem Gewissen, das-
jenige Recht zu sprechen, was nach dem uralten römi-
schen Begriffe, das bonum & aequum ausmacht, oder
was das allgemeine Beste des Standes erfordert. Das
können und dürfen ordentliche Richter nicht, sie mögen
fürstlichen, gräflichen, adlichen oder bürgerlichen Stan-
des seyn. Denn so bald einer nicht zum Richter erwäh-
let sondern gesetzt ist: so kann er nicht scharf genug an
die gemeine Rechte und Formalien gebunden werden; und
es sind sehr ausserordentliche und geringe Fälle, wo man
einem solchen Richter erlaubt, den Partheyen einen Ver-
gleich vorzuschreiben. Aber ein erwählter Richter von
welchem Stande er auch seyn mag, ersetzt durch die Voll-
macht oder das Vertrauen der Partheyen alles übrige,
und man erwählt ihn nur um deswillen gern von gleichem
Stande, weil ein andrer nicht leicht das Gefühl des An-
ständigen, Sittlichen und Billigen hat, was jeder insge-
mein nur für seinen eignen Stand hat.

Ueberhaupt aber bin ich versichert, daß, wenn der
Satz nur erst feststeht, daß die Töchter kein römisches oder
irgend ein anders, nach genauen Verhältnissen zu bestim-
mendes Pflichttheil, sondern ein anständiges und ziemli-
ches Ehegeld fordern mögen, sehr viele Streitigkeiten von
selbst wegfallen werden, die mit jeder auf ein richtiges
Jnventarium sich gründenden Abfindung verknüpft sind.

Alle
*) Die Vereinigung und die darüber ertheilte Confirmation
steht bey dem von Steinen in der Westf. Geschichte im VII.
St. p. 1931.

der Landbeſitzer.
iſt von ihrem Koͤnige beſtaͤtiget *), daß alle Proceſſe
dieſer Art bey funfzig Thaler Strafe an kein ordentliches
Gerichte gebracht werden duͤrfen. Hier ſind alſo Schieds-
richter von der Art, wie ſie Deutſchland ehedem hatte;
Schiedsrichter die an kein corpus juris gebunden ſind,
ſondern die Vollmacht haben, nach ihrem Gewiſſen, das-
jenige Recht zu ſprechen, was nach dem uralten roͤmi-
ſchen Begriffe, das bonum & aequum ausmacht, oder
was das allgemeine Beſte des Standes erfordert. Das
koͤnnen und duͤrfen ordentliche Richter nicht, ſie moͤgen
fuͤrſtlichen, graͤflichen, adlichen oder buͤrgerlichen Stan-
des ſeyn. Denn ſo bald einer nicht zum Richter erwaͤh-
let ſondern geſetzt iſt: ſo kann er nicht ſcharf genug an
die gemeine Rechte und Formalien gebunden werden; und
es ſind ſehr auſſerordentliche und geringe Faͤlle, wo man
einem ſolchen Richter erlaubt, den Partheyen einen Ver-
gleich vorzuſchreiben. Aber ein erwaͤhlter Richter von
welchem Stande er auch ſeyn mag, erſetzt durch die Voll-
macht oder das Vertrauen der Partheyen alles uͤbrige,
und man erwaͤhlt ihn nur um deswillen gern von gleichem
Stande, weil ein andrer nicht leicht das Gefuͤhl des An-
ſtaͤndigen, Sittlichen und Billigen hat, was jeder insge-
mein nur fuͤr ſeinen eignen Stand hat.

Ueberhaupt aber bin ich verſichert, daß, wenn der
Satz nur erſt feſtſteht, daß die Toͤchter kein roͤmiſches oder
irgend ein anders, nach genauen Verhaͤltniſſen zu beſtim-
mendes Pflichttheil, ſondern ein anſtaͤndiges und ziemli-
ches Ehegeld fordern moͤgen, ſehr viele Streitigkeiten von
ſelbſt wegfallen werden, die mit jeder auf ein richtiges
Jnventarium ſich gruͤndenden Abfindung verknuͤpft ſind.

Alle
*) Die Vereinigung und die daruͤber ertheilte Confirmation
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St. p. 1931.
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[235/0247] der Landbeſitzer. iſt von ihrem Koͤnige beſtaͤtiget *), daß alle Proceſſe dieſer Art bey funfzig Thaler Strafe an kein ordentliches Gerichte gebracht werden duͤrfen. Hier ſind alſo Schieds- richter von der Art, wie ſie Deutſchland ehedem hatte; Schiedsrichter die an kein corpus juris gebunden ſind, ſondern die Vollmacht haben, nach ihrem Gewiſſen, das- jenige Recht zu ſprechen, was nach dem uralten roͤmi- ſchen Begriffe, das bonum & aequum ausmacht, oder was das allgemeine Beſte des Standes erfordert. Das koͤnnen und duͤrfen ordentliche Richter nicht, ſie moͤgen fuͤrſtlichen, graͤflichen, adlichen oder buͤrgerlichen Stan- des ſeyn. Denn ſo bald einer nicht zum Richter erwaͤh- let ſondern geſetzt iſt: ſo kann er nicht ſcharf genug an die gemeine Rechte und Formalien gebunden werden; und es ſind ſehr auſſerordentliche und geringe Faͤlle, wo man einem ſolchen Richter erlaubt, den Partheyen einen Ver- gleich vorzuſchreiben. Aber ein erwaͤhlter Richter von welchem Stande er auch ſeyn mag, erſetzt durch die Voll- macht oder das Vertrauen der Partheyen alles uͤbrige, und man erwaͤhlt ihn nur um deswillen gern von gleichem Stande, weil ein andrer nicht leicht das Gefuͤhl des An- ſtaͤndigen, Sittlichen und Billigen hat, was jeder insge- mein nur fuͤr ſeinen eignen Stand hat. Ueberhaupt aber bin ich verſichert, daß, wenn der Satz nur erſt feſtſteht, daß die Toͤchter kein roͤmiſches oder irgend ein anders, nach genauen Verhaͤltniſſen zu beſtim- mendes Pflichttheil, ſondern ein anſtaͤndiges und ziemli- ches Ehegeld fordern moͤgen, ſehr viele Streitigkeiten von ſelbſt wegfallen werden, die mit jeder auf ein richtiges Jnventarium ſich gruͤndenden Abfindung verknuͤpft ſind. Alle *) Die Vereinigung und die daruͤber ertheilte Confirmation ſteht bey dem von Steinen in der Weſtf. Geſchichte im VII. St. p. 1931.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/247>, abgerufen am 23.11.2024.