XLV. Vorschlag wie die Kirchhöfe aus der Stadt zu bringen.
Die Verlegung der Gottesäcker oder Kirchhöfe aus- serhalb der Stadt, ist lange der allgemeine Wunsch gewesen; man wird aber auf dessen Erfüllung nicht rech- nen dürfen, bevor man nicht die Schwierigkeiten aus dem Wege räumt, welche sich gegen eine solche Verände- rung sträuben. Diese sind von mancherley Art, und ich will versuchen ob ich sie nicht mit guter Manier auf die Seite schieben kann. Denn heroische Mittel würken in dergleichen Fällen, wo es auf die Einbildung der Men- schen ankommt, oft den unrechten Weg, und was ein Mensch von dem andern in der Güte erhalten kann, muß er ihm nicht abzuzwingen suchen.
Unsre Vorfahren haben viele besondre Feyerlichkei- ten mit der Begrabung ihrer Leichen verknüpft, die eines Theils auf die allgemeine Sicherheit der Menschen, an- dern Theils auf die Ehre und Belohnung der Verdienste, und dritten Theils auch auf einen Vortheil der Kirchen und Kirchenbediente abzielen.
Zur ersten Art gehört, daß die Leichen nicht zu früh begraben, sondern einige Tage in ihren Särgen zur Schau gestellt, und hernach unter einer öffentlichen Begleitung an einen gemeinschaftlichen Ort abgeführet werden. Hätte ein jeder dafür das Recht erhalten, seine Todten in der Stille und bey seinem Hause verscharren zu mögen; so würde vielleicht mancher lebendig ins Grab gekommen, mancher erschlagen oder vergiftet und mancher als todt be-
graben
XLV. Vorſchlag wie die Kirchhoͤfe aus der Stadt zu bringen.
Die Verlegung der Gottesaͤcker oder Kirchhoͤfe auſ- ſerhalb der Stadt, iſt lange der allgemeine Wunſch geweſen; man wird aber auf deſſen Erfuͤllung nicht rech- nen duͤrfen, bevor man nicht die Schwierigkeiten aus dem Wege raͤumt, welche ſich gegen eine ſolche Veraͤnde- rung ſtraͤuben. Dieſe ſind von mancherley Art, und ich will verſuchen ob ich ſie nicht mit guter Manier auf die Seite ſchieben kann. Denn heroiſche Mittel wuͤrken in dergleichen Faͤllen, wo es auf die Einbildung der Men- ſchen ankommt, oft den unrechten Weg, und was ein Menſch von dem andern in der Guͤte erhalten kann, muß er ihm nicht abzuzwingen ſuchen.
Unſre Vorfahren haben viele beſondre Feyerlichkei- ten mit der Begrabung ihrer Leichen verknuͤpft, die eines Theils auf die allgemeine Sicherheit der Menſchen, an- dern Theils auf die Ehre und Belohnung der Verdienſte, und dritten Theils auch auf einen Vortheil der Kirchen und Kirchenbediente abzielen.
Zur erſten Art gehoͤrt, daß die Leichen nicht zu fruͤh begraben, ſondern einige Tage in ihren Saͤrgen zur Schau geſtellt, und hernach unter einer oͤffentlichen Begleitung an einen gemeinſchaftlichen Ort abgefuͤhret werden. Haͤtte ein jeder dafuͤr das Recht erhalten, ſeine Todten in der Stille und bey ſeinem Hauſe verſcharren zu moͤgen; ſo wuͤrde vielleicht mancher lebendig ins Grab gekommen, mancher erſchlagen oder vergiftet und mancher als todt be-
graben
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XLV.
Vorſchlag wie die Kirchhoͤfe aus der
Stadt zu bringen.
Die Verlegung der Gottesaͤcker oder Kirchhoͤfe auſ-
ſerhalb der Stadt, iſt lange der allgemeine Wunſch
geweſen; man wird aber auf deſſen Erfuͤllung nicht rech-
nen duͤrfen, bevor man nicht die Schwierigkeiten aus
dem Wege raͤumt, welche ſich gegen eine ſolche Veraͤnde-
rung ſtraͤuben. Dieſe ſind von mancherley Art, und ich
will verſuchen ob ich ſie nicht mit guter Manier auf die
Seite ſchieben kann. Denn heroiſche Mittel wuͤrken in
dergleichen Faͤllen, wo es auf die Einbildung der Men-
ſchen ankommt, oft den unrechten Weg, und was ein
Menſch von dem andern in der Guͤte erhalten kann, muß
er ihm nicht abzuzwingen ſuchen.
Unſre Vorfahren haben viele beſondre Feyerlichkei-
ten mit der Begrabung ihrer Leichen verknuͤpft, die eines
Theils auf die allgemeine Sicherheit der Menſchen, an-
dern Theils auf die Ehre und Belohnung der Verdienſte,
und dritten Theils auch auf einen Vortheil der Kirchen
und Kirchenbediente abzielen.
Zur erſten Art gehoͤrt, daß die Leichen nicht zu fruͤh
begraben, ſondern einige Tage in ihren Saͤrgen zur Schau
geſtellt, und hernach unter einer oͤffentlichen Begleitung
an einen gemeinſchaftlichen Ort abgefuͤhret werden. Haͤtte
ein jeder dafuͤr das Recht erhalten, ſeine Todten in der
Stille und bey ſeinem Hauſe verſcharren zu moͤgen; ſo
wuͤrde vielleicht mancher lebendig ins Grab gekommen,
mancher erſchlagen oder vergiftet und mancher als todt be-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/187>, abgerufen am 24.11.2024.
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