sich den grossen entziehen, und für drey Freunde ihre gute Laune sparen wollen.
Sie haben mir oft gestanden, daß Sie eine Einladung mit Widerwillen angenommen, und doch ein wahres und unerwartetes Vergnügen in der grossen Gesellschaft genossen hätten; und wann dieses ist: so können Sie es auch wohl einmal auf gut Glück bey mir versuchen. Zur andern Zeit sollen Sie denn auch einmal niemand als mich, meinen Mann, und noch einen guten Freund, oder wenn Sie sich recht gut halten, die Gebieterin ihrer Freude bey mir sehen.
Versagen Sie mir aber meine Bitte: so machen Sie sich auch nur auf einen recht ernstlichen Verweis von mir gefaßt; und damit Sie wissen, worinn er bestehen soll: so vernehmen Sie ihn jetzt frisch, wie er aus der Feder fließt. Der Grund ihres Verfahrens ist eine blosse Selbst- sucht, die andern zu Gefallen nicht das mindeste von ihrer Bequemlichkeit aufopfern, und sich von ihrem Polster nicht anders erheben will, als wenn ihr die Lust gerade mit der Brühe aufgetischt wird, welche Sie nun einmal für die angenehmste halten. Sie kommen mir darin gerade so vor, wie der Philosoph, der alles, was nicht mit seinem Sy- stem übereinkommt, abgeschmackt findet, oder wie der Dichter, welchem keine Prose schmeckt. Ist dieses aber nicht ein schielendes einseitiges Verfahren, und können Sie den Mann groß finden, der niemals anders als auf seinen eignen Stecken reiten will? Was würden Sie sagen, wenn alle so dächten, und ein jeder sich blos auf seinen Klubb einschränken wollte? Ist es daher nicht der Billigkeit, und dem allgemeinen Wohl, welches auch Freuden fordert, ge- mäß, daß Sie sich eben sowohl nach andern, als andre nach Ihnen bequemen?
Je
an einem Liebhaber der Kotterien.
ſich den groſſen entziehen, und fuͤr drey Freunde ihre gute Laune ſparen wollen.
Sie haben mir oft geſtanden, daß Sie eine Einladung mit Widerwillen angenommen, und doch ein wahres und unerwartetes Vergnuͤgen in der groſſen Geſellſchaft genoſſen haͤtten; und wann dieſes iſt: ſo koͤnnen Sie es auch wohl einmal auf gut Gluͤck bey mir verſuchen. Zur andern Zeit ſollen Sie denn auch einmal niemand als mich, meinen Mann, und noch einen guten Freund, oder wenn Sie ſich recht gut halten, die Gebieterin ihrer Freude bey mir ſehen.
Verſagen Sie mir aber meine Bitte: ſo machen Sie ſich auch nur auf einen recht ernſtlichen Verweis von mir gefaßt; und damit Sie wiſſen, worinn er beſtehen ſoll: ſo vernehmen Sie ihn jetzt friſch, wie er aus der Feder fließt. Der Grund ihres Verfahrens iſt eine bloſſe Selbſt- ſucht, die andern zu Gefallen nicht das mindeſte von ihrer Bequemlichkeit aufopfern, und ſich von ihrem Polſter nicht anders erheben will, als wenn ihr die Luſt gerade mit der Bruͤhe aufgetiſcht wird, welche Sie nun einmal fuͤr die angenehmſte halten. Sie kommen mir darin gerade ſo vor, wie der Philoſoph, der alles, was nicht mit ſeinem Sy- ſtem uͤbereinkommt, abgeſchmackt findet, oder wie der Dichter, welchem keine Proſe ſchmeckt. Iſt dieſes aber nicht ein ſchielendes einſeitiges Verfahren, und koͤnnen Sie den Mann groß finden, der niemals anders als auf ſeinen eignen Stecken reiten will? Was wuͤrden Sie ſagen, wenn alle ſo daͤchten, und ein jeder ſich blos auf ſeinen Klubb einſchraͤnken wollte? Iſt es daher nicht der Billigkeit, und dem allgemeinen Wohl, welches auch Freuden fordert, ge- maͤß, daß Sie ſich eben ſowohl nach andern, als andre nach Ihnen bequemen?
Je
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[43/0057]
an einem Liebhaber der Kotterien.
ſich den groſſen entziehen, und fuͤr drey Freunde ihre gute
Laune ſparen wollen.
Sie haben mir oft geſtanden, daß Sie eine Einladung
mit Widerwillen angenommen, und doch ein wahres und
unerwartetes Vergnuͤgen in der groſſen Geſellſchaft genoſſen
haͤtten; und wann dieſes iſt: ſo koͤnnen Sie es auch wohl
einmal auf gut Gluͤck bey mir verſuchen. Zur andern Zeit
ſollen Sie denn auch einmal niemand als mich, meinen
Mann, und noch einen guten Freund, oder wenn Sie ſich
recht gut halten, die Gebieterin ihrer Freude bey mir ſehen.
Verſagen Sie mir aber meine Bitte: ſo machen Sie
ſich auch nur auf einen recht ernſtlichen Verweis von mir
gefaßt; und damit Sie wiſſen, worinn er beſtehen ſoll:
ſo vernehmen Sie ihn jetzt friſch, wie er aus der Feder
fließt. Der Grund ihres Verfahrens iſt eine bloſſe Selbſt-
ſucht, die andern zu Gefallen nicht das mindeſte von ihrer
Bequemlichkeit aufopfern, und ſich von ihrem Polſter nicht
anders erheben will, als wenn ihr die Luſt gerade mit der
Bruͤhe aufgetiſcht wird, welche Sie nun einmal fuͤr die
angenehmſte halten. Sie kommen mir darin gerade ſo vor,
wie der Philoſoph, der alles, was nicht mit ſeinem Sy-
ſtem uͤbereinkommt, abgeſchmackt findet, oder wie der
Dichter, welchem keine Proſe ſchmeckt. Iſt dieſes aber
nicht ein ſchielendes einſeitiges Verfahren, und koͤnnen Sie
den Mann groß finden, der niemals anders als auf ſeinen
eignen Stecken reiten will? Was wuͤrden Sie ſagen, wenn
alle ſo daͤchten, und ein jeder ſich blos auf ſeinen Klubb
einſchraͤnken wollte? Iſt es daher nicht der Billigkeit, und
dem allgemeinen Wohl, welches auch Freuden fordert, ge-
maͤß, daß Sie ſich eben ſowohl nach andern, als andre
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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