würde: so hätte er gewiß auch in diesem Falle nicht geborgt. Woher wäre sodenn die Kriegsfuhr erfolgt? Blos von den Höfen, deren Spannung im guten Stand gewesen? Das würden diese gewiß nicht lange ausgehalten, und die Guts- herrn, denen sie gehört, nicht mit Gedult ertragen haben.
Was ist aber der Schluß von diesem allen? einen Preis für denjenigen auszusetzen, der die Frage:
Was der Gesetzgeber in obigem Falle thun solle? besser beantworten wird.
LXVIII. Gedanken über den Stillestand der Leibeignen.
Der Stillestand ist bekannter massen ein Mittel, einen verschuldeten leibeignen Unterthanen, dessen unter- habendes Gut die Gläubiger nicht angreifen können, und dessen Hofgewehr sie nie angreifen sollten, auf einige Jahre so zu setzen: daß er jährlich so viel, als der Hof etwa zur Heuer thun, oder als ein fleißiger Besitzer desselben ohne Lot- terien und Kucksen darauf gewinnen kann, zum Behuf seiner schuldigen Abgaben und der Gläubiger aufbrin- gen muß.
Eigentlich sollte man immer das letzte wählen, weil die Gläubiger ein Recht auf des Schuldners ganzes Vermögen und folglich auch auf seinen Fleiß und seine Kräfte haben; wegen verschiedener Zufälle aber, die man nicht vorher se- hen kann, wird das erste als das sicherste dem letzten billig vorgezogen. Die Absicht dieses Stillestandes ist auf die Er- haltung des Hofes, des Hofgewehres und eines unglückli- chen Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Wesen dar- an gelegen, daß alle Höfe tüchtig besetzt und zur Zeit der
Noth
Gedanken uͤber den Stilleſtand
wuͤrde: ſo haͤtte er gewiß auch in dieſem Falle nicht geborgt. Woher waͤre ſodenn die Kriegsfuhr erfolgt? Blos von den Hoͤfen, deren Spannung im guten Stand geweſen? Das wuͤrden dieſe gewiß nicht lange ausgehalten, und die Guts- herrn, denen ſie gehoͤrt, nicht mit Gedult ertragen haben.
Was iſt aber der Schluß von dieſem allen? einen Preis fuͤr denjenigen auszuſetzen, der die Frage:
Was der Geſetzgeber in obigem Falle thun ſolle? beſſer beantworten wird.
LXVIII. Gedanken uͤber den Stilleſtand der Leibeignen.
Der Stilleſtand iſt bekannter maſſen ein Mittel, einen verſchuldeten leibeignen Unterthanen, deſſen unter- habendes Gut die Glaͤubiger nicht angreifen koͤnnen, und deſſen Hofgewehr ſie nie angreifen ſollten, auf einige Jahre ſo zu ſetzen: daß er jaͤhrlich ſo viel, als der Hof etwa zur Heuer thun, oder als ein fleißiger Beſitzer deſſelben ohne Lot- terien und Kuckſen darauf gewinnen kann, zum Behuf ſeiner ſchuldigen Abgaben und der Glaͤubiger aufbrin- gen muß.
Eigentlich ſollte man immer das letzte waͤhlen, weil die Glaͤubiger ein Recht auf des Schuldners ganzes Vermoͤgen und folglich auch auf ſeinen Fleiß und ſeine Kraͤfte haben; wegen verſchiedener Zufaͤlle aber, die man nicht vorher ſe- hen kann, wird das erſte als das ſicherſte dem letzten billig vorgezogen. Die Abſicht dieſes Stilleſtandes iſt auf die Er- haltung des Hofes, des Hofgewehres und eines ungluͤckli- chen Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Weſen dar- an gelegen, daß alle Hoͤfe tuͤchtig beſetzt und zur Zeit der
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Gedanken uͤber den Stilleſtand
wuͤrde: ſo haͤtte er gewiß auch in dieſem Falle nicht geborgt.
Woher waͤre ſodenn die Kriegsfuhr erfolgt? Blos von den
Hoͤfen, deren Spannung im guten Stand geweſen? Das
wuͤrden dieſe gewiß nicht lange ausgehalten, und die Guts-
herrn, denen ſie gehoͤrt, nicht mit Gedult ertragen haben.
Was iſt aber der Schluß von dieſem allen? einen Preis
fuͤr denjenigen auszuſetzen, der die Frage:
Was der Geſetzgeber in obigem Falle thun ſolle?
beſſer beantworten wird.
LXVIII.
Gedanken uͤber den Stilleſtand der
Leibeignen.
Der Stilleſtand iſt bekannter maſſen ein Mittel, einen
verſchuldeten leibeignen Unterthanen, deſſen unter-
habendes Gut die Glaͤubiger nicht angreifen koͤnnen, und
deſſen Hofgewehr ſie nie angreifen ſollten, auf einige Jahre
ſo zu ſetzen:
daß er jaͤhrlich ſo viel, als der Hof etwa zur Heuer
thun, oder als ein fleißiger Beſitzer deſſelben ohne Lot-
terien und Kuckſen darauf gewinnen kann, zum Behuf
ſeiner ſchuldigen Abgaben und der Glaͤubiger aufbrin-
gen muß.
Eigentlich ſollte man immer das letzte waͤhlen, weil die
Glaͤubiger ein Recht auf des Schuldners ganzes Vermoͤgen
und folglich auch auf ſeinen Fleiß und ſeine Kraͤfte haben;
wegen verſchiedener Zufaͤlle aber, die man nicht vorher ſe-
hen kann, wird das erſte als das ſicherſte dem letzten billig
vorgezogen. Die Abſicht dieſes Stilleſtandes iſt auf die Er-
haltung des Hofes, des Hofgewehres und eines ungluͤckli-
chen Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Weſen dar-
an gelegen, daß alle Hoͤfe tuͤchtig beſetzt und zur Zeit der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/388>, abgerufen am 16.02.2025.
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