den oder gebohren ist. Indessen haben doch die deutschen Rechte alle Arten gemeiner Leute auf drey Hauptstämme zu- rückgebracht, wovon
Der erste diejenigen enthält, so den kleinen Sterbfall, als z. E. blos von dem vierfüßigen Gute, oder das beste Pfand geben;
Der zweyte diejenigen, so den grossen Sterbfall, nem- lich von ihrer ganzen Verlassenschaft geben müssen; und
Der dritte den Ueberrest befaßt, der in sogenannten Hyen und Hoden steckt, und eine kleine Sterbfallsurkunde entrichtet, es sey nun daß er sich diese Hode, um nicht von dem Landesherrn als biesterfrey gefangen und dem grossen Sterbfall unterworfen zu werden, selbst erwählt hat, oder seiner unterhabenden Gründe halber zu wählen genöthiget worden, wovon die erstern Churfreye, die letztern aber Nothfreye genannt worden.
Alles was dem Sterbfalle nicht unterworfen ist, ist auch nicht angehörig oder leibeigen; und Auffarten (laude- mia), Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Ab- äusserungen und andre Einschränkungen machen nicht die geringste Vermuthung gegen eines Mannes persönliche Frey- heit, so wie hingegen auch die persönliche Freyheit keinen Menschen bey der Actie schützet, wenn er solche wider den Socialcontract verschuldet, verwüstet oder versplittert. Der Sterbfall allein ist durch die ganze nordische Welt die Urkunde der persönlichen Angehörigkeit, diese mag nun durch Landgesetze, Gewohnheit, Religion und Philosophie in dem einen Lande mehr oder weniger strenger seyn als in dem andern.
Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capit- tel von dem Ursprunge des Leibeigenthums an der Spitze, worinn oft rührende Sachen von der Kriegesgefangenschaft,
von
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als eine Actie betrachtet.
den oder gebohren iſt. Indeſſen haben doch die deutſchen Rechte alle Arten gemeiner Leute auf drey Hauptſtaͤmme zu- ruͤckgebracht, wovon
Der erſte diejenigen enthaͤlt, ſo den kleinen Sterbfall, als z. E. blos von dem vierfuͤßigen Gute, oder das beſte Pfand geben;
Der zweyte diejenigen, ſo den groſſen Sterbfall, nem- lich von ihrer ganzen Verlaſſenſchaft geben muͤſſen; und
Der dritte den Ueberreſt befaßt, der in ſogenannten Hyen und Hoden ſteckt, und eine kleine Sterbfallsurkunde entrichtet, es ſey nun daß er ſich dieſe Hode, um nicht von dem Landesherrn als bieſterfrey gefangen und dem groſſen Sterbfall unterworfen zu werden, ſelbſt erwaͤhlt hat, oder ſeiner unterhabenden Gruͤnde halber zu waͤhlen genoͤthiget worden, wovon die erſtern Churfreye, die letztern aber Nothfreye genannt worden.
Alles was dem Sterbfalle nicht unterworfen iſt, iſt auch nicht angehoͤrig oder leibeigen; und Auffarten (laude- mia), Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Ab- aͤuſſerungen und andre Einſchraͤnkungen machen nicht die geringſte Vermuthung gegen eines Mannes perſoͤnliche Frey- heit, ſo wie hingegen auch die perſoͤnliche Freyheit keinen Menſchen bey der Actie ſchuͤtzet, wenn er ſolche wider den Socialcontract verſchuldet, verwuͤſtet oder verſplittert. Der Sterbfall allein iſt durch die ganze nordiſche Welt die Urkunde der perſoͤnlichen Angehoͤrigkeit, dieſe mag nun durch Landgeſetze, Gewohnheit, Religion und Philoſophie in dem einen Lande mehr oder weniger ſtrenger ſeyn als in dem andern.
Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capit- tel von dem Urſprunge des Leibeigenthums an der Spitze, worinn oft ruͤhrende Sachen von der Kriegesgefangenſchaft,
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als eine Actie betrachtet.
den oder gebohren iſt. Indeſſen haben doch die deutſchen
Rechte alle Arten gemeiner Leute auf drey Hauptſtaͤmme zu-
ruͤckgebracht, wovon
Der erſte diejenigen enthaͤlt, ſo den kleinen Sterbfall,
als z. E. blos von dem vierfuͤßigen Gute, oder das beſte
Pfand geben;
Der zweyte diejenigen, ſo den groſſen Sterbfall, nem-
lich von ihrer ganzen Verlaſſenſchaft geben muͤſſen; und
Der dritte den Ueberreſt befaßt, der in ſogenannten
Hyen und Hoden ſteckt, und eine kleine Sterbfallsurkunde
entrichtet, es ſey nun daß er ſich dieſe Hode, um nicht von
dem Landesherrn als bieſterfrey gefangen und dem groſſen
Sterbfall unterworfen zu werden, ſelbſt erwaͤhlt hat, oder
ſeiner unterhabenden Gruͤnde halber zu waͤhlen genoͤthiget
worden, wovon die erſtern Churfreye, die letztern aber
Nothfreye genannt worden.
Alles was dem Sterbfalle nicht unterworfen iſt, iſt
auch nicht angehoͤrig oder leibeigen; und Auffarten (laude-
mia), Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Ab-
aͤuſſerungen und andre Einſchraͤnkungen machen nicht die
geringſte Vermuthung gegen eines Mannes perſoͤnliche Frey-
heit, ſo wie hingegen auch die perſoͤnliche Freyheit keinen
Menſchen bey der Actie ſchuͤtzet, wenn er ſolche wider den
Socialcontract verſchuldet, verwuͤſtet oder verſplittert.
Der Sterbfall allein iſt durch die ganze nordiſche Welt die
Urkunde der perſoͤnlichen Angehoͤrigkeit, dieſe mag nun durch
Landgeſetze, Gewohnheit, Religion und Philoſophie in dem
einen Lande mehr oder weniger ſtrenger ſeyn als in dem
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Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capit-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/327>, abgerufen am 24.07.2024.
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