müssen noch etwas von den Personen sagen, welche die Actie besitzen.
Die Abtheilung derselben hat viele Schwierigkeiten, weil es unsrer Sprache an geschickten Ausdrücken mangelt, und der Gebrauch so eigensinnig ist, daß er oft die wider- sinnigsten Dinge mit einander verknüpft; wie zum Exempel in dem Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufge- bracht, aber doch ganz widersinnig ist. Denn die Benen- nung adel soll den höchsten Grad einer ursprünglichen Frey- heit erschöpfen; und man konnte nicht freyadlich sagen, als bis man die, welche sich zu Dienste verpflichtet und ihren Adel damit aufgegeben hatten, auch noch aus Gefälligkeit edle nannte. Ausserdem ist das Wort frey immer nur rela- tiv, und bedeutet eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen sind, können Freye und Hochfreye genannt werden, wenn sie durch Privilegien von gemeinen Lasten befreyet sind. Dieses macht die Eintheilung sehr schwer.
Mir hat indessen allemal die Eintheilung in Wehren und Leute die beste zu seyn geschienen. Erstere gehören für ihre Personen keinen Menschen an, letztere hingegen sind andern entweder von ihrer Geburt an oder durch Enrolle- ment verpflichtet oder zugebohren. Nun theile ich erstlich die Wehren ab in edle und gemeine,nobiles et ingenuos, und ob sich gleich beyde in Dienste begeben, folglich würk- liche Diener seyn können: so sind es doch allemal edel- und frey-gebohrne Leute.
Aber auch die Leute theile ich in edle und gemeine ab. In der ersten Classe befinden sich die Edlen, welche den Leuteid freywillig abgelegt haben, so wie diejenigen, welche von diesen im Dienste gebohren sind. Die Classe der letz- tern, ist wie leicht zu erachten, sehr mannigfaltig und ver- mischt, nachdem einer minder oder mehr angehörig gewor-
den
Der Bauerhof,
muͤſſen noch etwas von den Perſonen ſagen, welche die Actie beſitzen.
Die Abtheilung derſelben hat viele Schwierigkeiten, weil es unſrer Sprache an geſchickten Ausdruͤcken mangelt, und der Gebrauch ſo eigenſinnig iſt, daß er oft die wider- ſinnigſten Dinge mit einander verknuͤpft; wie zum Exempel in dem Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufge- bracht, aber doch ganz widerſinnig iſt. Denn die Benen- nung adel ſoll den hoͤchſten Grad einer urſpruͤnglichen Frey- heit erſchoͤpfen; und man konnte nicht freyadlich ſagen, als bis man die, welche ſich zu Dienſte verpflichtet und ihren Adel damit aufgegeben hatten, auch noch aus Gefaͤlligkeit edle nannte. Auſſerdem iſt das Wort frey immer nur rela- tiv, und bedeutet eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen ſind, koͤnnen Freye und Hochfreye genannt werden, wenn ſie durch Privilegien von gemeinen Laſten befreyet ſind. Dieſes macht die Eintheilung ſehr ſchwer.
Mir hat indeſſen allemal die Eintheilung in Wehren und Leute die beſte zu ſeyn geſchienen. Erſtere gehoͤren fuͤr ihre Perſonen keinen Menſchen an, letztere hingegen ſind andern entweder von ihrer Geburt an oder durch Enrolle- ment verpflichtet oder zugebohren. Nun theile ich erſtlich die Wehren ab in edle und gemeine,nobiles et ingenuos, und ob ſich gleich beyde in Dienſte begeben, folglich wuͤrk- liche Diener ſeyn koͤnnen: ſo ſind es doch allemal edel- und frey-gebohrne Leute.
Aber auch die Leute theile ich in edle und gemeine ab. In der erſten Claſſe befinden ſich die Edlen, welche den Leuteid freywillig abgelegt haben, ſo wie diejenigen, welche von dieſen im Dienſte gebohren ſind. Die Claſſe der letz- tern, iſt wie leicht zu erachten, ſehr mannigfaltig und ver- miſcht, nachdem einer minder oder mehr angehoͤrig gewor-
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Der Bauerhof,
muͤſſen noch etwas von den Perſonen ſagen, welche die
Actie beſitzen.
Die Abtheilung derſelben hat viele Schwierigkeiten,
weil es unſrer Sprache an geſchickten Ausdruͤcken mangelt,
und der Gebrauch ſo eigenſinnig iſt, daß er oft die wider-
ſinnigſten Dinge mit einander verknuͤpft; wie zum Exempel
in dem Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufge-
bracht, aber doch ganz widerſinnig iſt. Denn die Benen-
nung adel ſoll den hoͤchſten Grad einer urſpruͤnglichen Frey-
heit erſchoͤpfen; und man konnte nicht freyadlich ſagen, als
bis man die, welche ſich zu Dienſte verpflichtet und ihren
Adel damit aufgegeben hatten, auch noch aus Gefaͤlligkeit
edle nannte. Auſſerdem iſt das Wort frey immer nur rela-
tiv, und bedeutet eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen
ſind, koͤnnen Freye und Hochfreye genannt werden, wenn
ſie durch Privilegien von gemeinen Laſten befreyet ſind.
Dieſes macht die Eintheilung ſehr ſchwer.
Mir hat indeſſen allemal die Eintheilung in Wehren
und Leute die beſte zu ſeyn geſchienen. Erſtere gehoͤren fuͤr
ihre Perſonen keinen Menſchen an, letztere hingegen ſind
andern entweder von ihrer Geburt an oder durch Enrolle-
ment verpflichtet oder zugebohren. Nun theile ich erſtlich
die Wehren ab in edle und gemeine, nobiles et ingenuos,
und ob ſich gleich beyde in Dienſte begeben, folglich wuͤrk-
liche Diener ſeyn koͤnnen: ſo ſind es doch allemal edel- und
frey-gebohrne Leute.
Aber auch die Leute theile ich in edle und gemeine ab.
In der erſten Claſſe befinden ſich die Edlen, welche den
Leuteid freywillig abgelegt haben, ſo wie diejenigen, welche
von dieſen im Dienſte gebohren ſind. Die Claſſe der letz-
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miſcht, nachdem einer minder oder mehr angehoͤrig gewor-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/326>, abgerufen am 16.02.2025.
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