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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Gedanken
Pflug fehlt, da kann der Acker nicht gebauet werden; wo
der Acker nicht gebauet werden kann, da fehlen die Pferde;
und wo diese fehlen, da muß, wenn es zum Dienste kömmt,
ein Nachbar des andern Last tragen. Es fordert also die
Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat, ein voll-
kommenes und wider alle Angriffe, selbst gegen die Beerb-
theilung, gesichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber da
nicht fordern, wo mit dem Harnisch der ganze gemeine
Dienst erfüllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wir
in den spätern Zeiten, nachdem sich die Art zu kriegen ver-
ändert, andre Grundsätze angenommen haben; und man,
ehe funfzig Jahr vorüber gehen, dem Leibeignen von hoher
Landesobrigkeitswegen, ebenfalls e[in] Hofgewehr wird zule-
gen und heiligen müssen. Ich rede jetzt nur von den ältern
Zeiten, und diese werden genug gerechtfertiget, wenn die
neuern nach fünfhundert Jahren zu den alten Grundsätzen
wieder zurückkehren müssen.

Mit Recht wird man aber hier einwerfen, daß diejeni-
gen Leute, welche die Eigenthümer solchergestalt an ihre
Stelle setzten, keine freye Leute gewesen, oder bleiben kön-
nen. Die Ehre, welche nach dem alten Costume das voll-
kommene Eigenthum an unsrer Person und unsern Gütern,
und solchergestalt das Resultat des Eigenthums selbst ist,
jetzt aber in unsrer niederträchtiger gewordenen Sprache
Freyheit a) genannt wird, konnte damit gar nicht bestehen;
und schwerlich bequemte sich ein freyer oder ehrenhafter
Mann, eines andern Zinnsmann oder Pächter zu werden;
oder wenn er es that: so ward er nicht viel besser als ein

Leib-
a) Das englische Liberty and property ist schielend. Besser wäre
honor and property; oder schlechtweg property. Denn pro-
perty
oder dominium setzt in subiecto civem Romanum oder
einen vollmächtigen Mann voraus.

Gedanken
Pflug fehlt, da kann der Acker nicht gebauet werden; wo
der Acker nicht gebauet werden kann, da fehlen die Pferde;
und wo dieſe fehlen, da muß, wenn es zum Dienſte koͤmmt,
ein Nachbar des andern Laſt tragen. Es fordert alſo die
Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat, ein voll-
kommenes und wider alle Angriffe, ſelbſt gegen die Beerb-
theilung, geſichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber da
nicht fordern, wo mit dem Harniſch der ganze gemeine
Dienſt erfuͤllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wir
in den ſpaͤtern Zeiten, nachdem ſich die Art zu kriegen ver-
aͤndert, andre Grundſaͤtze angenommen haben; und man,
ehe funfzig Jahr voruͤber gehen, dem Leibeignen von hoher
Landesobrigkeitswegen, ebenfalls e[in] Hofgewehr wird zule-
gen und heiligen muͤſſen. Ich rede jetzt nur von den aͤltern
Zeiten, und dieſe werden genug gerechtfertiget, wenn die
neuern nach fuͤnfhundert Jahren zu den alten Grundſaͤtzen
wieder zuruͤckkehren muͤſſen.

Mit Recht wird man aber hier einwerfen, daß diejeni-
gen Leute, welche die Eigenthuͤmer ſolchergeſtalt an ihre
Stelle ſetzten, keine freye Leute geweſen, oder bleiben koͤn-
nen. Die Ehre, welche nach dem alten Coſtume das voll-
kommene Eigenthum an unſrer Perſon und unſern Guͤtern,
und ſolchergeſtalt das Reſultat des Eigenthums ſelbſt iſt,
jetzt aber in unſrer niedertraͤchtiger gewordenen Sprache
Freyheit a) genannt wird, konnte damit gar nicht beſtehen;
und ſchwerlich bequemte ſich ein freyer oder ehrenhafter
Mann, eines andern Zinnsmann oder Paͤchter zu werden;
oder wenn er es that: ſo ward er nicht viel beſſer als ein

Leib-
a) Das engliſche Liberty and property iſt ſchielend. Beſſer waͤre
honor and property; oder ſchlechtweg property. Denn pro-
perty
oder dominium ſetzt in ſubiecto civem Romanum oder
einen vollmaͤchtigen Mann voraus.
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[272/0286] Gedanken Pflug fehlt, da kann der Acker nicht gebauet werden; wo der Acker nicht gebauet werden kann, da fehlen die Pferde; und wo dieſe fehlen, da muß, wenn es zum Dienſte koͤmmt, ein Nachbar des andern Laſt tragen. Es fordert alſo die Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat, ein voll- kommenes und wider alle Angriffe, ſelbſt gegen die Beerb- theilung, geſichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber da nicht fordern, wo mit dem Harniſch der ganze gemeine Dienſt erfuͤllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wir in den ſpaͤtern Zeiten, nachdem ſich die Art zu kriegen ver- aͤndert, andre Grundſaͤtze angenommen haben; und man, ehe funfzig Jahr voruͤber gehen, dem Leibeignen von hoher Landesobrigkeitswegen, ebenfalls ein Hofgewehr wird zule- gen und heiligen muͤſſen. Ich rede jetzt nur von den aͤltern Zeiten, und dieſe werden genug gerechtfertiget, wenn die neuern nach fuͤnfhundert Jahren zu den alten Grundſaͤtzen wieder zuruͤckkehren muͤſſen. Mit Recht wird man aber hier einwerfen, daß diejeni- gen Leute, welche die Eigenthuͤmer ſolchergeſtalt an ihre Stelle ſetzten, keine freye Leute geweſen, oder bleiben koͤn- nen. Die Ehre, welche nach dem alten Coſtume das voll- kommene Eigenthum an unſrer Perſon und unſern Guͤtern, und ſolchergeſtalt das Reſultat des Eigenthums ſelbſt iſt, jetzt aber in unſrer niedertraͤchtiger gewordenen Sprache Freyheit a) genannt wird, konnte damit gar nicht beſtehen; und ſchwerlich bequemte ſich ein freyer oder ehrenhafter Mann, eines andern Zinnsmann oder Paͤchter zu werden; oder wenn er es that: ſo ward er nicht viel beſſer als ein Leib- a) Das engliſche Liberty and property iſt ſchielend. Beſſer waͤre honor and property; oder ſchlechtweg property. Denn pro- perty oder dominium ſetzt in ſubiecto civem Romanum oder einen vollmaͤchtigen Mann voraus.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/286>, abgerufen am 24.11.2024.