wohl zu, daß ihm sein Heuermann nicht zu nahe an die Zäune komme.
In Ewigkeit kann dieses nicht geschehen, versetzten die Weiber der Kötter. Wir liegen auf der Markgränze, und müs- sen unsere mehresten Ländereyen ausserhalb der Mark heuren. Seit hundert und mehr Jahren haben wir solche aus dieser Mark mit Plaggen gedünget, und wenn wir kein grösser Plaggenmatt erhalten sollten, als nach dem Verhältniß unsrer Kotten: so würden wir diese auswärts angeheurete Ländereyen schlechterdings liegen lassen müssen. Unsre Nachbarn, von denen wir solche haben, wollen uns nicht gestatten dieselben aus ihrer Mark zu düngen, weil wir das Stroh in unsre Mark bringen, sie selbst auch eben deswe- gen diese Ländereyen an auswärtige verheuren, weil sie zu wenig Plaggenmatt, und die Ländereyen so wir geheuret, blos uns zu gefallen, und weil wir in unsre Mark keine Gelegenheit dazu hatten, urbar gemacht haben; diese wer- den also zum allgemeinen Landesschaden wieder verwildern müssen, wenn wir solche aus unser Mark nicht düngen sol- len; oder wir werden das Stroh aus jener Mark gar nicht heraus fahren dürfen, und überhaupt wird künftig niemand mehr ausserhalb etwas heuren können, wenn die eine Mark keine Plaggen, und die andre kein Stroh folgen lassen will.
Der Holzgraf, um die Weiber zu besänftigen, gab ihnen zwar so weit recht, daß ihnen die Markgenossen in diesen Umständen die Ausfuhr der Plaggen bisher nicht un- billig gegönnet hätten. Aber, sagte er, als ein Recht könnt ihr es nie fordern. Wo wollte das hinaus, wenn jeder nach dem Maasse seiner auswärts geheureten Lände- reyen ein Plaggenmatt fordern wollte? Es kann auch nie- mand wehren, so viele Ländereyen auswärts zu heuren wie ihr wollet; eure Nachbaren können ihres Vortheils halben
die
P 2
in die andre verfahren werden.
wohl zu, daß ihm ſein Heuermann nicht zu nahe an die Zaͤune komme.
In Ewigkeit kann dieſes nicht geſchehen, verſetzten die Weiber der Koͤtter. Wir liegen auf der Markgraͤnze, und muͤſ- ſen unſere mehreſten Laͤndereyen auſſerhalb der Mark heuren. Seit hundert und mehr Jahren haben wir ſolche aus dieſer Mark mit Plaggen geduͤnget, und wenn wir kein groͤſſer Plaggenmatt erhalten ſollten, als nach dem Verhaͤltniß unſrer Kotten: ſo wuͤrden wir dieſe auswaͤrts angeheurete Laͤndereyen ſchlechterdings liegen laſſen muͤſſen. Unſre Nachbarn, von denen wir ſolche haben, wollen uns nicht geſtatten dieſelben aus ihrer Mark zu duͤngen, weil wir das Stroh in unſre Mark bringen, ſie ſelbſt auch eben deswe- gen dieſe Laͤndereyen an auswaͤrtige verheuren, weil ſie zu wenig Plaggenmatt, und die Laͤndereyen ſo wir geheuret, blos uns zu gefallen, und weil wir in unſre Mark keine Gelegenheit dazu hatten, urbar gemacht haben; dieſe wer- den alſo zum allgemeinen Landesſchaden wieder verwildern muͤſſen, wenn wir ſolche aus unſer Mark nicht duͤngen ſol- len; oder wir werden das Stroh aus jener Mark gar nicht heraus fahren duͤrfen, und uͤberhaupt wird kuͤnftig niemand mehr auſſerhalb etwas heuren koͤnnen, wenn die eine Mark keine Plaggen, und die andre kein Stroh folgen laſſen will.
Der Holzgraf, um die Weiber zu beſaͤnftigen, gab ihnen zwar ſo weit recht, daß ihnen die Markgenoſſen in dieſen Umſtaͤnden die Ausfuhr der Plaggen bisher nicht un- billig gegoͤnnet haͤtten. Aber, ſagte er, als ein Recht koͤnnt ihr es nie fordern. Wo wollte das hinaus, wenn jeder nach dem Maaſſe ſeiner auswaͤrts geheureten Laͤnde- reyen ein Plaggenmatt fordern wollte? Es kann auch nie- mand wehren, ſo viele Laͤndereyen auswaͤrts zu heuren wie ihr wollet; eure Nachbaren koͤnnen ihres Vortheils halben
die
P 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0241"n="227"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in die andre verfahren werden.</hi></fw><lb/>
wohl zu, daß ihm ſein Heuermann nicht zu nahe an die<lb/>
Zaͤune komme.</p><lb/><p>In Ewigkeit kann dieſes nicht geſchehen, verſetzten die<lb/>
Weiber der Koͤtter. Wir liegen auf der Markgraͤnze, und muͤſ-<lb/>ſen unſere mehreſten Laͤndereyen auſſerhalb der Mark heuren.<lb/>
Seit hundert und mehr Jahren haben wir ſolche aus dieſer<lb/>
Mark mit Plaggen geduͤnget, und wenn wir kein groͤſſer<lb/>
Plaggenmatt erhalten ſollten, als nach dem Verhaͤltniß<lb/>
unſrer Kotten: ſo wuͤrden wir dieſe auswaͤrts angeheurete<lb/>
Laͤndereyen ſchlechterdings liegen laſſen muͤſſen. Unſre<lb/>
Nachbarn, von denen wir ſolche haben, wollen uns nicht<lb/>
geſtatten dieſelben aus ihrer Mark zu duͤngen, weil wir das<lb/>
Stroh in unſre Mark bringen, ſie ſelbſt auch eben deswe-<lb/>
gen dieſe Laͤndereyen an auswaͤrtige verheuren, weil ſie zu<lb/>
wenig Plaggenmatt, und die Laͤndereyen ſo wir geheuret,<lb/>
blos uns zu gefallen, und weil wir in unſre Mark keine<lb/>
Gelegenheit dazu hatten, urbar gemacht haben; dieſe wer-<lb/>
den alſo zum allgemeinen Landesſchaden wieder verwildern<lb/>
muͤſſen, wenn wir ſolche aus unſer Mark nicht duͤngen ſol-<lb/>
len; oder wir werden das Stroh aus jener Mark gar nicht<lb/>
heraus fahren duͤrfen, und uͤberhaupt wird kuͤnftig niemand<lb/>
mehr auſſerhalb etwas heuren koͤnnen, wenn die eine Mark<lb/>
keine Plaggen, und die andre kein Stroh folgen laſſen will.</p><lb/><p>Der Holzgraf, um die Weiber zu beſaͤnftigen, gab<lb/>
ihnen zwar ſo weit recht, daß ihnen die Markgenoſſen in<lb/>
dieſen Umſtaͤnden die Ausfuhr der Plaggen bisher nicht un-<lb/>
billig gegoͤnnet haͤtten. Aber, ſagte er, als ein Recht<lb/>
koͤnnt ihr es nie fordern. Wo wollte das hinaus, wenn<lb/>
jeder nach dem Maaſſe ſeiner auswaͤrts geheureten Laͤnde-<lb/>
reyen ein Plaggenmatt fordern wollte? Es kann auch nie-<lb/>
mand wehren, ſo viele Laͤndereyen auswaͤrts zu heuren wie<lb/>
ihr wollet; eure Nachbaren koͤnnen ihres Vortheils halben<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[227/0241]
in die andre verfahren werden.
wohl zu, daß ihm ſein Heuermann nicht zu nahe an die
Zaͤune komme.
In Ewigkeit kann dieſes nicht geſchehen, verſetzten die
Weiber der Koͤtter. Wir liegen auf der Markgraͤnze, und muͤſ-
ſen unſere mehreſten Laͤndereyen auſſerhalb der Mark heuren.
Seit hundert und mehr Jahren haben wir ſolche aus dieſer
Mark mit Plaggen geduͤnget, und wenn wir kein groͤſſer
Plaggenmatt erhalten ſollten, als nach dem Verhaͤltniß
unſrer Kotten: ſo wuͤrden wir dieſe auswaͤrts angeheurete
Laͤndereyen ſchlechterdings liegen laſſen muͤſſen. Unſre
Nachbarn, von denen wir ſolche haben, wollen uns nicht
geſtatten dieſelben aus ihrer Mark zu duͤngen, weil wir das
Stroh in unſre Mark bringen, ſie ſelbſt auch eben deswe-
gen dieſe Laͤndereyen an auswaͤrtige verheuren, weil ſie zu
wenig Plaggenmatt, und die Laͤndereyen ſo wir geheuret,
blos uns zu gefallen, und weil wir in unſre Mark keine
Gelegenheit dazu hatten, urbar gemacht haben; dieſe wer-
den alſo zum allgemeinen Landesſchaden wieder verwildern
muͤſſen, wenn wir ſolche aus unſer Mark nicht duͤngen ſol-
len; oder wir werden das Stroh aus jener Mark gar nicht
heraus fahren duͤrfen, und uͤberhaupt wird kuͤnftig niemand
mehr auſſerhalb etwas heuren koͤnnen, wenn die eine Mark
keine Plaggen, und die andre kein Stroh folgen laſſen will.
Der Holzgraf, um die Weiber zu beſaͤnftigen, gab
ihnen zwar ſo weit recht, daß ihnen die Markgenoſſen in
dieſen Umſtaͤnden die Ausfuhr der Plaggen bisher nicht un-
billig gegoͤnnet haͤtten. Aber, ſagte er, als ein Recht
koͤnnt ihr es nie fordern. Wo wollte das hinaus, wenn
jeder nach dem Maaſſe ſeiner auswaͤrts geheureten Laͤnde-
reyen ein Plaggenmatt fordern wollte? Es kann auch nie-
mand wehren, ſo viele Laͤndereyen auswaͤrts zu heuren wie
ihr wollet; eure Nachbaren koͤnnen ihres Vortheils halben
die
P 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/241>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.