der Eigner desselben solchen leichter bewahren, als eine ganze Gemeinheit ihre Schweine davor hüten lassen kann. Das Grössere überwiegt hier das Kleinere.
Eine Stadt und ein Marktflecken aber kann sich durch eigne Willkühr zu einem beschlossenen Ort machen: und wenn es dieses auf Gutbefinden seiner Obrigkeit, und mit Bewilligung der Menge thut: so dürfen an einem solchen Orte die Schweine auch zur unbeschlossenen Zeit die Gassen nicht belaufen. In einem Städtgen oder Fle- cken hat die bürgerliche Nahrung den ersten Rang; und man kann dieser die Schweinezucht daselbst um so viel eher aufopfern, weil der Bürger sein Schwein insgemein erst auf Maytag käuft, selbst keine anzieht, und der Brauer oder Branteweinsbrenner, der eine Menge hält, solche selten herumlaufen läßt.
So können auch auf gleiche Weise die Genossen eines gemeinschaftlichen Feldes, in so weit es ohne Nachtheil eines Dritten geschehen kann, solches nach Ablauf der gewöhnlich beschlossenen Zeit, weiter schliessen, mithin zum Vortheil des Klafers, der Rüben, der Kartoffeln und andrer in der Flur nach der Erndte gebaueten Gar- tenfrüchte, einen beschlossenen Ort daraus machen; doch glaube ich, daß solches nicht nach der Mehrheit der Zahl der Genossen, sondern nach der Mehrheit der darinn be- legenen Felder, und der dafür bestimmenden Eigner, ge- schehen müsse.
Wo aber nun weder eine beschlossene Zeit noch ein beschlossener Ort ist, da haben die Einwohner nicht nö- thig mit vieler Beschwerde und geringem Vortheil ihre Schweine vor einem besondern Hirten zu halten. Ein Schwein bezahlt seine Sommerfütterung und Wartung insgemein gut; aber so wenig eine Winterfütterung auf
dem
Mös. patr. Phant.III.Th. O
Vom Huͤten der Schweine.
der Eigner deſſelben ſolchen leichter bewahren, als eine ganze Gemeinheit ihre Schweine davor huͤten laſſen kann. Das Groͤſſere uͤberwiegt hier das Kleinere.
Eine Stadt und ein Marktflecken aber kann ſich durch eigne Willkuͤhr zu einem beſchloſſenen Ort machen: und wenn es dieſes auf Gutbefinden ſeiner Obrigkeit, und mit Bewilligung der Menge thut: ſo duͤrfen an einem ſolchen Orte die Schweine auch zur unbeſchloſſenen Zeit die Gaſſen nicht belaufen. In einem Staͤdtgen oder Fle- cken hat die buͤrgerliche Nahrung den erſten Rang; und man kann dieſer die Schweinezucht daſelbſt um ſo viel eher aufopfern, weil der Buͤrger ſein Schwein insgemein erſt auf Maytag kaͤuft, ſelbſt keine anzieht, und der Brauer oder Branteweinsbrenner, der eine Menge haͤlt, ſolche ſelten herumlaufen laͤßt.
So koͤnnen auch auf gleiche Weiſe die Genoſſen eines gemeinſchaftlichen Feldes, in ſo weit es ohne Nachtheil eines Dritten geſchehen kann, ſolches nach Ablauf der gewoͤhnlich beſchloſſenen Zeit, weiter ſchlieſſen, mithin zum Vortheil des Klafers, der Ruͤben, der Kartoffeln und andrer in der Flur nach der Erndte gebaueten Gar- tenfruͤchte, einen beſchloſſenen Ort daraus machen; doch glaube ich, daß ſolches nicht nach der Mehrheit der Zahl der Genoſſen, ſondern nach der Mehrheit der darinn be- legenen Felder, und der dafuͤr beſtimmenden Eigner, ge- ſchehen muͤſſe.
Wo aber nun weder eine beſchloſſene Zeit noch ein beſchloſſener Ort iſt, da haben die Einwohner nicht noͤ- thig mit vieler Beſchwerde und geringem Vortheil ihre Schweine vor einem beſondern Hirten zu halten. Ein Schwein bezahlt ſeine Sommerfuͤtterung und Wartung insgemein gut; aber ſo wenig eine Winterfuͤtterung auf
dem
Moͤſ. patr. Phant.III.Th. O
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Vom Huͤten der Schweine.
der Eigner deſſelben ſolchen leichter bewahren, als eine
ganze Gemeinheit ihre Schweine davor huͤten laſſen kann.
Das Groͤſſere uͤberwiegt hier das Kleinere.
Eine Stadt und ein Marktflecken aber kann ſich
durch eigne Willkuͤhr zu einem beſchloſſenen Ort machen:
und wenn es dieſes auf Gutbefinden ſeiner Obrigkeit, und
mit Bewilligung der Menge thut: ſo duͤrfen an einem
ſolchen Orte die Schweine auch zur unbeſchloſſenen Zeit
die Gaſſen nicht belaufen. In einem Staͤdtgen oder Fle-
cken hat die buͤrgerliche Nahrung den erſten Rang; und
man kann dieſer die Schweinezucht daſelbſt um ſo viel eher
aufopfern, weil der Buͤrger ſein Schwein insgemein erſt
auf Maytag kaͤuft, ſelbſt keine anzieht, und der Brauer
oder Branteweinsbrenner, der eine Menge haͤlt, ſolche
ſelten herumlaufen laͤßt.
So koͤnnen auch auf gleiche Weiſe die Genoſſen eines
gemeinſchaftlichen Feldes, in ſo weit es ohne Nachtheil
eines Dritten geſchehen kann, ſolches nach Ablauf der
gewoͤhnlich beſchloſſenen Zeit, weiter ſchlieſſen, mithin
zum Vortheil des Klafers, der Ruͤben, der Kartoffeln
und andrer in der Flur nach der Erndte gebaueten Gar-
tenfruͤchte, einen beſchloſſenen Ort daraus machen; doch
glaube ich, daß ſolches nicht nach der Mehrheit der Zahl
der Genoſſen, ſondern nach der Mehrheit der darinn be-
legenen Felder, und der dafuͤr beſtimmenden Eigner, ge-
ſchehen muͤſſe.
Wo aber nun weder eine beſchloſſene Zeit noch ein
beſchloſſener Ort iſt, da haben die Einwohner nicht noͤ-
thig mit vieler Beſchwerde und geringem Vortheil ihre
Schweine vor einem beſondern Hirten zu halten. Ein
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/223>, abgerufen am 27.07.2024.
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