Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachrichten von den Streitigkeiten
Vorstellung machen, wenn man an den glücklichen Einfluß
der Leipziger Messe, auf die umliegende Gegend, gedenket.

Der Verfasser merkt es von Antwerpen an, daß wie
die Marchants Adventurers zuerst ihren Markt daselbst
errichtet hätten, die Häuser daselbst noch mit Stroh ge-
deckt gewesen wären, und die Einwohner blos vom Acker-
bau und der Viehzucht gelebt hätten; ihre Schiffart hätte
aus sechs Barken, die jedoch nur auf dem Strome wären
zu gebrauchen gewesen, und die ganze Kaufmannschaft aus
vier Krämern bestanden. So bald aber die Compagnie
diese Stadt zum Marktplatze erwählt, wäre sie zu einem
bewundernswürdigen Wohlstande gediehen, und Häuser,
die man anfangs vor 40 bis 60 Thaler gemiethet, wären
in der Zeit von 50 Jahren auf die jährliche Miethe von
400, 600, ja 800 Thaler gestiegen. Zum Behuf seines
ersten Satzes, daß England jener Compagnie allein die
Grösse seiner Handlung zu danken habe, führt der Verfas-
ser unter andern an: Es wären vorher, die Kriegesschiffe
ausgenommen, nicht vier Schiffe auf der Themse gewesen,
und keines davon hätte über 120 Tonnen gehalten: die
Compagnie hätte zuerst (1248) von dem Herzog Johann in
Braband einen freyen Stapel und die freye Handlung in
den Niederlanden erhalten; sie hätte zuerst die englische
Wolle auf den dortigen Markt, und den Handel damit zu
einer solchen Höhe gebracht, daß der Ausgangszoll in Eng-
land auf die Wolle des Jahrs gemeiniglich zwischen 65 bis
70000 Pf. St., und im Jahr 1355, als das Parlament
diesen Zoll dem König auf 6 Jahr verwilliget, und jeden
Sack Wolle mit 50 ß. St. belegt, über 250,000 Pf. St.
betragen, welches gewiß eine ungeheure Summe für die
damaligen Zeiten wäre; man hätte damals die Ausfuhr der
Wolle auf 100000 Säcke gerechnet; als König Eduard

der

Nachrichten von den Streitigkeiten
Vorſtellung machen, wenn man an den gluͤcklichen Einfluß
der Leipziger Meſſe, auf die umliegende Gegend, gedenket.

Der Verfaſſer merkt es von Antwerpen an, daß wie
die Marchants Adventurers zuerſt ihren Markt daſelbſt
errichtet haͤtten, die Haͤuſer daſelbſt noch mit Stroh ge-
deckt geweſen waͤren, und die Einwohner blos vom Acker-
bau und der Viehzucht gelebt haͤtten; ihre Schiffart haͤtte
aus ſechs Barken, die jedoch nur auf dem Strome waͤren
zu gebrauchen geweſen, und die ganze Kaufmannſchaft aus
vier Kraͤmern beſtanden. So bald aber die Compagnie
dieſe Stadt zum Marktplatze erwaͤhlt, waͤre ſie zu einem
bewundernswuͤrdigen Wohlſtande gediehen, und Haͤuſer,
die man anfangs vor 40 bis 60 Thaler gemiethet, waͤren
in der Zeit von 50 Jahren auf die jaͤhrliche Miethe von
400, 600, ja 800 Thaler geſtiegen. Zum Behuf ſeines
erſten Satzes, daß England jener Compagnie allein die
Groͤſſe ſeiner Handlung zu danken habe, fuͤhrt der Verfaſ-
ſer unter andern an: Es waͤren vorher, die Kriegesſchiffe
ausgenommen, nicht vier Schiffe auf der Themſe geweſen,
und keines davon haͤtte uͤber 120 Tonnen gehalten: die
Compagnie haͤtte zuerſt (1248) von dem Herzog Johann in
Braband einen freyen Stapel und die freye Handlung in
den Niederlanden erhalten; ſie haͤtte zuerſt die engliſche
Wolle auf den dortigen Markt, und den Handel damit zu
einer ſolchen Hoͤhe gebracht, daß der Ausgangszoll in Eng-
land auf die Wolle des Jahrs gemeiniglich zwiſchen 65 bis
70000 Pf. St., und im Jahr 1355, als das Parlament
dieſen Zoll dem Koͤnig auf 6 Jahr verwilliget, und jeden
Sack Wolle mit 50 ß. St. belegt, uͤber 250,000 Pf. St.
betragen, welches gewiß eine ungeheure Summe fuͤr die
damaligen Zeiten waͤre; man haͤtte damals die Ausfuhr der
Wolle auf 100000 Saͤcke gerechnet; als Koͤnig Eduard

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0190" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Nachrichten von den Streitigkeiten</hi></fw><lb/>
Vor&#x017F;tellung machen, wenn man an den glu&#x0364;cklichen Einfluß<lb/>
der Leipziger Me&#x017F;&#x017F;e, auf die umliegende Gegend, gedenket.</p><lb/>
        <p>Der Verfa&#x017F;&#x017F;er merkt es von Antwerpen an, daß wie<lb/>
die <hi rendition="#aq">Marchants Adventurers</hi> zuer&#x017F;t ihren Markt da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
errichtet ha&#x0364;tten, die Ha&#x0364;u&#x017F;er da&#x017F;elb&#x017F;t noch mit Stroh ge-<lb/>
deckt gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren, und die Einwohner blos vom Acker-<lb/>
bau und der Viehzucht gelebt ha&#x0364;tten; ihre Schiffart ha&#x0364;tte<lb/>
aus &#x017F;echs Barken, die jedoch nur auf dem Strome wa&#x0364;ren<lb/>
zu gebrauchen gewe&#x017F;en, und die ganze Kaufmann&#x017F;chaft aus<lb/>
vier Kra&#x0364;mern be&#x017F;tanden. So bald aber die Compagnie<lb/>
die&#x017F;e Stadt zum Marktplatze erwa&#x0364;hlt, wa&#x0364;re &#x017F;ie zu einem<lb/>
bewundernswu&#x0364;rdigen Wohl&#x017F;tande gediehen, und Ha&#x0364;u&#x017F;er,<lb/>
die man anfangs vor 40 bis 60 Thaler gemiethet, wa&#x0364;ren<lb/>
in der Zeit von 50 Jahren auf die ja&#x0364;hrliche Miethe von<lb/>
400, 600, ja 800 Thaler ge&#x017F;tiegen. Zum Behuf &#x017F;eines<lb/>
er&#x017F;ten Satzes, daß England jener Compagnie allein die<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer Handlung zu danken habe, fu&#x0364;hrt der Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er unter andern an: Es wa&#x0364;ren vorher, die Krieges&#x017F;chiffe<lb/>
ausgenommen, nicht vier Schiffe auf der Them&#x017F;e gewe&#x017F;en,<lb/>
und keines davon ha&#x0364;tte u&#x0364;ber 120 Tonnen gehalten: die<lb/>
Compagnie ha&#x0364;tte zuer&#x017F;t (1248) von dem Herzog Johann in<lb/>
Braband einen freyen Stapel und die freye Handlung in<lb/>
den Niederlanden erhalten; &#x017F;ie ha&#x0364;tte zuer&#x017F;t die engli&#x017F;che<lb/>
Wolle auf den dortigen Markt, und den Handel damit zu<lb/>
einer &#x017F;olchen Ho&#x0364;he gebracht, daß der Ausgangszoll in Eng-<lb/>
land auf die Wolle des Jahrs gemeiniglich zwi&#x017F;chen 65 bis<lb/>
70000 Pf. St., und im Jahr 1355, als das Parlament<lb/>
die&#x017F;en Zoll dem Ko&#x0364;nig auf 6 Jahr verwilliget, und jeden<lb/>
Sack Wolle mit 50 ß. St. belegt, u&#x0364;ber 250,000 Pf. St.<lb/>
betragen, welches gewiß eine ungeheure Summe fu&#x0364;r die<lb/>
damaligen Zeiten wa&#x0364;re; man ha&#x0364;tte damals die Ausfuhr der<lb/>
Wolle auf 100000 Sa&#x0364;cke gerechnet; als Ko&#x0364;nig Eduard<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0190] Nachrichten von den Streitigkeiten Vorſtellung machen, wenn man an den gluͤcklichen Einfluß der Leipziger Meſſe, auf die umliegende Gegend, gedenket. Der Verfaſſer merkt es von Antwerpen an, daß wie die Marchants Adventurers zuerſt ihren Markt daſelbſt errichtet haͤtten, die Haͤuſer daſelbſt noch mit Stroh ge- deckt geweſen waͤren, und die Einwohner blos vom Acker- bau und der Viehzucht gelebt haͤtten; ihre Schiffart haͤtte aus ſechs Barken, die jedoch nur auf dem Strome waͤren zu gebrauchen geweſen, und die ganze Kaufmannſchaft aus vier Kraͤmern beſtanden. So bald aber die Compagnie dieſe Stadt zum Marktplatze erwaͤhlt, waͤre ſie zu einem bewundernswuͤrdigen Wohlſtande gediehen, und Haͤuſer, die man anfangs vor 40 bis 60 Thaler gemiethet, waͤren in der Zeit von 50 Jahren auf die jaͤhrliche Miethe von 400, 600, ja 800 Thaler geſtiegen. Zum Behuf ſeines erſten Satzes, daß England jener Compagnie allein die Groͤſſe ſeiner Handlung zu danken habe, fuͤhrt der Verfaſ- ſer unter andern an: Es waͤren vorher, die Kriegesſchiffe ausgenommen, nicht vier Schiffe auf der Themſe geweſen, und keines davon haͤtte uͤber 120 Tonnen gehalten: die Compagnie haͤtte zuerſt (1248) von dem Herzog Johann in Braband einen freyen Stapel und die freye Handlung in den Niederlanden erhalten; ſie haͤtte zuerſt die engliſche Wolle auf den dortigen Markt, und den Handel damit zu einer ſolchen Hoͤhe gebracht, daß der Ausgangszoll in Eng- land auf die Wolle des Jahrs gemeiniglich zwiſchen 65 bis 70000 Pf. St., und im Jahr 1355, als das Parlament dieſen Zoll dem Koͤnig auf 6 Jahr verwilliget, und jeden Sack Wolle mit 50 ß. St. belegt, uͤber 250,000 Pf. St. betragen, welches gewiß eine ungeheure Summe fuͤr die damaligen Zeiten waͤre; man haͤtte damals die Ausfuhr der Wolle auf 100000 Saͤcke gerechnet; als Koͤnig Eduard der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/190
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/190>, abgerufen am 09.11.2024.