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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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der deutsch. und engl. Handelscompagnie.
ben gewisse Orte und Tage festgesetzt, ausser welchen keine
Handlung getrieben werden konnte. Die Hanse hatte für
England in London, für Norwegen zu Bergen, für Ruß-
land zu Novogrod, und für die Niederlande, Frankreich,
Spanien, Italien, Portugall, Pohlen und Ober-Deutsch-
land zur glücklichsten Zeit zu Antwerpen ihre Messe oder
ihreu Markt. Die englischen Kaufleute hingegen, welche
noch gar nicht das deutsche Meer und die Ostsee befuhren,
hatten zur Zeit nur eine Marktstadt in den Niederlanden,
und mehrentheils mit der Hanse an einem Orte, erst zu
Brügge, dann zu Calais, hernach zu Antwerpen und zu-
letzt zu Middelburg, Berg-Opzoom, Emden, Hamburg,
Stade etc.

Der Erfolg dieser Policey, oder dieses allein auf die
Marktstädte eingeschränkten Handels, war für die Orte,
wohin ein solcher Markt verlegt wurde, erstaunlich, und
beruhete auf eben den Gründen, worauf die spätern Zeit-
messen, denn jenes waren beständige Messen, beruhen.
Die ganze handelnde Welt fand sich an demselben zum Kau-
fen und Verkaufen ein; alle Nationen, oder vielmehr de-
ren Compagnien setzten in demselben ihre Waare gegenein-
ander um. Die Fabriken kamen in den Gegenden, worin
eine solche Stadt lag, zum höchsten Flor; und die Nieder-
lande, besonders Flandern und Braband hatten ihre ganze
Aufnahme der Bequemlichkeit den Stapel von allen rohen
Materialien in der Nähe, und den Markt zum Absatz gleich-
sam vor der Thür zu haben, einzig und allein dieser Ein-
richtung zu danken. Man kann sich davon ungefähr eine

Vor-
die deutschen Kaufleute von der Hanse sich aufhielten, ist die
noch sogenannte Guild-Hall. Die Engländer hießen solche
vordem nur Steelyard, oder die Stahlniederlage, um damit
anzuzeigen, daß die Deutschen ursprünglich keinen Handelsplatz,
sondern nur ein Eisenlager in London gehabt hätten.

der deutſch. und engl. Handelscompagnie.
ben gewiſſe Orte und Tage feſtgeſetzt, auſſer welchen keine
Handlung getrieben werden konnte. Die Hanſe hatte fuͤr
England in London, fuͤr Norwegen zu Bergen, fuͤr Ruß-
land zu Novogrod, und fuͤr die Niederlande, Frankreich,
Spanien, Italien, Portugall, Pohlen und Ober-Deutſch-
land zur gluͤcklichſten Zeit zu Antwerpen ihre Meſſe oder
ihreu Markt. Die engliſchen Kaufleute hingegen, welche
noch gar nicht das deutſche Meer und die Oſtſee befuhren,
hatten zur Zeit nur eine Marktſtadt in den Niederlanden,
und mehrentheils mit der Hanſe an einem Orte, erſt zu
Bruͤgge, dann zu Calais, hernach zu Antwerpen und zu-
letzt zu Middelburg, Berg-Opzoom, Emden, Hamburg,
Stade ꝛc.

Der Erfolg dieſer Policey, oder dieſes allein auf die
Marktſtaͤdte eingeſchraͤnkten Handels, war fuͤr die Orte,
wohin ein ſolcher Markt verlegt wurde, erſtaunlich, und
beruhete auf eben den Gruͤnden, worauf die ſpaͤtern Zeit-
meſſen, denn jenes waren beſtaͤndige Meſſen, beruhen.
Die ganze handelnde Welt fand ſich an demſelben zum Kau-
fen und Verkaufen ein; alle Nationen, oder vielmehr de-
ren Compagnien ſetzten in demſelben ihre Waare gegenein-
ander um. Die Fabriken kamen in den Gegenden, worin
eine ſolche Stadt lag, zum hoͤchſten Flor; und die Nieder-
lande, beſonders Flandern und Braband hatten ihre ganze
Aufnahme der Bequemlichkeit den Stapel von allen rohen
Materialien in der Naͤhe, und den Markt zum Abſatz gleich-
ſam vor der Thuͤr zu haben, einzig und allein dieſer Ein-
richtung zu danken. Man kann ſich davon ungefaͤhr eine

Vor-
die deutſchen Kaufleute von der Hanſe ſich aufhielten, iſt die
noch ſogenannte Guild-Hall. Die Englaͤnder hießen ſolche
vordem nur Steelyard, oder die Stahlniederlage, um damit
anzuzeigen, daß die Deutſchen urſpruͤnglich keinen Handelsplatz,
ſondern nur ein Eiſenlager in London gehabt haͤtten.
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[175/0189] der deutſch. und engl. Handelscompagnie. ben gewiſſe Orte und Tage feſtgeſetzt, auſſer welchen keine Handlung getrieben werden konnte. Die Hanſe hatte fuͤr England in London, fuͤr Norwegen zu Bergen, fuͤr Ruß- land zu Novogrod, und fuͤr die Niederlande, Frankreich, Spanien, Italien, Portugall, Pohlen und Ober-Deutſch- land zur gluͤcklichſten Zeit zu Antwerpen ihre Meſſe oder ihreu Markt. Die engliſchen Kaufleute hingegen, welche noch gar nicht das deutſche Meer und die Oſtſee befuhren, hatten zur Zeit nur eine Marktſtadt in den Niederlanden, und mehrentheils mit der Hanſe an einem Orte, erſt zu Bruͤgge, dann zu Calais, hernach zu Antwerpen und zu- letzt zu Middelburg, Berg-Opzoom, Emden, Hamburg, Stade ꝛc. Der Erfolg dieſer Policey, oder dieſes allein auf die Marktſtaͤdte eingeſchraͤnkten Handels, war fuͤr die Orte, wohin ein ſolcher Markt verlegt wurde, erſtaunlich, und beruhete auf eben den Gruͤnden, worauf die ſpaͤtern Zeit- meſſen, denn jenes waren beſtaͤndige Meſſen, beruhen. Die ganze handelnde Welt fand ſich an demſelben zum Kau- fen und Verkaufen ein; alle Nationen, oder vielmehr de- ren Compagnien ſetzten in demſelben ihre Waare gegenein- ander um. Die Fabriken kamen in den Gegenden, worin eine ſolche Stadt lag, zum hoͤchſten Flor; und die Nieder- lande, beſonders Flandern und Braband hatten ihre ganze Aufnahme der Bequemlichkeit den Stapel von allen rohen Materialien in der Naͤhe, und den Markt zum Abſatz gleich- ſam vor der Thuͤr zu haben, einzig und allein dieſer Ein- richtung zu danken. Man kann ſich davon ungefaͤhr eine Vor- e) e) die deutſchen Kaufleute von der Hanſe ſich aufhielten, iſt die noch ſogenannte Guild-Hall. Die Englaͤnder hießen ſolche vordem nur Steelyard, oder die Stahlniederlage, um damit anzuzeigen, daß die Deutſchen urſpruͤnglich keinen Handelsplatz, ſondern nur ein Eiſenlager in London gehabt haͤtten.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/189>, abgerufen am 19.04.2024.