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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Ein neues Ziel

Sie haben ganz Recht, daß wir Verfasser der Wochen-
blätter anstatt blosse Schauspiele zu liefern, uns wie die
Engländer in die öffentlichen Staatsangelegenheiten einlas-
sen, und die tägliche Geschichte der Zeit, worin wir leben,
und woran wir selbst Theil nehmen, vorzüglich behandeln,
und die guten Lehren, die wir vorzutragen haben, damit
nützlich und eifrig verknüpfen sollten. Ich habe dieses selbst
schon mehrmals überlegt, mehrmals versucht, und meine
Meinung unpartheyisch über manches gesagt. Allein die
Sache hat mehrere Schwierigkeiten, wie Sie sich vorzu-
stellen scheinen.

Gleich anfangs, wie ich die Feder einigemal in diesen
Beyträgen ansetzte, gieng meine Absicht dahin, durch den
Canal derselben die Landtagshandlungen und andere öffent-
liche Staatssachen dem Publicum mitzutheilen; und mei-
nen Landesleuten aus dem Ton, womit der Herr zu seinen
Ständen spricht, und diese ihm antworten; aus den Grün-
den, warum jenes bewilliget, und dieses verworfen wird;
aus der Sorgfalt, womit auch die kleinsten Sachen im
Staate behandelt werden; aus der Art und Weise, wie
man mit den gemeinen Auflagen verfährt, und überhaupt
aus jeder Wendung der Landesregierung und Verfassung,
die vollständigste Kenntniß; und aus dieser eine wahre Liebe
für ihren Herrn, und diejenigen, so ihm rathen und die-
nen; ein sicheres Vertrauen auf ihre Geschicklichkeit und
Redlichkeit, und einen edlen Muth beyzubringen. Jeder
Landmann sollte sich hierinn fühlen, sich heben und mit dem
Gefühl, seiner eignen Würde, auch einen hohen Grad von
Patriotismus bekommen; jeder Hofgesessener sollte glauben,
die öffentlichen Anstalten würden auch seinem Urtheil vor-
gelegt; der Staat gäbe auch ihm Rechenschaft von seinen
Unternehmungen; und zu den Aufopferungen die er von
ihm fordere, würde auch seine Ueberzeugung erfordert; die

Gesetze
Ein neues Ziel

Sie haben ganz Recht, daß wir Verfaſſer der Wochen-
blaͤtter anſtatt bloſſe Schauſpiele zu liefern, uns wie die
Englaͤnder in die oͤffentlichen Staatsangelegenheiten einlaſ-
ſen, und die taͤgliche Geſchichte der Zeit, worin wir leben,
und woran wir ſelbſt Theil nehmen, vorzuͤglich behandeln,
und die guten Lehren, die wir vorzutragen haben, damit
nuͤtzlich und eifrig verknuͤpfen ſollten. Ich habe dieſes ſelbſt
ſchon mehrmals uͤberlegt, mehrmals verſucht, und meine
Meinung unpartheyiſch uͤber manches geſagt. Allein die
Sache hat mehrere Schwierigkeiten, wie Sie ſich vorzu-
ſtellen ſcheinen.

Gleich anfangs, wie ich die Feder einigemal in dieſen
Beytraͤgen anſetzte, gieng meine Abſicht dahin, durch den
Canal derſelben die Landtagshandlungen und andere oͤffent-
liche Staatsſachen dem Publicum mitzutheilen; und mei-
nen Landesleuten aus dem Ton, womit der Herr zu ſeinen
Staͤnden ſpricht, und dieſe ihm antworten; aus den Gruͤn-
den, warum jenes bewilliget, und dieſes verworfen wird;
aus der Sorgfalt, womit auch die kleinſten Sachen im
Staate behandelt werden; aus der Art und Weiſe, wie
man mit den gemeinen Auflagen verfaͤhrt, und uͤberhaupt
aus jeder Wendung der Landesregierung und Verfaſſung,
die vollſtaͤndigſte Kenntniß; und aus dieſer eine wahre Liebe
fuͤr ihren Herrn, und diejenigen, ſo ihm rathen und die-
nen; ein ſicheres Vertrauen auf ihre Geſchicklichkeit und
Redlichkeit, und einen edlen Muth beyzubringen. Jeder
Landmann ſollte ſich hierinn fuͤhlen, ſich heben und mit dem
Gefuͤhl, ſeiner eignen Wuͤrde, auch einen hohen Grad von
Patriotiſmus bekommen; jeder Hofgeſeſſener ſollte glauben,
die oͤffentlichen Anſtalten wuͤrden auch ſeinem Urtheil vor-
gelegt; der Staat gaͤbe auch ihm Rechenſchaft von ſeinen
Unternehmungen; und zu den Aufopferungen die er von
ihm fordere, wuͤrde auch ſeine Ueberzeugung erfordert; die

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[92/0106] Ein neues Ziel Sie haben ganz Recht, daß wir Verfaſſer der Wochen- blaͤtter anſtatt bloſſe Schauſpiele zu liefern, uns wie die Englaͤnder in die oͤffentlichen Staatsangelegenheiten einlaſ- ſen, und die taͤgliche Geſchichte der Zeit, worin wir leben, und woran wir ſelbſt Theil nehmen, vorzuͤglich behandeln, und die guten Lehren, die wir vorzutragen haben, damit nuͤtzlich und eifrig verknuͤpfen ſollten. Ich habe dieſes ſelbſt ſchon mehrmals uͤberlegt, mehrmals verſucht, und meine Meinung unpartheyiſch uͤber manches geſagt. Allein die Sache hat mehrere Schwierigkeiten, wie Sie ſich vorzu- ſtellen ſcheinen. Gleich anfangs, wie ich die Feder einigemal in dieſen Beytraͤgen anſetzte, gieng meine Abſicht dahin, durch den Canal derſelben die Landtagshandlungen und andere oͤffent- liche Staatsſachen dem Publicum mitzutheilen; und mei- nen Landesleuten aus dem Ton, womit der Herr zu ſeinen Staͤnden ſpricht, und dieſe ihm antworten; aus den Gruͤn- den, warum jenes bewilliget, und dieſes verworfen wird; aus der Sorgfalt, womit auch die kleinſten Sachen im Staate behandelt werden; aus der Art und Weiſe, wie man mit den gemeinen Auflagen verfaͤhrt, und uͤberhaupt aus jeder Wendung der Landesregierung und Verfaſſung, die vollſtaͤndigſte Kenntniß; und aus dieſer eine wahre Liebe fuͤr ihren Herrn, und diejenigen, ſo ihm rathen und die- nen; ein ſicheres Vertrauen auf ihre Geſchicklichkeit und Redlichkeit, und einen edlen Muth beyzubringen. Jeder Landmann ſollte ſich hierinn fuͤhlen, ſich heben und mit dem Gefuͤhl, ſeiner eignen Wuͤrde, auch einen hohen Grad von Patriotiſmus bekommen; jeder Hofgeſeſſener ſollte glauben, die oͤffentlichen Anſtalten wuͤrden auch ſeinem Urtheil vor- gelegt; der Staat gaͤbe auch ihm Rechenſchaft von ſeinen Unternehmungen; und zu den Aufopferungen die er von ihm fordere, wuͤrde auch ſeine Ueberzeugung erfordert; die Geſetze

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/106>, abgerufen am 21.11.2024.