und gegen die Bequemlichkeit sein Korn zu jederzeit versil- bern zu können, nicht in Vergleichung kommen könne.
Zugeben werden Sie mir hoffentlich, daß die Furcht für Sperrung, und für willkührlich anzusetzende Preise, alle Speculation und folglich alle Ausschüttung hindere. Zuge- ben werden Sie mir auch, daß der Ackerbauer, der Scha- tzung, Gutsherrliche Gefälle und alle seine verschobene Schulden, wo nicht auf Michael, doch wenigstens auf Mar- tini oder auf Weihnachten bezahlen muß, seinen Kornvor- rath nicht bis Ostern und Pfingsten, wann eigentlich der rechte Preis ist, liegen lassen könne; und wenn Sie mir die- ses zugeben: so erwarte ich von Ihnen, daß Sie mir nun den Markt anzeigen, worauf der Ackerbauer in einem Lande, welches unter der Furcht der Sperrung erhalten wird, um Martini losschlagen soll?
Wagt der geldreiche Mann den Ankauf: so rechnet er schon auf die Möglichkeit der Sperrung, und zieht dem ar- men Ackerbauer dafür jährlich 10 p. C. Assecuranz ab. Kommt die Sperre dann nicht: so ist es so viel schlimmrr für den Ackerbauer, der die Gefahr davon gestanden; und kommt sie dann: so macht sich der geldreiche Mann aus seinem 19jäh- rigen Assecuranzconto, das ist auf sichere Rechnung des Acker- bauers bezahlt.
Verläßt aber der geldreiche Mann den Kornhandel ganz, und denkt bey sich, warum soll ich so thöricht seyn, mehr Korn aufzuschütten, als ich selbst verzehre, da mich eine Sperrung so gleich nicht allein um allen Vortheil bringen, sondern auch in den größten Schaden stürzen kan: so wird der arme Ackerbauer mit seinem Korn immer über die Gränze
fahren,
Gedanken uͤber die Getraideſperre,
und gegen die Bequemlichkeit ſein Korn zu jederzeit verſil- bern zu koͤnnen, nicht in Vergleichung kommen koͤnne.
Zugeben werden Sie mir hoffentlich, daß die Furcht fuͤr Sperrung, und fuͤr willkuͤhrlich anzuſetzende Preiſe, alle Speculation und folglich alle Auſſchuͤttung hindere. Zuge- ben werden Sie mir auch, daß der Ackerbauer, der Scha- tzung, Gutsherrliche Gefaͤlle und alle ſeine verſchobene Schulden, wo nicht auf Michael, doch wenigſtens auf Mar- tini oder auf Weihnachten bezahlen muß, ſeinen Kornvor- rath nicht bis Oſtern und Pfingſten, wann eigentlich der rechte Preis iſt, liegen laſſen koͤnne; und wenn Sie mir die- ſes zugeben: ſo erwarte ich von Ihnen, daß Sie mir nun den Markt anzeigen, worauf der Ackerbauer in einem Lande, welches unter der Furcht der Sperrung erhalten wird, um Martini losſchlagen ſoll?
Wagt der geldreiche Mann den Ankauf: ſo rechnet er ſchon auf die Moͤglichkeit der Sperrung, und zieht dem ar- men Ackerbauer dafuͤr jaͤhrlich 10 p. C. Aſſecuranz ab. Kommt die Sperre dann nicht: ſo iſt es ſo viel ſchlimmrr fuͤr den Ackerbauer, der die Gefahr davon geſtanden; und kommt ſie dann: ſo macht ſich der geldreiche Mann aus ſeinem 19jaͤh- rigen Aſſecuranzconto, das iſt auf ſichere Rechnung des Acker- bauers bezahlt.
Verlaͤßt aber der geldreiche Mann den Kornhandel ganz, und denkt bey ſich, warum ſoll ich ſo thoͤricht ſeyn, mehr Korn aufzuſchuͤtten, als ich ſelbſt verzehre, da mich eine Sperrung ſo gleich nicht allein um allen Vortheil bringen, ſondern auch in den groͤßten Schaden ſtuͤrzen kan: ſo wird der arme Ackerbauer mit ſeinem Korn immer uͤber die Graͤnze
fahren,
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Gedanken uͤber die Getraideſperre,
und gegen die Bequemlichkeit ſein Korn zu jederzeit verſil-
bern zu koͤnnen, nicht in Vergleichung kommen koͤnne.
Zugeben werden Sie mir hoffentlich, daß die Furcht fuͤr
Sperrung, und fuͤr willkuͤhrlich anzuſetzende Preiſe, alle
Speculation und folglich alle Auſſchuͤttung hindere. Zuge-
ben werden Sie mir auch, daß der Ackerbauer, der Scha-
tzung, Gutsherrliche Gefaͤlle und alle ſeine verſchobene
Schulden, wo nicht auf Michael, doch wenigſtens auf Mar-
tini oder auf Weihnachten bezahlen muß, ſeinen Kornvor-
rath nicht bis Oſtern und Pfingſten, wann eigentlich der
rechte Preis iſt, liegen laſſen koͤnne; und wenn Sie mir die-
ſes zugeben: ſo erwarte ich von Ihnen, daß Sie mir nun
den Markt anzeigen, worauf der Ackerbauer in einem Lande,
welches unter der Furcht der Sperrung erhalten wird, um
Martini losſchlagen ſoll?
Wagt der geldreiche Mann den Ankauf: ſo rechnet er
ſchon auf die Moͤglichkeit der Sperrung, und zieht dem ar-
men Ackerbauer dafuͤr jaͤhrlich 10 p. C. Aſſecuranz ab. Kommt
die Sperre dann nicht: ſo iſt es ſo viel ſchlimmrr fuͤr den
Ackerbauer, der die Gefahr davon geſtanden; und kommt
ſie dann: ſo macht ſich der geldreiche Mann aus ſeinem 19jaͤh-
rigen Aſſecuranzconto, das iſt auf ſichere Rechnung des Acker-
bauers bezahlt.
Verlaͤßt aber der geldreiche Mann den Kornhandel ganz,
und denkt bey ſich, warum ſoll ich ſo thoͤricht ſeyn, mehr
Korn aufzuſchuͤtten, als ich ſelbſt verzehre, da mich eine
Sperrung ſo gleich nicht allein um allen Vortheil bringen,
ſondern auch in den groͤßten Schaden ſtuͤrzen kan: ſo wird
der arme Ackerbauer mit ſeinem Korn immer uͤber die Graͤnze
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/66>, abgerufen am 16.02.2025.
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