ments zu beachten; zu jedem wurden ein paar Räthe, ein paar Secretarien und verschiedene Unterbediente nothwendig erfordert; diese Departements forderten so- dann besondere Zimmer, Archive, Acten, Rechnungen und Berichte; die Mitglieder derselben beeyferten sich um die Wette, um die Sachen in die schönste Ordnung zu bringen, sie erfanden die deutlichsten Formulare, Rubriken, Tabellen, und hundert andre Dinge, wozu immer mehr und mehr Hände, immer mehr und mehr Papier, immer mehr und mehr geschickte Leute erfordert wurden. Der Thorschreiberdienst wurde zu einer Wissenschaft, und der Untervogt muste einen zierlichen Bericht zu erstatten im Stande seyn. Euer Fürstl. Durchlaucht waren zu dieser Ordnung erzogen; Sie ver- besserten dieselbe noch in vielen wesentlichen Stücken, und ich gieng als ein alter Mann mir dem vergnügten aber auch traurigen Anblick aus Dero Diensten, daß meine Arbeit unter funfzig Personen vertheilet wurde. Indessen habe ich mir neulich den Generaletat von der jetzigen Einnahme vorzeigen lassen, und gefunden, daß Höchstdieselben jetzt jährlich zehntausend Thaler mehr, wie der Herr Großvater einzunehmen, aber auch funf- zigtausend Thaler mehr für die Dienerschaft auszugeben haben, als wie ich Canzler mit einer Besoldung von fünfhundert Thalern war, und einen Schreiber hatte, dem hundert Thaler in Gnaden gereichet wurden .....
Aber sagte der Fürst, es ist doch nicht möglich, daß ich et- was von dem allen einschränken kan. Ein Militairdeparte- ment ist unentbehrlich, weil es mit Leuten besetzt seyn muß, welche das Militaire aus dem Grunde verstehn. Das Cam- merdepartement erfordert unstreitig seine eignen Leute, und diejenigen so dabey stehn, haben alle Hände voll zu thun;
ohne
Wie viel braucht man um zu leben?
ments zu beachten; zu jedem wurden ein paar Raͤthe, ein paar Secretarien und verſchiedene Unterbediente nothwendig erfordert; dieſe Departements forderten ſo- dann beſondere Zimmer, Archive, Acten, Rechnungen und Berichte; die Mitglieder derſelben beeyferten ſich um die Wette, um die Sachen in die ſchoͤnſte Ordnung zu bringen, ſie erfanden die deutlichſten Formulare, Rubriken, Tabellen, und hundert andre Dinge, wozu immer mehr und mehr Haͤnde, immer mehr und mehr Papier, immer mehr und mehr geſchickte Leute erfordert wurden. Der Thorſchreiberdienſt wurde zu einer Wiſſenſchaft, und der Untervogt muſte einen zierlichen Bericht zu erſtatten im Stande ſeyn. Euer Fuͤrſtl. Durchlaucht waren zu dieſer Ordnung erzogen; Sie ver- beſſerten dieſelbe noch in vielen weſentlichen Stuͤcken, und ich gieng als ein alter Mann mir dem vergnuͤgten aber auch traurigen Anblick aus Dero Dienſten, daß meine Arbeit unter funfzig Perſonen vertheilet wurde. Indeſſen habe ich mir neulich den Generaletat von der jetzigen Einnahme vorzeigen laſſen, und gefunden, daß Hoͤchſtdieſelben jetzt jaͤhrlich zehntauſend Thaler mehr, wie der Herr Großvater einzunehmen, aber auch funf- zigtauſend Thaler mehr fuͤr die Dienerſchaft auszugeben haben, als wie ich Canzler mit einer Beſoldung von fuͤnfhundert Thalern war, und einen Schreiber hatte, dem hundert Thaler in Gnaden gereichet wurden .....
Aber ſagte der Fuͤrſt, es iſt doch nicht moͤglich, daß ich et- was von dem allen einſchraͤnken kan. Ein Militairdeparte- ment iſt unentbehrlich, weil es mit Leuten beſetzt ſeyn muß, welche das Militaire aus dem Grunde verſtehn. Das Cam- merdepartement erfordert unſtreitig ſeine eignen Leute, und diejenigen ſo dabey ſtehn, haben alle Haͤnde voll zu thun;
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Wie viel braucht man um zu leben?
ments zu beachten; zu jedem wurden ein paar Raͤthe,
ein paar Secretarien und verſchiedene Unterbediente
nothwendig erfordert; dieſe Departements forderten ſo-
dann beſondere Zimmer, Archive, Acten, Rechnungen
und Berichte; die Mitglieder derſelben beeyferten ſich
um die Wette, um die Sachen in die ſchoͤnſte Ordnung
zu bringen, ſie erfanden die deutlichſten Formulare,
Rubriken, Tabellen, und hundert andre Dinge, wozu
immer mehr und mehr Haͤnde, immer mehr und mehr
Papier, immer mehr und mehr geſchickte Leute erfordert
wurden. Der Thorſchreiberdienſt wurde zu einer
Wiſſenſchaft, und der Untervogt muſte einen zierlichen
Bericht zu erſtatten im Stande ſeyn. Euer Fuͤrſtl.
Durchlaucht waren zu dieſer Ordnung erzogen; Sie ver-
beſſerten dieſelbe noch in vielen weſentlichen Stuͤcken,
und ich gieng als ein alter Mann mir dem vergnuͤgten
aber auch traurigen Anblick aus Dero Dienſten, daß
meine Arbeit unter funfzig Perſonen vertheilet wurde.
Indeſſen habe ich mir neulich den Generaletat von der
jetzigen Einnahme vorzeigen laſſen, und gefunden, daß
Hoͤchſtdieſelben jetzt jaͤhrlich zehntauſend Thaler mehr,
wie der Herr Großvater einzunehmen, aber auch funf-
zigtauſend Thaler mehr fuͤr die Dienerſchaft auszugeben
haben, als wie ich Canzler mit einer Beſoldung von
fuͤnfhundert Thalern war, und einen Schreiber hatte,
dem hundert Thaler in Gnaden gereichet wurden .....
Aber ſagte der Fuͤrſt, es iſt doch nicht moͤglich, daß ich et-
was von dem allen einſchraͤnken kan. Ein Militairdeparte-
ment iſt unentbehrlich, weil es mit Leuten beſetzt ſeyn muß,
welche das Militaire aus dem Grunde verſtehn. Das Cam-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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