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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Vorschlag zu einem öffentl. Kirchspielsamte.
den; damit die dazu Verordnete nicht stündlich überlaufen
würden.

Da ein Notarius mit dreyen Zeugen hier im Stifte ein
dem gerichtlichen gleichgeltendes Dokument ausfertigen kan:
so sehe ich nicht, warum ein solches öffentliches Amt, ob es
gleich keine Gerichtsbarkeit haben darf, nicht gleichen Glau-
ben finden sollte; und es müste auch bestehen können, wenn
ihm für seine Bemühungen ein sichres zugelegt, dagegen aber
kein andrer Notarius im Kirchspiel geduldet würde.

Um dieses noch mehr zu befördern, könnte man verordnen,
daß gar keine Schulden schatzbarer Unterthanen zur gericht-
lichen Klage angenommen werden sollten, wenn sie nicht in
diesem Buche verzeichnet wären.

Wollte man den Nutzen dieses Bankobuchs noch weiter
ausdehnen: so müßte ein jeder die Summe, die er nach dem
Maaße seiner unterhabenden Stätte jährlich aufbringen könnte,
nach dem Ermessen der Geschwornen darin eintragen lassen,
und die Geschwornen dafür, daß diese Summe jährlich richtig
eingehen könnte, einstehen. Wann dann einer etwas benö-
thiget wäre: so könnte er mit dieser Bescheinigung und mit
dem Auszuge seiner bereits habenden Schulden überall Credit
finden, eben wie ein Landmann in England mit einer gleichen
Bescheinigung Annuiteten auf seinen Hof beglaubigen, und
solche in London verkaufen kan. Würde von irgend einem
Gerichte eine Execution wieder diesen oder jenen Schuldner
erkannt: so müste das Pfandzettel allemal erst dem vorbe-
sagten Kirchspielsamte an dem wöchentlich bestimmten Tage
vorgezeiget werden; und dieses darauf bemerken, wie viel
der Schuldner in dem Jahre bezahlen könnte, sintemahlen
und wenn bereits andre Executions dasjenige, was einer
jährlich nach dem Bankobuche aufbringen könnte, erschöpfet

hät-

Vorſchlag zu einem oͤffentl. Kirchſpielsamte.
den; damit die dazu Verordnete nicht ſtuͤndlich uͤberlaufen
wuͤrden.

Da ein Notarius mit dreyen Zeugen hier im Stifte ein
dem gerichtlichen gleichgeltendes Dokument ausfertigen kan:
ſo ſehe ich nicht, warum ein ſolches oͤffentliches Amt, ob es
gleich keine Gerichtsbarkeit haben darf, nicht gleichen Glau-
ben finden ſollte; und es muͤſte auch beſtehen koͤnnen, wenn
ihm fuͤr ſeine Bemuͤhungen ein ſichres zugelegt, dagegen aber
kein andrer Notarius im Kirchſpiel geduldet wuͤrde.

Um dieſes noch mehr zu befoͤrdern, koͤnnte man verordnen,
daß gar keine Schulden ſchatzbarer Unterthanen zur gericht-
lichen Klage angenommen werden ſollten, wenn ſie nicht in
dieſem Buche verzeichnet waͤren.

Wollte man den Nutzen dieſes Bankobuchs noch weiter
ausdehnen: ſo muͤßte ein jeder die Summe, die er nach dem
Maaße ſeiner unterhabenden Staͤtte jaͤhrlich aufbringen koͤnnte,
nach dem Ermeſſen der Geſchwornen darin eintragen laſſen,
und die Geſchwornen dafuͤr, daß dieſe Summe jaͤhrlich richtig
eingehen koͤnnte, einſtehen. Wann dann einer etwas benoͤ-
thiget waͤre: ſo koͤnnte er mit dieſer Beſcheinigung und mit
dem Auszuge ſeiner bereits habenden Schulden uͤberall Credit
finden, eben wie ein Landmann in England mit einer gleichen
Beſcheinigung Annuiteten auf ſeinen Hof beglaubigen, und
ſolche in London verkaufen kan. Wuͤrde von irgend einem
Gerichte eine Execution wieder dieſen oder jenen Schuldner
erkannt: ſo muͤſte das Pfandzettel allemal erſt dem vorbe-
ſagten Kirchſpielsamte an dem woͤchentlich beſtimmten Tage
vorgezeiget werden; und dieſes darauf bemerken, wie viel
der Schuldner in dem Jahre bezahlen koͤnnte, ſintemahlen
und wenn bereits andre Executions dasjenige, was einer
jaͤhrlich nach dem Bankobuche aufbringen koͤnnte, erſchoͤpfet

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[237/0255] Vorſchlag zu einem oͤffentl. Kirchſpielsamte. den; damit die dazu Verordnete nicht ſtuͤndlich uͤberlaufen wuͤrden. Da ein Notarius mit dreyen Zeugen hier im Stifte ein dem gerichtlichen gleichgeltendes Dokument ausfertigen kan: ſo ſehe ich nicht, warum ein ſolches oͤffentliches Amt, ob es gleich keine Gerichtsbarkeit haben darf, nicht gleichen Glau- ben finden ſollte; und es muͤſte auch beſtehen koͤnnen, wenn ihm fuͤr ſeine Bemuͤhungen ein ſichres zugelegt, dagegen aber kein andrer Notarius im Kirchſpiel geduldet wuͤrde. Um dieſes noch mehr zu befoͤrdern, koͤnnte man verordnen, daß gar keine Schulden ſchatzbarer Unterthanen zur gericht- lichen Klage angenommen werden ſollten, wenn ſie nicht in dieſem Buche verzeichnet waͤren. Wollte man den Nutzen dieſes Bankobuchs noch weiter ausdehnen: ſo muͤßte ein jeder die Summe, die er nach dem Maaße ſeiner unterhabenden Staͤtte jaͤhrlich aufbringen koͤnnte, nach dem Ermeſſen der Geſchwornen darin eintragen laſſen, und die Geſchwornen dafuͤr, daß dieſe Summe jaͤhrlich richtig eingehen koͤnnte, einſtehen. Wann dann einer etwas benoͤ- thiget waͤre: ſo koͤnnte er mit dieſer Beſcheinigung und mit dem Auszuge ſeiner bereits habenden Schulden uͤberall Credit finden, eben wie ein Landmann in England mit einer gleichen Beſcheinigung Annuiteten auf ſeinen Hof beglaubigen, und ſolche in London verkaufen kan. Wuͤrde von irgend einem Gerichte eine Execution wieder dieſen oder jenen Schuldner erkannt: ſo muͤſte das Pfandzettel allemal erſt dem vorbe- ſagten Kirchſpielsamte an dem woͤchentlich beſtimmten Tage vorgezeiget werden; und dieſes darauf bemerken, wie viel der Schuldner in dem Jahre bezahlen koͤnnte, ſintemahlen und wenn bereits andre Executions dasjenige, was einer jaͤhrlich nach dem Bankobuche aufbringen koͤnnte, erſchoͤpfet haͤt-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/255>, abgerufen am 25.11.2024.