Ertrag mittelst des Anleihens. Entzieht ihm der Schuld- ner den Ertrag des ersten Jahrs: so kan der Staat ihm den Ertrag des zweyten gewiß durch die Selbstnutzung verschaf- fen. Folglich läuft der Staat bey der Bürgschaft fast gar keine Gefahr; er beurkundet dasjenige nur öffentlich, was jeder naher oder ferner Gläubiger nicht ohne Mühe unter- suchen kan; und weil das Grundstück im Hypothekenbuch zu keinem Geldwerth angeschlagen ist: so steigt und fällt die Renteverschreibung eben wie liegende Gründe steigen und fal- len; und der Rentenier lauft von Rechtswegen gleiche Ge- fahr mit dem Landeigenthümer; an statt daß alle neuere Hy- pothekenbücher, worinn ein Gut nach Geldeswerth angeschla- gen ist, auf einem schlüpfrigen Grunde stehen, weil man Exempel hat, daß liegende Gründe gegen Geld unter die Hälfte fallen können. Dies kan aber auf jene Art gar nicht geschehen.
Ausserdem aber nützt der Landeigenthümer, wenn er Glau- ben hält, seine 40 Morgen doppelt, einmal in Natur; und einmal durch seine 40 Bankofolios. Diese letztere müssen noth- wendig den vollkommensten Glauben haben, weil sie nicht wie das Geld einen blossen Conventionswerth haben; sondern Repräsentationen solcher Effecten sind, die so lange als der Grund durch kein Erdbeben verschlungen wird, und Men- schen vorhanden sind, die Brodt essen wollen, zur unent- behrlichen und unmittelbaren Nothdurft gehören. Ich will der Speculation, die billiger Weise durch das Steigen und Fallen solcher Renteverschreibungen oder Bankofolios erzeu- get werden würde, imgleichen der Comtoirs, wo man sie in dieser Maasse zu jederzeit würde discontiren können, nicht gedenken, um nicht zu weitläuftig zu werden. Genung die Löse oder das Anlehen auf Zinsen muß bey Landeigenthümern schlechterdings aufhören; wer auf Zinsen leihen will, muß
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fuͤr den Zinscontrakt wieder einfuͤhren.
Ertrag mittelſt des Anleihens. Entzieht ihm der Schuld- ner den Ertrag des erſten Jahrs: ſo kan der Staat ihm den Ertrag des zweyten gewiß durch die Selbſtnutzung verſchaf- fen. Folglich laͤuft der Staat bey der Buͤrgſchaft faſt gar keine Gefahr; er beurkundet dasjenige nur oͤffentlich, was jeder naher oder ferner Glaͤubiger nicht ohne Muͤhe unter- ſuchen kan; und weil das Grundſtuͤck im Hypothekenbuch zu keinem Geldwerth angeſchlagen iſt: ſo ſteigt und faͤllt die Renteverſchreibung eben wie liegende Gruͤnde ſteigen und fal- len; und der Rentenier lauft von Rechtswegen gleiche Ge- fahr mit dem Landeigenthuͤmer; an ſtatt daß alle neuere Hy- pothekenbuͤcher, worinn ein Gut nach Geldeswerth angeſchla- gen iſt, auf einem ſchluͤpfrigen Grunde ſtehen, weil man Exempel hat, daß liegende Gruͤnde gegen Geld unter die Haͤlfte fallen koͤnnen. Dies kan aber auf jene Art gar nicht geſchehen.
Auſſerdem aber nuͤtzt der Landeigenthuͤmer, wenn er Glau- ben haͤlt, ſeine 40 Morgen doppelt, einmal in Natur; und einmal durch ſeine 40 Bankofolios. Dieſe letztere muͤſſen noth- wendig den vollkommenſten Glauben haben, weil ſie nicht wie das Geld einen bloſſen Conventionswerth haben; ſondern Repraͤſentationen ſolcher Effecten ſind, die ſo lange als der Grund durch kein Erdbeben verſchlungen wird, und Men- ſchen vorhanden ſind, die Brodt eſſen wollen, zur unent- behrlichen und unmittelbaren Nothdurft gehoͤren. Ich will der Speculation, die billiger Weiſe durch das Steigen und Fallen ſolcher Renteverſchreibungen oder Bankofolios erzeu- get werden wuͤrde, imgleichen der Comtoirs, wo man ſie in dieſer Maaſſe zu jederzeit wuͤrde diſcontiren koͤnnen, nicht gedenken, um nicht zu weitlaͤuftig zu werden. Genung die Loͤſe oder das Anlehen auf Zinſen muß bey Landeigenthuͤmern ſchlechterdings aufhoͤren; wer auf Zinſen leihen will, muß
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fuͤr den Zinscontrakt wieder einfuͤhren.
Ertrag mittelſt des Anleihens. Entzieht ihm der Schuld-
ner den Ertrag des erſten Jahrs: ſo kan der Staat ihm den
Ertrag des zweyten gewiß durch die Selbſtnutzung verſchaf-
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keine Gefahr; er beurkundet dasjenige nur oͤffentlich, was
jeder naher oder ferner Glaͤubiger nicht ohne Muͤhe unter-
ſuchen kan; und weil das Grundſtuͤck im Hypothekenbuch zu
keinem Geldwerth angeſchlagen iſt: ſo ſteigt und faͤllt die
Renteverſchreibung eben wie liegende Gruͤnde ſteigen und fal-
len; und der Rentenier lauft von Rechtswegen gleiche Ge-
fahr mit dem Landeigenthuͤmer; an ſtatt daß alle neuere Hy-
pothekenbuͤcher, worinn ein Gut nach Geldeswerth angeſchla-
gen iſt, auf einem ſchluͤpfrigen Grunde ſtehen, weil man
Exempel hat, daß liegende Gruͤnde gegen Geld unter die
Haͤlfte fallen koͤnnen. Dies kan aber auf jene Art gar nicht
geſchehen.
Auſſerdem aber nuͤtzt der Landeigenthuͤmer, wenn er Glau-
ben haͤlt, ſeine 40 Morgen doppelt, einmal in Natur; und
einmal durch ſeine 40 Bankofolios. Dieſe letztere muͤſſen noth-
wendig den vollkommenſten Glauben haben, weil ſie nicht
wie das Geld einen bloſſen Conventionswerth haben; ſondern
Repraͤſentationen ſolcher Effecten ſind, die ſo lange als der
Grund durch kein Erdbeben verſchlungen wird, und Men-
ſchen vorhanden ſind, die Brodt eſſen wollen, zur unent-
behrlichen und unmittelbaren Nothdurft gehoͤren. Ich will
der Speculation, die billiger Weiſe durch das Steigen und
Fallen ſolcher Renteverſchreibungen oder Bankofolios erzeu-
get werden wuͤrde, imgleichen der Comtoirs, wo man ſie in
dieſer Maaſſe zu jederzeit wuͤrde diſcontiren koͤnnen, nicht
gedenken, um nicht zu weitlaͤuftig zu werden. Genung die
Loͤſe oder das Anlehen auf Zinſen muß bey Landeigenthuͤmern
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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