Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Also sollte man den Rentekauf Credit entstehen. Denn die erste nothwendige Folge davonwürde seyn, daß die Renteverschreibungen, oder die Obli- gations ohne Löse, mit zur Circulation kommen, und die Stelle des baaren Geldes vertreten würden. Ein Vortheil der würklich verdient daß wir ihn näher in Betracht ziehen. Es würde dieses zwar noch einige Voranstalten erfordern, in- dem in vorbenannten Ländern bloß die Renteverschreibungen, welche der Staat oder eine andre öffentliche Casse auf sich selbst ausgestellet haben, dem Gelde gleich circuliren; die Privat- renteverschreibungen aber nur bey gewissen Handelscomtoirs, die nicht ohne Vortheil dabey bestehen, gekauft oder verkauft werden. Allein diese Voranstaltungen sind so schwer nicht. Ein zuverläßiges Hypothekenbuch, wobey der Staat alles was darinn eingetragen wird, garantirt, macht die ganze Sache aus; und wie sehr würden sich auf diese Art die Zahlungen erleichtern, wenn wir in einer Zeit, wo das klingende Geld immer rarer wird, ein solches Papier zu Hülfe nehmen könn- ten? Ich erinnere mich einer alten deutschen Colonie, worin man diese Einrichtung auf eine glückliche Weise versuchte. Sie bestand aus hundert freyen Höfen, jeder von 40 Morgen. Jeder Hausvater hatte so viele Morgen, aber auch zugleich so viel Folios in einer mit der Colonie angefangenen öffentlichen Bank erhalten. Auf jedem Blatte ein Morgen; ohne Preis. Wenn einer Geld nöthig hatte: so verkaufte er ein, zwey oder drey Blatt im Buche; und diese Blätter wurden demjenigen zugeschrieben, der das Geld herschoß. Dabey war es ein Grundgesetz in dieser Colonie, daß darin keine liegende Gründe für baar Geld gekauft werden konnten. Man konnte für Geld ein Blatt in der Bank, und für das Blatt in der Bank einen Morgen Landes kaufen, aber nicht anders. Beweg- liches Vermögen hingegen mußte mit klingender Münze und nicht mit Bankblätter bezahlet werden. Eben diese Einrich- tung
Alſo ſollte man den Rentekauf Credit entſtehen. Denn die erſte nothwendige Folge davonwuͤrde ſeyn, daß die Renteverſchreibungen, oder die Obli- gations ohne Loͤſe, mit zur Circulation kommen, und die Stelle des baaren Geldes vertreten wuͤrden. Ein Vortheil der wuͤrklich verdient daß wir ihn naͤher in Betracht ziehen. Es wuͤrde dieſes zwar noch einige Voranſtalten erfordern, in- dem in vorbenannten Laͤndern bloß die Renteverſchreibungen, welche der Staat oder eine andre oͤffentliche Caſſe auf ſich ſelbſt ausgeſtellet haben, dem Gelde gleich circuliren; die Privat- renteverſchreibungen aber nur bey gewiſſen Handelscomtoirs, die nicht ohne Vortheil dabey beſtehen, gekauft oder verkauft werden. Allein dieſe Voranſtaltungen ſind ſo ſchwer nicht. Ein zuverlaͤßiges Hypothekenbuch, wobey der Staat alles was darinn eingetragen wird, garantirt, macht die ganze Sache aus; und wie ſehr wuͤrden ſich auf dieſe Art die Zahlungen erleichtern, wenn wir in einer Zeit, wo das klingende Geld immer rarer wird, ein ſolches Papier zu Huͤlfe nehmen koͤnn- ten? Ich erinnere mich einer alten deutſchen Colonie, worin man dieſe Einrichtung auf eine gluͤckliche Weiſe verſuchte. Sie beſtand aus hundert freyen Hoͤfen, jeder von 40 Morgen. Jeder Hausvater hatte ſo viele Morgen, aber auch zugleich ſo viel Folios in einer mit der Colonie angefangenen oͤffentlichen Bank erhalten. Auf jedem Blatte ein Morgen; ohne Preis. Wenn einer Geld noͤthig hatte: ſo verkaufte er ein, zwey oder drey Blatt im Buche; und dieſe Blaͤtter wurden demjenigen zugeſchrieben, der das Geld herſchoß. Dabey war es ein Grundgeſetz in dieſer Colonie, daß darin keine liegende Gruͤnde fuͤr baar Geld gekauft werden konnten. Man konnte fuͤr Geld ein Blatt in der Bank, und fuͤr das Blatt in der Bank einen Morgen Landes kaufen, aber nicht anders. Beweg- liches Vermoͤgen hingegen mußte mit klingender Muͤnze und nicht mit Bankblaͤtter bezahlet werden. Eben dieſe Einrich- tung
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Alſo ſollte man den Rentekauf
Credit entſtehen. Denn die erſte nothwendige Folge davon
wuͤrde ſeyn, daß die Renteverſchreibungen, oder die Obli-
gations ohne Loͤſe, mit zur Circulation kommen, und die
Stelle des baaren Geldes vertreten wuͤrden. Ein Vortheil
der wuͤrklich verdient daß wir ihn naͤher in Betracht ziehen.
Es wuͤrde dieſes zwar noch einige Voranſtalten erfordern, in-
dem in vorbenannten Laͤndern bloß die Renteverſchreibungen,
welche der Staat oder eine andre oͤffentliche Caſſe auf ſich ſelbſt
ausgeſtellet haben, dem Gelde gleich circuliren; die Privat-
renteverſchreibungen aber nur bey gewiſſen Handelscomtoirs,
die nicht ohne Vortheil dabey beſtehen, gekauft oder verkauft
werden. Allein dieſe Voranſtaltungen ſind ſo ſchwer nicht.
Ein zuverlaͤßiges Hypothekenbuch, wobey der Staat alles was
darinn eingetragen wird, garantirt, macht die ganze Sache
aus; und wie ſehr wuͤrden ſich auf dieſe Art die Zahlungen
erleichtern, wenn wir in einer Zeit, wo das klingende Geld
immer rarer wird, ein ſolches Papier zu Huͤlfe nehmen koͤnn-
ten? Ich erinnere mich einer alten deutſchen Colonie, worin
man dieſe Einrichtung auf eine gluͤckliche Weiſe verſuchte. Sie
beſtand aus hundert freyen Hoͤfen, jeder von 40 Morgen.
Jeder Hausvater hatte ſo viele Morgen, aber auch zugleich ſo
viel Folios in einer mit der Colonie angefangenen oͤffentlichen
Bank erhalten. Auf jedem Blatte ein Morgen; ohne Preis.
Wenn einer Geld noͤthig hatte: ſo verkaufte er ein, zwey oder
drey Blatt im Buche; und dieſe Blaͤtter wurden demjenigen
zugeſchrieben, der das Geld herſchoß. Dabey war es ein
Grundgeſetz in dieſer Colonie, daß darin keine liegende Gruͤnde
fuͤr baar Geld gekauft werden konnten. Man konnte fuͤr
Geld ein Blatt in der Bank, und fuͤr das Blatt in der Bank
einen Morgen Landes kaufen, aber nicht anders. Beweg-
liches Vermoͤgen hingegen mußte mit klingender Muͤnze und
nicht mit Bankblaͤtter bezahlet werden. Eben dieſe Einrich-
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