Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.
sen, und den gemeinen Beytrag nach dem Verhältniß des
freyen Ueberschusses auszuschreiben. Einer von beyden muß
die Regel seyn, entweder haftet die halbe Actie oder ein jeder
ander durch einen allgemeinen Schluß bestimmter Theil für
die Ausgaben der Compagnie, und über die andre Hälfte
mögen Pächter und Verpächter nach ihrem freyen Willen con-
trahiren; oder die ganze Actie wird in das Compagniekata-
ster eingetragen, und der Verpächter muß nachstehn, so oft
die nothwendigen gemeinen Ausgaben so weit gehen, daß er
seine Pacht nicht erhalten kan. Wo es anders gehalten wird,
da wird der billigste Verpächter von dem unbilligen hintergan-
gen. Jedoch wir müssen noch etwas von den Personen sa-
gen, welche die Actie besitzen.

Die Abtheilung derselben hat viele Schwierigkeiten, weil
es unsrer Sprache an geschickten Ausdrückten mangelt, und
der Gebrauch so eigensinnig ist, daß er oft die wiedersinnig-
sten Dinge mit einander verknüpft; wie zum Exempel in dem
Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufgebracht,
aber doch ganz wiedersinnig ist. Denn die Benennung adel
soll den höchsten Grad einer ursprünglichen Freyheit erschöpfen;
und man konnte nicht freyadlich sagen, als bis man die,
welche sich zu Dienste verpflichtet und ihren Adel damit auf-
gegeben hatten, auch noch aus Gefälligkeit edle nannte. Aus-
serdem ist das Wort frey immer nur relativ, und bedeutet
eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen sind, können Freye
und Hochfreye genannt werden, wenn sie durch Privilegien
von gemeinen Lasten befreyet sind. Dieses macht die Ein-
theilung sehr schwer.

Mir hat indessen allemal die Eintheilung in Wehren und
Leute die beste zu seyn geschienen. Erstere gehören für ihre

Per-
K 4

Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.
ſen, und den gemeinen Beytrag nach dem Verhaͤltniß des
freyen Ueberſchuſſes auszuſchreiben. Einer von beyden muß
die Regel ſeyn, entweder haftet die halbe Actie oder ein jeder
ander durch einen allgemeinen Schluß beſtimmter Theil fuͤr
die Ausgaben der Compagnie, und uͤber die andre Haͤlfte
moͤgen Paͤchter und Verpaͤchter nach ihrem freyen Willen con-
trahiren; oder die ganze Actie wird in das Compagniekata-
ſter eingetragen, und der Verpaͤchter muß nachſtehn, ſo oft
die nothwendigen gemeinen Ausgaben ſo weit gehen, daß er
ſeine Pacht nicht erhalten kan. Wo es anders gehalten wird,
da wird der billigſte Verpaͤchter von dem unbilligen hintergan-
gen. Jedoch wir muͤſſen noch etwas von den Perſonen ſa-
gen, welche die Actie beſitzen.

Die Abtheilung derſelben hat viele Schwierigkeiten, weil
es unſrer Sprache an geſchickten Ausdruͤckten mangelt, und
der Gebrauch ſo eigenſinnig iſt, daß er oft die wiederſinnig-
ſten Dinge mit einander verknuͤpft; wie zum Exempel in dem
Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufgebracht,
aber doch ganz wiederſinnig iſt. Denn die Benennung adel
ſoll den hoͤchſten Grad einer urſpruͤnglichen Freyheit erſchoͤpfen;
und man konnte nicht freyadlich ſagen, als bis man die,
welche ſich zu Dienſte verpflichtet und ihren Adel damit auf-
gegeben hatten, auch noch aus Gefaͤlligkeit edle nannte. Auſ-
ſerdem iſt das Wort frey immer nur relativ, und bedeutet
eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen ſind, koͤnnen Freye
und Hochfreye genannt werden, wenn ſie durch Privilegien
von gemeinen Laſten befreyet ſind. Dieſes macht die Ein-
theilung ſehr ſchwer.

Mir hat indeſſen allemal die Eintheilung in Wehren und
Leute die beſte zu ſeyn geſchienen. Erſtere gehoͤren fuͤr ihre

Per-
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0169" n="151"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en, und den gemeinen Beytrag nach dem Verha&#x0364;ltniß des<lb/>
freyen Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es auszu&#x017F;chreiben. Einer von beyden muß<lb/>
die Regel &#x017F;eyn, entweder haftet die halbe Actie oder ein jeder<lb/>
ander durch einen allgemeinen Schluß be&#x017F;timmter Theil fu&#x0364;r<lb/>
die Ausgaben der Compagnie, und u&#x0364;ber die andre Ha&#x0364;lfte<lb/>
mo&#x0364;gen Pa&#x0364;chter und Verpa&#x0364;chter nach ihrem freyen Willen con-<lb/>
trahiren; oder die ganze Actie wird in das Compagniekata-<lb/>
&#x017F;ter eingetragen, und der Verpa&#x0364;chter muß nach&#x017F;tehn, &#x017F;o oft<lb/>
die nothwendigen gemeinen Ausgaben &#x017F;o weit gehen, daß er<lb/>
&#x017F;eine Pacht nicht erhalten kan. Wo es anders gehalten wird,<lb/>
da wird der billig&#x017F;te Verpa&#x0364;chter von dem unbilligen hintergan-<lb/>
gen. Jedoch wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noch etwas von den <hi rendition="#fr">Per&#x017F;onen</hi> &#x017F;a-<lb/>
gen, welche die Actie be&#x017F;itzen.</p><lb/>
        <p>Die Abtheilung der&#x017F;elben hat viele Schwierigkeiten, weil<lb/>
es un&#x017F;rer Sprache an ge&#x017F;chickten Ausdru&#x0364;ckten mangelt, und<lb/>
der Gebrauch &#x017F;o eigen&#x017F;innig i&#x017F;t, daß er oft die wieder&#x017F;innig-<lb/>
&#x017F;ten Dinge mit einander verknu&#x0364;pft; wie zum Exempel in dem<lb/>
Worte: <hi rendition="#fr">freyadlich,</hi> welches zwar mit Recht aufgebracht,<lb/>
aber doch ganz wieder&#x017F;innig i&#x017F;t. Denn die Benennung <hi rendition="#fr">adel</hi><lb/>
&#x017F;oll den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grad einer ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Freyheit er&#x017F;cho&#x0364;pfen;<lb/>
und man konnte nicht <hi rendition="#fr">freyadlich</hi> &#x017F;agen, als bis man die,<lb/>
welche &#x017F;ich zu Dien&#x017F;te verpflichtet und ihren Adel damit auf-<lb/>
gegeben hatten, auch noch aus Gefa&#x0364;lligkeit <hi rendition="#fr">edle</hi> nannte. Au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erdem i&#x017F;t das Wort <hi rendition="#fr">frey</hi> immer nur relativ, und bedeutet<lb/>
eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen &#x017F;ind, ko&#x0364;nnen <hi rendition="#fr">Freye</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Hochfreye</hi> genannt werden, wenn &#x017F;ie durch Privilegien<lb/>
von gemeinen La&#x017F;ten befreyet &#x017F;ind. Die&#x017F;es macht die Ein-<lb/>
theilung &#x017F;ehr &#x017F;chwer.</p><lb/>
        <p>Mir hat inde&#x017F;&#x017F;en allemal die Eintheilung in <hi rendition="#fr">Wehren</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Leute</hi> die be&#x017F;te zu &#x017F;eyn ge&#x017F;chienen. Er&#x017F;tere geho&#x0364;ren fu&#x0364;r ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Per-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0169] Der Bauerhof als eine Actie betrachtet. ſen, und den gemeinen Beytrag nach dem Verhaͤltniß des freyen Ueberſchuſſes auszuſchreiben. Einer von beyden muß die Regel ſeyn, entweder haftet die halbe Actie oder ein jeder ander durch einen allgemeinen Schluß beſtimmter Theil fuͤr die Ausgaben der Compagnie, und uͤber die andre Haͤlfte moͤgen Paͤchter und Verpaͤchter nach ihrem freyen Willen con- trahiren; oder die ganze Actie wird in das Compagniekata- ſter eingetragen, und der Verpaͤchter muß nachſtehn, ſo oft die nothwendigen gemeinen Ausgaben ſo weit gehen, daß er ſeine Pacht nicht erhalten kan. Wo es anders gehalten wird, da wird der billigſte Verpaͤchter von dem unbilligen hintergan- gen. Jedoch wir muͤſſen noch etwas von den Perſonen ſa- gen, welche die Actie beſitzen. Die Abtheilung derſelben hat viele Schwierigkeiten, weil es unſrer Sprache an geſchickten Ausdruͤckten mangelt, und der Gebrauch ſo eigenſinnig iſt, daß er oft die wiederſinnig- ſten Dinge mit einander verknuͤpft; wie zum Exempel in dem Worte: freyadlich, welches zwar mit Recht aufgebracht, aber doch ganz wiederſinnig iſt. Denn die Benennung adel ſoll den hoͤchſten Grad einer urſpruͤnglichen Freyheit erſchoͤpfen; und man konnte nicht freyadlich ſagen, als bis man die, welche ſich zu Dienſte verpflichtet und ihren Adel damit auf- gegeben hatten, auch noch aus Gefaͤlligkeit edle nannte. Auſ- ſerdem iſt das Wort frey immer nur relativ, und bedeutet eine Ausnahme, und Leute die Leibeigen ſind, koͤnnen Freye und Hochfreye genannt werden, wenn ſie durch Privilegien von gemeinen Laſten befreyet ſind. Dieſes macht die Ein- theilung ſehr ſchwer. Mir hat indeſſen allemal die Eintheilung in Wehren und Leute die beſte zu ſeyn geſchienen. Erſtere gehoͤren fuͤr ihre Per- K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/169
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/169>, abgerufen am 22.11.2024.