Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

als die überh. Aush. der Bauerhöfe.
Futtersäcke der zugespanneten Heuerleute, und deren ihre
ohnmächtigen Pferde überweg zog, aber auch darüber stürzte.

Ich glaube also den Satz annehmen zu können, daß die
zu gleicher Reihe verpflichteten Unterthanen eigentlich ein
gleiches und allemal ein ziemliches Eigenthum im Staate
haben müssen, welches demselben auf den Nothfall zur
Sicherheit verhaftet bleibt, und das Unterpfand ausmacht,
worauf er zur Zeit der zunehmenden öffentlichen Lasten grei-
fen könne. Dieses Eigenthum ist in der Erbpacht, und in
andern Landsittlichen Besetzungsarten immer einigermaßen
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am
Grunde, sondern nur in den Gebäuden und der Besserung
desselben bestehen sollte, welche deren Besitzer bey einer ge-
meinen Noth so leicht nicht verlassen werden. Es ist aber
nicht vorhanden, wo dem Verpächter sowohl der Grund als
die Gebäude zugehören, oder der Hof von seinem Besitzer
in der Maaße beschweret ist, daß sowohl Grund als Gebäude
nicht weiter als für das Capital der Abgiften und Zinsen
hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Sicherheit
übrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten den
Reihepflichtigen Hof unter haben, die bey dem geringsten
Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinnrade in
der Hand über die Grenze ziehen und beym ersten Sonnenschein
wieder hereinkommen können. Dergleichen geringe Leute
haben als Nebenwohner ihren Werth: Sie mögen auch wohl
von schatzbaren Höfen heuren. Allein die Hauptwirthschaft
auf einem Reihepflichtigen Hofe muß zum Besten und zur
Sicherheit des Staats nicht geschwächt, und auch nicht ver-
ändert werden.

Die gerade Linie besteht also darin, daß jeder Reihepflich-
tiger Unterthan ein für den Staat zulängliches Eigenthum

habe
Mösers patr. Phantas. II. Th. J

als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe.
Futterſaͤcke der zugeſpanneten Heuerleute, und deren ihre
ohnmaͤchtigen Pferde uͤberweg zog, aber auch daruͤber ſtuͤrzte.

Ich glaube alſo den Satz annehmen zu koͤnnen, daß die
zu gleicher Reihe verpflichteten Unterthanen eigentlich ein
gleiches und allemal ein ziemliches Eigenthum im Staate
haben muͤſſen, welches demſelben auf den Nothfall zur
Sicherheit verhaftet bleibt, und das Unterpfand ausmacht,
worauf er zur Zeit der zunehmenden oͤffentlichen Laſten grei-
fen koͤnne. Dieſes Eigenthum iſt in der Erbpacht, und in
andern Landſittlichen Beſetzungsarten immer einigermaßen
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am
Grunde, ſondern nur in den Gebaͤuden und der Beſſerung
deſſelben beſtehen ſollte, welche deren Beſitzer bey einer ge-
meinen Noth ſo leicht nicht verlaſſen werden. Es iſt aber
nicht vorhanden, wo dem Verpaͤchter ſowohl der Grund als
die Gebaͤude zugehoͤren, oder der Hof von ſeinem Beſitzer
in der Maaße beſchweret iſt, daß ſowohl Grund als Gebaͤude
nicht weiter als fuͤr das Capital der Abgiften und Zinſen
hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Sicherheit
uͤbrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten den
Reihepflichtigen Hof unter haben, die bey dem geringſten
Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinnrade in
der Hand uͤber die Grenze ziehen und beym erſten Sonnenſchein
wieder hereinkommen koͤnnen. Dergleichen geringe Leute
haben als Nebenwohner ihren Werth: Sie moͤgen auch wohl
von ſchatzbaren Hoͤfen heuren. Allein die Hauptwirthſchaft
auf einem Reihepflichtigen Hofe muß zum Beſten und zur
Sicherheit des Staats nicht geſchwaͤcht, und auch nicht ver-
aͤndert werden.

Die gerade Linie beſteht alſo darin, daß jeder Reihepflich-
tiger Unterthan ein fuͤr den Staat zulaͤngliches Eigenthum

habe
Möſers patr. Phantaſ. II. Th. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als die u&#x0364;berh. Aush. der Bauerho&#x0364;fe.</hi></fw><lb/>
Futter&#x017F;a&#x0364;cke der zuge&#x017F;panneten Heuerleute, und deren ihre<lb/>
ohnma&#x0364;chtigen Pferde u&#x0364;berweg zog, aber auch daru&#x0364;ber &#x017F;tu&#x0364;rzte.</p><lb/>
        <p>Ich glaube al&#x017F;o den Satz annehmen zu ko&#x0364;nnen, daß die<lb/>
zu gleicher Reihe verpflichteten Unterthanen eigentlich ein<lb/>
gleiches und allemal ein ziemliches Eigenthum im Staate<lb/>
haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welches dem&#x017F;elben auf den Nothfall zur<lb/>
Sicherheit verhaftet bleibt, und das Unterpfand ausmacht,<lb/>
worauf er zur Zeit der zunehmenden o&#x0364;ffentlichen La&#x017F;ten grei-<lb/>
fen ko&#x0364;nne. Die&#x017F;es Eigenthum i&#x017F;t in der Erbpacht, und in<lb/>
andern Land&#x017F;ittlichen Be&#x017F;etzungsarten immer einigermaßen<lb/>
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am<lb/>
Grunde, &#x017F;ondern nur in den Geba&#x0364;uden und der Be&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben be&#x017F;tehen &#x017F;ollte, welche deren Be&#x017F;itzer bey einer ge-<lb/>
meinen Noth &#x017F;o leicht nicht verla&#x017F;&#x017F;en werden. Es i&#x017F;t aber<lb/>
nicht vorhanden, wo dem Verpa&#x0364;chter &#x017F;owohl der Grund als<lb/>
die Geba&#x0364;ude zugeho&#x0364;ren, oder der Hof von &#x017F;einem Be&#x017F;itzer<lb/>
in der Maaße be&#x017F;chweret i&#x017F;t, daß &#x017F;owohl Grund als Geba&#x0364;ude<lb/>
nicht weiter als fu&#x0364;r das Capital der Abgiften und Zin&#x017F;en<lb/>
hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Sicherheit<lb/>
u&#x0364;brig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten den<lb/>
Reihepflichtigen Hof unter haben, die bey dem gering&#x017F;ten<lb/>
Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinnrade in<lb/>
der Hand u&#x0364;ber die Grenze ziehen und beym er&#x017F;ten Sonnen&#x017F;chein<lb/>
wieder hereinkommen ko&#x0364;nnen. Dergleichen geringe Leute<lb/>
haben als Nebenwohner ihren Werth: Sie mo&#x0364;gen auch wohl<lb/>
von &#x017F;chatzbaren Ho&#x0364;fen heuren. Allein die Hauptwirth&#x017F;chaft<lb/>
auf einem Reihepflichtigen Hofe muß zum Be&#x017F;ten und zur<lb/>
Sicherheit des Staats nicht ge&#x017F;chwa&#x0364;cht, und auch nicht ver-<lb/>
a&#x0364;ndert werden.</p><lb/>
        <p>Die gerade Linie be&#x017F;teht al&#x017F;o darin, daß jeder Reihepflich-<lb/>
tiger Unterthan ein fu&#x0364;r den Staat zula&#x0364;ngliches Eigenthum<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">&#x017F;ers patr. Phanta&#x017F;.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> J</fw><fw place="bottom" type="catch">habe</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0147] als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe. Futterſaͤcke der zugeſpanneten Heuerleute, und deren ihre ohnmaͤchtigen Pferde uͤberweg zog, aber auch daruͤber ſtuͤrzte. Ich glaube alſo den Satz annehmen zu koͤnnen, daß die zu gleicher Reihe verpflichteten Unterthanen eigentlich ein gleiches und allemal ein ziemliches Eigenthum im Staate haben muͤſſen, welches demſelben auf den Nothfall zur Sicherheit verhaftet bleibt, und das Unterpfand ausmacht, worauf er zur Zeit der zunehmenden oͤffentlichen Laſten grei- fen koͤnne. Dieſes Eigenthum iſt in der Erbpacht, und in andern Landſittlichen Beſetzungsarten immer einigermaßen vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am Grunde, ſondern nur in den Gebaͤuden und der Beſſerung deſſelben beſtehen ſollte, welche deren Beſitzer bey einer ge- meinen Noth ſo leicht nicht verlaſſen werden. Es iſt aber nicht vorhanden, wo dem Verpaͤchter ſowohl der Grund als die Gebaͤude zugehoͤren, oder der Hof von ſeinem Beſitzer in der Maaße beſchweret iſt, daß ſowohl Grund als Gebaͤude nicht weiter als fuͤr das Capital der Abgiften und Zinſen hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Sicherheit uͤbrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten den Reihepflichtigen Hof unter haben, die bey dem geringſten Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinnrade in der Hand uͤber die Grenze ziehen und beym erſten Sonnenſchein wieder hereinkommen koͤnnen. Dergleichen geringe Leute haben als Nebenwohner ihren Werth: Sie moͤgen auch wohl von ſchatzbaren Hoͤfen heuren. Allein die Hauptwirthſchaft auf einem Reihepflichtigen Hofe muß zum Beſten und zur Sicherheit des Staats nicht geſchwaͤcht, und auch nicht ver- aͤndert werden. Die gerade Linie beſteht alſo darin, daß jeder Reihepflich- tiger Unterthan ein fuͤr den Staat zulaͤngliches Eigenthum habe Möſers patr. Phantaſ. II. Th. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/147
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/147>, abgerufen am 22.11.2024.