Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

als die überh. Aush. der Bauerhöfe.
ursache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landeigenthü-
mer und hundert solche Heuerleute mit einander einen gleichen
Strang ziehen sollen, diese gegen jene zur Zeit der Noth nicht
aushalten können; sondern entweder davon gehen, oder ste-
cken bleiben, mithin den ersten die ganze Bürde tragen las-
sen müssen. Der Feind, sagten sie, welcher ein Land brand-
schatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Höfe, die er auch
würklich enthält, und richtet seine Forderung an Geld, Fuh-
ren und Lieferungen darnach ein. Wenn es aber zur Bezah-
lung kömmt: so sind diejenigen, welche nichts übrig haben,
weiter nichts als leere Namen auf dem Papier, und die an-
dern müssen noch dazu für sie bezahlen. Fordert der Staat,
zur Zeit einer gemeinen Noth, in der Voraussetzung, daß
zweyhundert Wirthe: so sind die Hälfte davon blind; und
steigt die Noth zu einer gewissen Höhe: so, daß die Heuer-
leute nichts mehr zu verliehren haben, so entweichen sie aus
dem Staat, und verlassen ihre Mitbürger, mit denen sie
vielleicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des
Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge-
setzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthümer Leib-
und Lebensstrafen einführen, weil die Landesverweisung für
einen Heuerling keine Strafe bleibt: oder sie muß wohl gar
auf Kosten der Eigenthümer, für welche die Verweisung eine
überaus schwere Strafe ist, ein Zuchthaus anlegen, um die
Flüchtlinge in Ordnung zu halten.

Aus diesen und mehrern Gründen, welche ich jetzt nicht
anführen will, litten sie auf schatzbare Höfe keine Heuerleute;
sondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die öffentliche
Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom Hofe mit
seinem ganzen Vermögen behauptet werden konnte, einen
freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Privatabgif-

ten.

als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe.
urſache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landeigenthuͤ-
mer und hundert ſolche Heuerleute mit einander einen gleichen
Strang ziehen ſollen, dieſe gegen jene zur Zeit der Noth nicht
aushalten koͤnnen; ſondern entweder davon gehen, oder ſte-
cken bleiben, mithin den erſten die ganze Buͤrde tragen laſ-
ſen muͤſſen. Der Feind, ſagten ſie, welcher ein Land brand-
ſchatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Hoͤfe, die er auch
wuͤrklich enthaͤlt, und richtet ſeine Forderung an Geld, Fuh-
ren und Lieferungen darnach ein. Wenn es aber zur Bezah-
lung koͤmmt: ſo ſind diejenigen, welche nichts uͤbrig haben,
weiter nichts als leere Namen auf dem Papier, und die an-
dern muͤſſen noch dazu fuͤr ſie bezahlen. Fordert der Staat,
zur Zeit einer gemeinen Noth, in der Vorausſetzung, daß
zweyhundert Wirthe: ſo ſind die Haͤlfte davon blind; und
ſteigt die Noth zu einer gewiſſen Hoͤhe: ſo, daß die Heuer-
leute nichts mehr zu verliehren haben, ſo entweichen ſie aus
dem Staat, und verlaſſen ihre Mitbuͤrger, mit denen ſie
vielleicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des
Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge-
ſetzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthuͤmer Leib-
und Lebensſtrafen einfuͤhren, weil die Landesverweiſung fuͤr
einen Heuerling keine Strafe bleibt: oder ſie muß wohl gar
auf Koſten der Eigenthuͤmer, fuͤr welche die Verweiſung eine
uͤberaus ſchwere Strafe iſt, ein Zuchthaus anlegen, um die
Fluͤchtlinge in Ordnung zu halten.

Aus dieſen und mehrern Gruͤnden, welche ich jetzt nicht
anfuͤhren will, litten ſie auf ſchatzbare Hoͤfe keine Heuerleute;
ſondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die oͤffentliche
Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom Hofe mit
ſeinem ganzen Vermoͤgen behauptet werden konnte, einen
freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Privatabgif-

ten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="127"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als die u&#x0364;berh. Aush. der Bauerho&#x0364;fe.</hi></fw><lb/>
ur&#x017F;ache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landeigenthu&#x0364;-<lb/>
mer und hundert &#x017F;olche Heuerleute mit einander einen <hi rendition="#fr">gleichen</hi><lb/>
Strang ziehen &#x017F;ollen, die&#x017F;e gegen jene zur Zeit der Noth nicht<lb/>
aushalten ko&#x0364;nnen; &#x017F;ondern entweder davon gehen, oder &#x017F;te-<lb/>
cken bleiben, mithin den er&#x017F;ten die ganze Bu&#x0364;rde tragen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Der Feind, &#x017F;agten &#x017F;ie, welcher ein Land brand-<lb/>
&#x017F;chatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Ho&#x0364;fe, die er auch<lb/>
wu&#x0364;rklich entha&#x0364;lt, und richtet &#x017F;eine Forderung an Geld, Fuh-<lb/>
ren und Lieferungen darnach ein. Wenn es aber zur Bezah-<lb/>
lung ko&#x0364;mmt: &#x017F;o &#x017F;ind diejenigen, welche nichts u&#x0364;brig haben,<lb/>
weiter nichts als leere Namen auf dem Papier, und die an-<lb/>
dern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noch dazu fu&#x0364;r &#x017F;ie bezahlen. Fordert der Staat,<lb/>
zur Zeit einer gemeinen Noth, in der Voraus&#x017F;etzung, daß<lb/>
zweyhundert Wirthe: &#x017F;o &#x017F;ind die Ha&#x0364;lfte davon blind; und<lb/>
&#x017F;teigt die Noth zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en Ho&#x0364;he: &#x017F;o, daß die Heuer-<lb/>
leute nichts mehr zu verliehren haben, &#x017F;o entweichen &#x017F;ie aus<lb/>
dem Staat, und verla&#x017F;&#x017F;en ihre Mitbu&#x0364;rger, mit denen &#x017F;ie<lb/>
vielleicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des<lb/>
Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthu&#x0364;mer Leib-<lb/>
und Lebens&#x017F;trafen einfu&#x0364;hren, weil die Landesverwei&#x017F;ung fu&#x0364;r<lb/>
einen Heuerling keine Strafe bleibt: oder &#x017F;ie muß wohl gar<lb/>
auf Ko&#x017F;ten der Eigenthu&#x0364;mer, fu&#x0364;r welche die Verwei&#x017F;ung eine<lb/>
u&#x0364;beraus &#x017F;chwere Strafe i&#x017F;t, ein Zuchthaus anlegen, um die<lb/>
Flu&#x0364;chtlinge in Ordnung zu halten.</p><lb/>
        <p>Aus die&#x017F;en und mehrern Gru&#x0364;nden, welche ich jetzt nicht<lb/>
anfu&#x0364;hren will, litten &#x017F;ie auf &#x017F;chatzbare Ho&#x0364;fe keine Heuerleute;<lb/>
&#x017F;ondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die o&#x0364;ffentliche<lb/>
Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom Hofe mit<lb/>
&#x017F;einem ganzen Vermo&#x0364;gen behauptet werden konnte, einen<lb/>
freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Privatabgif-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0145] als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe. urſache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landeigenthuͤ- mer und hundert ſolche Heuerleute mit einander einen gleichen Strang ziehen ſollen, dieſe gegen jene zur Zeit der Noth nicht aushalten koͤnnen; ſondern entweder davon gehen, oder ſte- cken bleiben, mithin den erſten die ganze Buͤrde tragen laſ- ſen muͤſſen. Der Feind, ſagten ſie, welcher ein Land brand- ſchatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Hoͤfe, die er auch wuͤrklich enthaͤlt, und richtet ſeine Forderung an Geld, Fuh- ren und Lieferungen darnach ein. Wenn es aber zur Bezah- lung koͤmmt: ſo ſind diejenigen, welche nichts uͤbrig haben, weiter nichts als leere Namen auf dem Papier, und die an- dern muͤſſen noch dazu fuͤr ſie bezahlen. Fordert der Staat, zur Zeit einer gemeinen Noth, in der Vorausſetzung, daß zweyhundert Wirthe: ſo ſind die Haͤlfte davon blind; und ſteigt die Noth zu einer gewiſſen Hoͤhe: ſo, daß die Heuer- leute nichts mehr zu verliehren haben, ſo entweichen ſie aus dem Staat, und verlaſſen ihre Mitbuͤrger, mit denen ſie vielleicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge- ſetzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthuͤmer Leib- und Lebensſtrafen einfuͤhren, weil die Landesverweiſung fuͤr einen Heuerling keine Strafe bleibt: oder ſie muß wohl gar auf Koſten der Eigenthuͤmer, fuͤr welche die Verweiſung eine uͤberaus ſchwere Strafe iſt, ein Zuchthaus anlegen, um die Fluͤchtlinge in Ordnung zu halten. Aus dieſen und mehrern Gruͤnden, welche ich jetzt nicht anfuͤhren will, litten ſie auf ſchatzbare Hoͤfe keine Heuerleute; ſondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die oͤffentliche Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom Hofe mit ſeinem ganzen Vermoͤgen behauptet werden konnte, einen freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Privatabgif- ten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/145
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/145>, abgerufen am 22.11.2024.