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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Colonisten in Westphaleu zu ziehen.
wenn die Sache nur in der Folge glücklich gehen solte, anneh-
men können, daß der Heideacker immer jährlich so viel Stroh
wiederbrächte, als zu seiner Düngung in der Folge erfordert
wird; dies ist aber wider die Erfahrung. Ein Mann, dem
ich 24 Maltersaat Heidegrund wohl bestellt und wohl gedüngt
mit der Bedingung untergebe, daß er diese Länderey künftig
mit demjenigen Stroh was darauf wächst und dem Viehe was
darauf gehalten werden kann, düngen solle, bauet sich darauf
gewiß in 30 Jahren zum armen Manne. Die Heide kann
nicht gebrachet werden; folglich muß er Jahr aus Jahr ein
alle 24 Malter bestellen. Sie erfordert fast durchgehends alle
Jahr frischen Dünger; und der Mann soll noch gebohren wer-
den, der 24 Maltersaat dieses Grundes, jährlich mit demje-
nigen bestellen will, was darauf gezogen werden kann.

Ich zweifle auch noch sehr, daß Sie ein Futterkraut,
wenn das Land dazu zwey Jahr gedüngt wird, nur auf 6
Jahr in der Heide erhalten werden. Das dritte und vierte
geht an. Aber im fünften scheint die Heide schon durch, und
im sechsten hat sie die Oberhand, wo sie nicht in den beyden
lezten Jahren noch etwas nachdüngen; und wenn dieses ge-
schehen muß: so ist es besser Korn als Futter zu bauen. In
England, wo man sechs Jahr; und in Holstein, wo man
9 Jahr bracht, sind die Futterkräuter mit Vortheil zu ziehen,
welche 6 Jahr und 9 Jahr dauren, ohne weiter nachgedüngt
zu werden; aber hier, wo gar nicht gebracht, und fast jähr-
lich gedüngt werden muß, ist es in jener Maasse und zum völ-
ligen Anbau der Heide ein eitles Project.

Die Colonien in Amerika, welche sich auf dem Land-
bau gründen, sind alle auf die Art angelegt worden, daß ei-
ner mehr als zehnmal so viel Raum eingenommen, als er
würklich gebraucht hat. Dazu sind noch unendlich viele Nutzun-

gen

Coloniſten in Weſtphaleu zu ziehen.
wenn die Sache nur in der Folge gluͤcklich gehen ſolte, anneh-
men koͤnnen, daß der Heideacker immer jaͤhrlich ſo viel Stroh
wiederbraͤchte, als zu ſeiner Duͤngung in der Folge erfordert
wird; dies iſt aber wider die Erfahrung. Ein Mann, dem
ich 24 Malterſaat Heidegrund wohl beſtellt und wohl geduͤngt
mit der Bedingung untergebe, daß er dieſe Laͤnderey kuͤnftig
mit demjenigen Stroh was darauf waͤchſt und dem Viehe was
darauf gehalten werden kann, duͤngen ſolle, bauet ſich darauf
gewiß in 30 Jahren zum armen Manne. Die Heide kann
nicht gebrachet werden; folglich muß er Jahr aus Jahr ein
alle 24 Malter beſtellen. Sie erfordert faſt durchgehends alle
Jahr friſchen Duͤnger; und der Mann ſoll noch gebohren wer-
den, der 24 Malterſaat dieſes Grundes, jaͤhrlich mit demje-
nigen beſtellen will, was darauf gezogen werden kann.

Ich zweifle auch noch ſehr, daß Sie ein Futterkraut,
wenn das Land dazu zwey Jahr geduͤngt wird, nur auf 6
Jahr in der Heide erhalten werden. Das dritte und vierte
geht an. Aber im fuͤnften ſcheint die Heide ſchon durch, und
im ſechſten hat ſie die Oberhand, wo ſie nicht in den beyden
lezten Jahren noch etwas nachduͤngen; und wenn dieſes ge-
ſchehen muß: ſo iſt es beſſer Korn als Futter zu bauen. In
England, wo man ſechs Jahr; und in Holſtein, wo man
9 Jahr bracht, ſind die Futterkraͤuter mit Vortheil zu ziehen,
welche 6 Jahr und 9 Jahr dauren, ohne weiter nachgeduͤngt
zu werden; aber hier, wo gar nicht gebracht, und faſt jaͤhr-
lich geduͤngt werden muß, iſt es in jener Maaſſe und zum voͤl-
ligen Anbau der Heide ein eitles Project.

Die Colonien in Amerika, welche ſich auf dem Land-
bau gruͤnden, ſind alle auf die Art angelegt worden, daß ei-
ner mehr als zehnmal ſo viel Raum eingenommen, als er
wuͤrklich gebraucht hat. Dazu ſind noch unendlich viele Nutzun-

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[347/0365] Coloniſten in Weſtphaleu zu ziehen. wenn die Sache nur in der Folge gluͤcklich gehen ſolte, anneh- men koͤnnen, daß der Heideacker immer jaͤhrlich ſo viel Stroh wiederbraͤchte, als zu ſeiner Duͤngung in der Folge erfordert wird; dies iſt aber wider die Erfahrung. Ein Mann, dem ich 24 Malterſaat Heidegrund wohl beſtellt und wohl geduͤngt mit der Bedingung untergebe, daß er dieſe Laͤnderey kuͤnftig mit demjenigen Stroh was darauf waͤchſt und dem Viehe was darauf gehalten werden kann, duͤngen ſolle, bauet ſich darauf gewiß in 30 Jahren zum armen Manne. Die Heide kann nicht gebrachet werden; folglich muß er Jahr aus Jahr ein alle 24 Malter beſtellen. Sie erfordert faſt durchgehends alle Jahr friſchen Duͤnger; und der Mann ſoll noch gebohren wer- den, der 24 Malterſaat dieſes Grundes, jaͤhrlich mit demje- nigen beſtellen will, was darauf gezogen werden kann. Ich zweifle auch noch ſehr, daß Sie ein Futterkraut, wenn das Land dazu zwey Jahr geduͤngt wird, nur auf 6 Jahr in der Heide erhalten werden. Das dritte und vierte geht an. Aber im fuͤnften ſcheint die Heide ſchon durch, und im ſechſten hat ſie die Oberhand, wo ſie nicht in den beyden lezten Jahren noch etwas nachduͤngen; und wenn dieſes ge- ſchehen muß: ſo iſt es beſſer Korn als Futter zu bauen. In England, wo man ſechs Jahr; und in Holſtein, wo man 9 Jahr bracht, ſind die Futterkraͤuter mit Vortheil zu ziehen, welche 6 Jahr und 9 Jahr dauren, ohne weiter nachgeduͤngt zu werden; aber hier, wo gar nicht gebracht, und faſt jaͤhr- lich geduͤngt werden muß, iſt es in jener Maaſſe und zum voͤl- ligen Anbau der Heide ein eitles Project. Die Colonien in Amerika, welche ſich auf dem Land- bau gruͤnden, ſind alle auf die Art angelegt worden, daß ei- ner mehr als zehnmal ſo viel Raum eingenommen, als er wuͤrklich gebraucht hat. Dazu ſind noch unendlich viele Nutzun- gen

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/365>, abgerufen am 22.11.2024.