terhalten; und nichts ist gewisser, als daß nach der Wendung, welche die Sachen nehmen, in hundert Jahren die National- miliz überall das Hauptwesen ausmachen, und Freyheit und Eigenthum, welche sonst bey der Fortdauer unser jetzigen Verfassung zu Grunde gehen muß, von neuen befestigen werde.
Die vierte Ursache des städtischen Verfalls ist, daß das beschwerliche der alten Einrichtungen beybehalten und das nütz- liche davon verlohren ist. Das Regiment ist durch den Ver- lust seiner Ehre auseinander gejagt und die Officiers sind ge- blieben. Eine Stadt hat ehedem leicht dreytausend wehrhaf- ter Bürger gehabt; jetzt sind deren an manchen Orten keine fünfhundert vorhanden; und doch sollen diese den General- stab oder den Magistrat nach dem ersten Plan unterhalten. Dies ist nicht möglich; und so verläuft ein Bürger nach dem andern das Regiment, und setzt sich in Freyheit aufs Land.
Es muß daher entweder die alte Verfassung durch Mit- theilung der nöthigen Ehre wieder hergestellet oder aber auch dasjenige, was davon zurück geblieben, völlig aufgehoben, und für den ganzen Generalstab ein einziger Amtmann mit einem tüchtigen Schreiben eingeführet werden, wofern an- ders die noch übrigen Bürger unter der Last nicht erliegen sollen. Alsdenn aber sind die Bürger, wofern man sie nicht willkührlich behandeln will, keiner andern Steuer als den all- gemeinen Landsteuren unterworfen, und das ganze Land ist schuldig ihnen für jeden einquartierten Soldaten die Miethe, für jede Wache so sie außer der gemeinen Reihe thun, den Lohn; und für jedes Vollwerk die Unterhaltungskosten zu be- zahlen. Geschicht dieses nicht: so zieht sich jeder aus einem so beschwerlichen Kefigt heraus; und die Stadt höret allmäh- lig auf Stadt zu seyn.
Eine
Von dem Verfall des Handwerks
terhalten; und nichts iſt gewiſſer, als daß nach der Wendung, welche die Sachen nehmen, in hundert Jahren die National- miliz uͤberall das Hauptweſen ausmachen, und Freyheit und Eigenthum, welche ſonſt bey der Fortdauer unſer jetzigen Verfaſſung zu Grunde gehen muß, von neuen befeſtigen werde.
Die vierte Urſache des ſtaͤdtiſchen Verfalls iſt, daß das beſchwerliche der alten Einrichtungen beybehalten und das nuͤtz- liche davon verlohren iſt. Das Regiment iſt durch den Ver- luſt ſeiner Ehre auseinander gejagt und die Officiers ſind ge- blieben. Eine Stadt hat ehedem leicht dreytauſend wehrhaf- ter Buͤrger gehabt; jetzt ſind deren an manchen Orten keine fuͤnfhundert vorhanden; und doch ſollen dieſe den General- ſtab oder den Magiſtrat nach dem erſten Plan unterhalten. Dies iſt nicht moͤglich; und ſo verlaͤuft ein Buͤrger nach dem andern das Regiment, und ſetzt ſich in Freyheit aufs Land.
Es muß daher entweder die alte Verfaſſung durch Mit- theilung der noͤthigen Ehre wieder hergeſtellet oder aber auch dasjenige, was davon zuruͤck geblieben, voͤllig aufgehoben, und fuͤr den ganzen Generalſtab ein einziger Amtmann mit einem tuͤchtigen Schreiben eingefuͤhret werden, wofern an- ders die noch uͤbrigen Buͤrger unter der Laſt nicht erliegen ſollen. Alsdenn aber ſind die Buͤrger, wofern man ſie nicht willkuͤhrlich behandeln will, keiner andern Steuer als den all- gemeinen Landſteuren unterworfen, und das ganze Land iſt ſchuldig ihnen fuͤr jeden einquartierten Soldaten die Miethe, fuͤr jede Wache ſo ſie außer der gemeinen Reihe thun, den Lohn; und fuͤr jedes Vollwerk die Unterhaltungskoſten zu be- zahlen. Geſchicht dieſes nicht: ſo zieht ſich jeder aus einem ſo beſchwerlichen Kefigt heraus; und die Stadt hoͤret allmaͤh- lig auf Stadt zu ſeyn.
Eine
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Von dem Verfall des Handwerks
terhalten; und nichts iſt gewiſſer, als daß nach der Wendung,
welche die Sachen nehmen, in hundert Jahren die National-
miliz uͤberall das Hauptweſen ausmachen, und Freyheit und
Eigenthum, welche ſonſt bey der Fortdauer unſer jetzigen
Verfaſſung zu Grunde gehen muß, von neuen befeſtigen
werde.
Die vierte Urſache des ſtaͤdtiſchen Verfalls iſt, daß das
beſchwerliche der alten Einrichtungen beybehalten und das nuͤtz-
liche davon verlohren iſt. Das Regiment iſt durch den Ver-
luſt ſeiner Ehre auseinander gejagt und die Officiers ſind ge-
blieben. Eine Stadt hat ehedem leicht dreytauſend wehrhaf-
ter Buͤrger gehabt; jetzt ſind deren an manchen Orten keine
fuͤnfhundert vorhanden; und doch ſollen dieſe den General-
ſtab oder den Magiſtrat nach dem erſten Plan unterhalten.
Dies iſt nicht moͤglich; und ſo verlaͤuft ein Buͤrger nach dem
andern das Regiment, und ſetzt ſich in Freyheit aufs Land.
Es muß daher entweder die alte Verfaſſung durch Mit-
theilung der noͤthigen Ehre wieder hergeſtellet oder aber auch
dasjenige, was davon zuruͤck geblieben, voͤllig aufgehoben,
und fuͤr den ganzen Generalſtab ein einziger Amtmann mit
einem tuͤchtigen Schreiben eingefuͤhret werden, wofern an-
ders die noch uͤbrigen Buͤrger unter der Laſt nicht erliegen
ſollen. Alsdenn aber ſind die Buͤrger, wofern man ſie nicht
willkuͤhrlich behandeln will, keiner andern Steuer als den all-
gemeinen Landſteuren unterworfen, und das ganze Land iſt
ſchuldig ihnen fuͤr jeden einquartierten Soldaten die Miethe,
fuͤr jede Wache ſo ſie außer der gemeinen Reihe thun, den
Lohn; und fuͤr jedes Vollwerk die Unterhaltungskoſten zu be-
zahlen. Geſchicht dieſes nicht: ſo zieht ſich jeder aus einem
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/218>, abgerufen am 16.02.2025.
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