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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Von dem Verfall des Handwerks
meinen Vertheidigung ein verschiedenes und den Städten
schädliches Interesse herrschen. Daher ist es billig und noth-
wendig, daß eine Bilanz gemacht, und dazu ein Satz von
der Art, wie er sich vieler Orten findet, angenommen werde;
nemlich:
Wenn einer Stadt zwey Bannmeilen zugestanden sind;
und diese zwey Bannmeilen zehntausend Thaler aufzu-
bringen haben, sollen 9 Theile vom Acker und der Zehnte
von dem städtischen Fleiße entrichtet werden.

Durch diesen Satz vereiniget sich das Interesse der Stände;
und die schädliche Vermuthung fällt weg, daß ein Stand dem
andern die Lasten zuzuwelzen gedenke.

Ein solcher Satz, welcher blos nach den Bannmeilen
abgemessen wird, drückt den Groshandel der Städte nicht.
Dieser wird, weil er sonst nicht bestehen kann, nicht dadurch
beschweret, sondern denselben zur mehrern Ermunterung des
Fleißes, und des daher in die Wohlfarth des ganzen Landes
fliessenden Vortheils billig freygelassen. Ein solcher Satz
würde auch zugleich dazu dienen, die Last, welche die Städte
jetzt noch durch die Einquartierung für dem Lande voraus ha-
ben, in richtige Abrechnung zu bringen. Denn gesetzt, daß
eine Stadt sodann mit tausend Mann belegt würde: so wäre
nichts billigers und leichters als ihr für jeden Mann ein
sichers an ihrem Beytrage abziehen zu lassen, oder aber der-
selben, dasjenige zu vergüten, was sie über ihren Antheil an
den öffentlichen Lasten solchergestalt tragen müßte.

Zur dritten Ursache rechne ich den Abfall der gemeinen
Ehre. Zur Zeit, wie der Krieg noch mit Lehnleuten geführet
wurde, verhielten sich die Bürger zu den Lehnleuten, wie
ein Garnisonbataillon zum Feldbataillon; und mancher
treflicher Lehnmann trug gar kein Bedenken eine Compagnie
unter dem Garnisonbataillon anzunehmen. Aber durch die

große

Von dem Verfall des Handwerks
meinen Vertheidigung ein verſchiedenes und den Staͤdten
ſchaͤdliches Intereſſe herrſchen. Daher iſt es billig und noth-
wendig, daß eine Bilanz gemacht, und dazu ein Satz von
der Art, wie er ſich vieler Orten findet, angenommen werde;
nemlich:
Wenn einer Stadt zwey Bannmeilen zugeſtanden ſind;
und dieſe zwey Bannmeilen zehntauſend Thaler aufzu-
bringen haben, ſollen 9 Theile vom Acker und der Zehnte
von dem ſtaͤdtiſchen Fleiße entrichtet werden.

Durch dieſen Satz vereiniget ſich das Intereſſe der Staͤnde;
und die ſchaͤdliche Vermuthung faͤllt weg, daß ein Stand dem
andern die Laſten zuzuwelzen gedenke.

Ein ſolcher Satz, welcher blos nach den Bannmeilen
abgemeſſen wird, druͤckt den Groshandel der Staͤdte nicht.
Dieſer wird, weil er ſonſt nicht beſtehen kann, nicht dadurch
beſchweret, ſondern denſelben zur mehrern Ermunterung des
Fleißes, und des daher in die Wohlfarth des ganzen Landes
flieſſenden Vortheils billig freygelaſſen. Ein ſolcher Satz
wuͤrde auch zugleich dazu dienen, die Laſt, welche die Staͤdte
jetzt noch durch die Einquartierung fuͤr dem Lande voraus ha-
ben, in richtige Abrechnung zu bringen. Denn geſetzt, daß
eine Stadt ſodann mit tauſend Mann belegt wuͤrde: ſo waͤre
nichts billigers und leichters als ihr fuͤr jeden Mann ein
ſichers an ihrem Beytrage abziehen zu laſſen, oder aber der-
ſelben, dasjenige zu verguͤten, was ſie uͤber ihren Antheil an
den oͤffentlichen Laſten ſolchergeſtalt tragen muͤßte.

Zur dritten Urſache rechne ich den Abfall der gemeinen
Ehre. Zur Zeit, wie der Krieg noch mit Lehnleuten gefuͤhret
wurde, verhielten ſich die Buͤrger zu den Lehnleuten, wie
ein Garniſonbataillon zum Feldbataillon; und mancher
treflicher Lehnmann trug gar kein Bedenken eine Compagnie
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[196/0214] Von dem Verfall des Handwerks meinen Vertheidigung ein verſchiedenes und den Staͤdten ſchaͤdliches Intereſſe herrſchen. Daher iſt es billig und noth- wendig, daß eine Bilanz gemacht, und dazu ein Satz von der Art, wie er ſich vieler Orten findet, angenommen werde; nemlich: Wenn einer Stadt zwey Bannmeilen zugeſtanden ſind; und dieſe zwey Bannmeilen zehntauſend Thaler aufzu- bringen haben, ſollen 9 Theile vom Acker und der Zehnte von dem ſtaͤdtiſchen Fleiße entrichtet werden. Durch dieſen Satz vereiniget ſich das Intereſſe der Staͤnde; und die ſchaͤdliche Vermuthung faͤllt weg, daß ein Stand dem andern die Laſten zuzuwelzen gedenke. Ein ſolcher Satz, welcher blos nach den Bannmeilen abgemeſſen wird, druͤckt den Groshandel der Staͤdte nicht. Dieſer wird, weil er ſonſt nicht beſtehen kann, nicht dadurch beſchweret, ſondern denſelben zur mehrern Ermunterung des Fleißes, und des daher in die Wohlfarth des ganzen Landes flieſſenden Vortheils billig freygelaſſen. Ein ſolcher Satz wuͤrde auch zugleich dazu dienen, die Laſt, welche die Staͤdte jetzt noch durch die Einquartierung fuͤr dem Lande voraus ha- ben, in richtige Abrechnung zu bringen. Denn geſetzt, daß eine Stadt ſodann mit tauſend Mann belegt wuͤrde: ſo waͤre nichts billigers und leichters als ihr fuͤr jeden Mann ein ſichers an ihrem Beytrage abziehen zu laſſen, oder aber der- ſelben, dasjenige zu verguͤten, was ſie uͤber ihren Antheil an den oͤffentlichen Laſten ſolchergeſtalt tragen muͤßte. Zur dritten Urſache rechne ich den Abfall der gemeinen Ehre. Zur Zeit, wie der Krieg noch mit Lehnleuten gefuͤhret wurde, verhielten ſich die Buͤrger zu den Lehnleuten, wie ein Garniſonbataillon zum Feldbataillon; und mancher treflicher Lehnmann trug gar kein Bedenken eine Compagnie unter dem Garniſonbataillon anzunehmen. Aber durch die große

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/214>, abgerufen am 22.11.2024.