Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Osnabrücksche Geschichte
seinem Archidiacon (d), auch wohl dem Pfarrer des
Orts (e) vertrauet hat. Der Graf hatte seine drey
Gödinge im Jahr; und ausserdem seine gebotene Ge-
richts-tage. An erstern wurde von der ganzen Ge-
meinde Rechte gewiesen, auch wohl sofort darnach
erkannt, wenn die Sache so weit reif oder klar (f) war. Sonst gehörte die Untersuchung und Entschei-
dung nach dem an jenem gewiesenen Rechte für die
Schöpfen, welche sich mit dem Richter an den gebo-
tenen Tagen versamleten. Aus letztern ist unser heu-
tiges Gow-oder Part-gerichte entstanden. Der
Graf erkannte weiter am offnen Gödinge über Todt-
schlag und Wunden, wenn die Klage aufs Wehr-
geld (g) gieng. Er konnte auch den im Contumaz-
proceß recht-und echt-los erklärten Missethäter wie-
der in seinen vorigen Stand setzen, und ihm seine Ver-
theidigung auf die Civil-klage wieder eröffnen (h).
Seitdem aber die Leibes-strafen an statt der Geld-
bußen (i) eingetreten, gehören zum Gödinge jetzt
nur noch die Blut-ronnen, worauf keine Leibes-strafe
steht. Der Edel-vogt hatte seine Gerichts-tage für
geringe Sachen, die weder Eigenthum noch Freyheit
betrafen (k), und für alle Bruchfälle, die geringer
als Blut-ronnen waren. Unsre heutigen Aemter sind
ihre Nachfolger; und was sie mehr haben, ist ihnen
bey Gelegenheit neuerer Einrichtungen beygeleget wor-
den. Mehrers will ich von der Carolingischen Ein-
richtung nicht anführen, weil es zu meinem Zweck
nicht gehört.

(a) S. §. 137.
(b) Jn

Oſnabruͤckſche Geſchichte
ſeinem Archidiacon (d), auch wohl dem Pfarrer des
Orts (e) vertrauet hat. Der Graf hatte ſeine drey
Goͤdinge im Jahr; und auſſerdem ſeine gebotene Ge-
richts-tage. An erſtern wurde von der ganzen Ge-
meinde Rechte gewieſen, auch wohl ſofort darnach
erkannt, wenn die Sache ſo weit reif oder klar (f) war. Sonſt gehoͤrte die Unterſuchung und Entſchei-
dung nach dem an jenem gewieſenen Rechte fuͤr die
Schoͤpfen, welche ſich mit dem Richter an den gebo-
tenen Tagen verſamleten. Aus letztern iſt unſer heu-
tiges Gow-oder Part-gerichte entſtanden. Der
Graf erkannte weiter am offnen Goͤdinge uͤber Todt-
ſchlag und Wunden, wenn die Klage aufs Wehr-
geld (g) gieng. Er konnte auch den im Contumaz-
proceß recht-und echt-los erklaͤrten Miſſethaͤter wie-
der in ſeinen vorigen Stand ſetzen, und ihm ſeine Ver-
theidigung auf die Civil-klage wieder eroͤffnen (h).
Seitdem aber die Leibes-ſtrafen an ſtatt der Geld-
bußen (i) eingetreten, gehoͤren zum Goͤdinge jetzt
nur noch die Blut-ronnen, worauf keine Leibes-ſtrafe
ſteht. Der Edel-vogt hatte ſeine Gerichts-tage fuͤr
geringe Sachen, die weder Eigenthum noch Freyheit
betrafen (k), und fuͤr alle Bruchfaͤlle, die geringer
als Blut-ronnen waren. Unſre heutigen Aemter ſind
ihre Nachfolger; und was ſie mehr haben, iſt ihnen
bey Gelegenheit neuerer Einrichtungen beygeleget wor-
den. Mehrers will ich von der Carolingiſchen Ein-
richtung nicht anfuͤhren, weil es zu meinem Zweck
nicht gehoͤrt.

(a) S. §. 137.
(b) Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0342" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
&#x017F;einem Archidiacon <note place="end" n="(d)"/>, auch wohl dem Pfarrer des<lb/>
Orts <note place="end" n="(e)"/> vertrauet hat. Der Graf hatte &#x017F;eine drey<lb/>
Go&#x0364;dinge im Jahr; und au&#x017F;&#x017F;erdem &#x017F;eine gebotene Ge-<lb/>
richts-tage. An er&#x017F;tern wurde von der ganzen Ge-<lb/>
meinde Rechte gewie&#x017F;en, auch wohl &#x017F;ofort darnach<lb/>
erkannt, wenn die Sache &#x017F;o weit reif oder klar <note place="end" n="(f)"/><lb/>
war. Son&#x017F;t geho&#x0364;rte die Unter&#x017F;uchung und Ent&#x017F;chei-<lb/>
dung nach dem an jenem gewie&#x017F;enen Rechte fu&#x0364;r die<lb/>
Scho&#x0364;pfen, welche &#x017F;ich mit dem Richter an den gebo-<lb/>
tenen Tagen ver&#x017F;amleten. Aus letztern i&#x017F;t un&#x017F;er heu-<lb/>
tiges Gow-oder <hi rendition="#fr">Part-gerichte</hi> ent&#x017F;tanden. Der<lb/>
Graf erkannte weiter am offnen Go&#x0364;dinge u&#x0364;ber Todt-<lb/>
&#x017F;chlag und Wunden, wenn die Klage aufs Wehr-<lb/>
geld <note place="end" n="(g)"/> gieng. Er konnte auch den im Contumaz-<lb/>
proceß recht-und echt-los erkla&#x0364;rten Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter wie-<lb/>
der in &#x017F;einen vorigen Stand &#x017F;etzen, und ihm &#x017F;eine Ver-<lb/>
theidigung auf die Civil-klage wieder ero&#x0364;ffnen <note place="end" n="(h)"/>.<lb/>
Seitdem aber die Leibes-&#x017F;trafen an &#x017F;tatt der Geld-<lb/>
bußen <note place="end" n="(i)"/> eingetreten, geho&#x0364;ren zum Go&#x0364;dinge jetzt<lb/>
nur noch die Blut-ronnen, worauf keine Leibes-&#x017F;trafe<lb/>
&#x017F;teht. Der Edel-vogt hatte &#x017F;eine Gerichts-tage fu&#x0364;r<lb/>
geringe Sachen, die weder Eigenthum noch Freyheit<lb/>
betrafen <note place="end" n="(k)"/>, und fu&#x0364;r alle Bruchfa&#x0364;lle, die geringer<lb/>
als Blut-ronnen waren. Un&#x017F;re heutigen Aemter &#x017F;ind<lb/>
ihre Nachfolger; und was &#x017F;ie mehr haben, i&#x017F;t ihnen<lb/>
bey Gelegenheit neuerer Einrichtungen beygeleget wor-<lb/>
den. Mehrers will ich von der Carolingi&#x017F;chen Ein-<lb/>
richtung nicht anfu&#x0364;hren, weil es zu meinem Zweck<lb/>
nicht geho&#x0364;rt.</p><lb/>
          <note place="end" n="(a)">S. §. 137.</note><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">(<hi rendition="#aq">b</hi>) Jn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0342] Oſnabruͤckſche Geſchichte ſeinem Archidiacon ⁽d⁾ , auch wohl dem Pfarrer des Orts ⁽e⁾ vertrauet hat. Der Graf hatte ſeine drey Goͤdinge im Jahr; und auſſerdem ſeine gebotene Ge- richts-tage. An erſtern wurde von der ganzen Ge- meinde Rechte gewieſen, auch wohl ſofort darnach erkannt, wenn die Sache ſo weit reif oder klar ⁽f⁾ war. Sonſt gehoͤrte die Unterſuchung und Entſchei- dung nach dem an jenem gewieſenen Rechte fuͤr die Schoͤpfen, welche ſich mit dem Richter an den gebo- tenen Tagen verſamleten. Aus letztern iſt unſer heu- tiges Gow-oder Part-gerichte entſtanden. Der Graf erkannte weiter am offnen Goͤdinge uͤber Todt- ſchlag und Wunden, wenn die Klage aufs Wehr- geld ⁽g⁾ gieng. Er konnte auch den im Contumaz- proceß recht-und echt-los erklaͤrten Miſſethaͤter wie- der in ſeinen vorigen Stand ſetzen, und ihm ſeine Ver- theidigung auf die Civil-klage wieder eroͤffnen ⁽h⁾ . Seitdem aber die Leibes-ſtrafen an ſtatt der Geld- bußen ⁽i⁾ eingetreten, gehoͤren zum Goͤdinge jetzt nur noch die Blut-ronnen, worauf keine Leibes-ſtrafe ſteht. Der Edel-vogt hatte ſeine Gerichts-tage fuͤr geringe Sachen, die weder Eigenthum noch Freyheit betrafen ⁽k⁾ , und fuͤr alle Bruchfaͤlle, die geringer als Blut-ronnen waren. Unſre heutigen Aemter ſind ihre Nachfolger; und was ſie mehr haben, iſt ihnen bey Gelegenheit neuerer Einrichtungen beygeleget wor- den. Mehrers will ich von der Carolingiſchen Ein- richtung nicht anfuͤhren, weil es zu meinem Zweck nicht gehoͤrt. ⁽a⁾ S. §. 137. (b) Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/342
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/342>, abgerufen am 22.11.2024.