und äussert dabey in ihrem vorigen, daß sie glaube der Gonverneur habe dergleichen Präsente zuerst erschlichen. Jch werde aber im Folgenden zeigen, daß sie ihm als misso dominico loco tractatoriae mit Recht zukomme; und unfehlbar würden alle deutsche Fürsten dergleichen aus ihren Aemtern gezogen haben, wann der Kayser das Salutaticum behalten hätte.
§. 117. Und der Ansetzung königlicher Richter.
"Das schrecklichste unter allen aber sey, daß der "König ihnen ihre Richter setzen,(a) und solche in "Grafen (b) verwandeln wolle. Bisher hätten sie "es als ein heiliges Gesetz von der Natur empfangen, "sich ihren Richter selbst wählen, und kein ander "Recht erkennen zu dürfen, als was sie über sich be- "williget hätten. Der Richter wäre als ein Ge- "meins-mann in der gemeinen Versammlung zur "Rede und Antwort verbunden gewesen, und hätte "sein Amt beym Schluß eines Jahres allezeit, oder "doch als eine Last gern niedergelegt, wenn die Ge- "meine mit ihm nicht zufrieden gewesen wäre. "Künftig aber wenn der König ihn auf seine Lebens- "zeit setze, schütze und besolde, werde er ein stolzer "Bedienter und seine Entlassung schimpflich (c) seyn. "Die Befugniß wie die Macht ihn zur Rechenschaft "zu ziehen falle von selbst weg. Jhnen bleibe nichts "als das traurige Recht übrig ihn bey Hofe zu ver- "klagen, und ehe sie damit zu dem entfernten Throne "durchdrängen, mögte der Unschuldige leicht unter- "drücket seyn. Die Kinder des königlichen Richters "würden leicht zu grossen Hofnungen erzogen, zu
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dritter Abſchnitt.
und aͤuſſert dabey in ihrem vorigen, daß ſie glaube der Gonverneur habe dergleichen Praͤſente zuerſt erſchlichen. Jch werde aber im Folgenden zeigen, daß ſie ihm als miſſo dominico loco tractatoriæ mit Recht zukomme; und unfehlbar wuͤrden alle deutſche Fuͤrſten dergleichen aus ihren Aemtern gezogen haben, wann der Kayſer das Salutaticum behalten haͤtte.
§. 117. Und der Anſetzung koͤniglicher Richter.
„Das ſchrecklichſte unter allen aber ſey, daß der „Koͤnig ihnen ihre Richter ſetzen,(a) und ſolche in „Grafen (b) verwandeln wolle. Bisher haͤtten ſie „es als ein heiliges Geſetz von der Natur empfangen, „ſich ihren Richter ſelbſt waͤhlen, und kein ander „Recht erkennen zu duͤrfen, als was ſie uͤber ſich be- „williget haͤtten. Der Richter waͤre als ein Ge- „meins-mann in der gemeinen Verſammlung zur „Rede und Antwort verbunden geweſen, und haͤtte „ſein Amt beym Schluß eines Jahres allezeit, oder „doch als eine Laſt gern niedergelegt, wenn die Ge- „meine mit ihm nicht zufrieden geweſen waͤre. „Kuͤnftig aber wenn der Koͤnig ihn auf ſeine Lebens- „zeit ſetze, ſchuͤtze und beſolde, werde er ein ſtolzer „Bedienter und ſeine Entlaſſung ſchimpflich (c) ſeyn. „Die Befugniß wie die Macht ihn zur Rechenſchaft „zu ziehen falle von ſelbſt weg. Jhnen bleibe nichts „als das traurige Recht uͤbrig ihn bey Hofe zu ver- „klagen, und ehe ſie damit zu dem entfernten Throne „durchdraͤngen, moͤgte der Unſchuldige leicht unter- „druͤcket ſeyn. Die Kinder des koͤniglichen Richters „wuͤrden leicht zu groſſen Hofnungen erzogen, zu
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dritter Abſchnitt.
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und aͤuſſert dabey in ihrem vorigen, daß ſie glaube der
Gonverneur habe dergleichen Praͤſente zuerſt erſchlichen.
Jch werde aber im Folgenden zeigen, daß ſie ihm als
miſſo dominico loco tractatoriæ mit Recht zukomme; und
unfehlbar wuͤrden alle deutſche Fuͤrſten dergleichen aus
ihren Aemtern gezogen haben, wann der Kayſer das
Salutaticum behalten haͤtte.
§. 117.
Und der Anſetzung koͤniglicher Richter.
„Das ſchrecklichſte unter allen aber ſey, daß der
„Koͤnig ihnen ihre Richter ſetzen,
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und ſolche in
„Grafen
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verwandeln wolle. Bisher haͤtten ſie
„es als ein heiliges Geſetz von der Natur empfangen,
„ſich ihren Richter ſelbſt waͤhlen, und kein ander
„Recht erkennen zu duͤrfen, als was ſie uͤber ſich be-
„williget haͤtten. Der Richter waͤre als ein Ge-
„meins-mann in der gemeinen Verſammlung zur
„Rede und Antwort verbunden geweſen, und haͤtte
„ſein Amt beym Schluß eines Jahres allezeit, oder
„doch als eine Laſt gern niedergelegt, wenn die Ge-
„meine mit ihm nicht zufrieden geweſen waͤre.
„Kuͤnftig aber wenn der Koͤnig ihn auf ſeine Lebens-
„zeit ſetze, ſchuͤtze und beſolde, werde er ein ſtolzer
„Bedienter und ſeine Entlaſſung ſchimpflich
⁽c⁾
ſeyn.
„Die Befugniß wie die Macht ihn zur Rechenſchaft
„zu ziehen falle von ſelbſt weg. Jhnen bleibe nichts
„als das traurige Recht uͤbrig ihn bey Hofe zu ver-
„klagen, und ehe ſie damit zu dem entfernten Throne
„durchdraͤngen, moͤgte der Unſchuldige leicht unter-
„druͤcket ſeyn. Die Kinder des koͤniglichen Richters
„wuͤrden leicht zu groſſen Hofnungen erzogen, zu
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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/273>, abgerufen am 16.02.2025.
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