Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
Osnabrücksche Geschichte
Germani regnantur. Denn das Wort regnare und rex
im lateinischen Verstande, druckte die obrigkeitliche
Vollmacht bey den Deutschen gar nicht aus; von den
Brucktern dero Zeit aber sagte man doch noch insbe-
sondre: eos non juberi non regi sed cuncta ex libidine
agere. Id. IV.
76; wiewol ich glaube daß dieses nur von
den edlen Partisans galt, welche damals auf Ebentheuer
zu dem Claudius Civilis zogen. Ueberhaupt aber hatte
das regnum über Leute, die in lauter Gilden stehen,
und so lange sie unter sich zu thun haben, competentiam
superioris
nicht erkennen, so vieles nicht auf sich als jetzt,
wo die Obrigkeit ohne Mittel den Kopf eines jeden
Unterthanen befaßt. S. §. 73. n. d.
(i) Sed & olim Auriniam & complures alias venerati sunt.
TAC. G. c.
8. und KEYSLER in Ant. Sept. p. 369.
§. 92.
Zweyte Periode der römischen Kriege.

Die deutsche Zwietracht hatte bisher den Römern
gedient; nun aber sollte auch einmal die römische den
Deutschen zu statten kommen. Nero war gestorben
mit ihm die regierende Familie erloschen und kein
Senat mehr vorhanden, welcher den Armeen Befehle
ertheilen konnte. Galba und Otto waren nur eben
erschienen und Vitellius fand bald an dem Vespa-
sian einen Gegner, welcher ihm keine lange Ruhe
versprach; als Claudius Civilis ein edler Bataver
den kühnen Entschluß faßte für Letztern zu fechten,
und für sich zu gewinnen. (a) Er brachte also zuerst
seine Bataver, welche damals Gallien rührten, in
die Wafen. Die Völker hinter ihnen folgten ihrem
Exempel. Was am Oberrhein war rüstete sich, und
die Niederrheinschen Völker richteten sich nach einer
göttlichen Eingebung ihrer Velleda, (b) welche Ci-

vilis
Oſnabruͤckſche Geſchichte
Germani regnantur. Denn das Wort regnare und rex
im lateiniſchen Verſtande, druckte die obrigkeitliche
Vollmacht bey den Deutſchen gar nicht aus; von den
Brucktern dero Zeit aber ſagte man doch noch insbe-
ſondre: eos non juberi non regi ſed cuncta ex libidine
agere. Id. IV.
76; wiewol ich glaube daß dieſes nur von
den edlen Partiſans galt, welche damals auf Ebentheuer
zu dem Claudius Civilis zogen. Ueberhaupt aber hatte
das regnum uͤber Leute, die in lauter Gilden ſtehen,
und ſo lange ſie unter ſich zu thun haben, competentiam
ſuperioris
nicht erkennen, ſo vieles nicht auf ſich als jetzt,
wo die Obrigkeit ohne Mittel den Kopf eines jeden
Unterthanen befaßt. S. §. 73. n. d.
(i) Sed & olim Auriniam & complures alias venerati ſunt.
TAC. G. c.
8. und KEYSLER in Ant. Sept. p. 369.
§. 92.
Zweyte Periode der roͤmiſchen Kriege.

Die deutſche Zwietracht hatte bisher den Roͤmern
gedient; nun aber ſollte auch einmal die roͤmiſche den
Deutſchen zu ſtatten kommen. Nero war geſtorben
mit ihm die regierende Familie erloſchen und kein
Senat mehr vorhanden, welcher den Armeen Befehle
ertheilen konnte. Galba und Otto waren nur eben
erſchienen und Vitellius fand bald an dem Veſpa-
ſian einen Gegner, welcher ihm keine lange Ruhe
verſprach; als Claudius Civilis ein edler Bataver
den kuͤhnen Entſchluß faßte fuͤr Letztern zu fechten,
und fuͤr ſich zu gewinnen. (a) Er brachte alſo zuerſt
ſeine Bataver, welche damals Gallien ruͤhrten, in
die Wafen. Die Voͤlker hinter ihnen folgten ihrem
Exempel. Was am Oberrhein war ruͤſtete ſich, und
die Niederrheinſchen Voͤlker richteten ſich nach einer
goͤttlichen Eingebung ihrer Velleda, (b) welche Ci-

vilis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note place="end" n="(h)"><pb facs="#f0222" n="192"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Germani regnantur.</hi> Denn das Wort <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">regnare</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">rex</hi></hi><lb/>
im lateini&#x017F;chen Ver&#x017F;tande, druckte die obrigkeitliche<lb/>
Vollmacht bey den Deut&#x017F;chen gar nicht aus; von den<lb/>
Brucktern dero Zeit aber &#x017F;agte man doch noch insbe-<lb/>
&#x017F;ondre: <hi rendition="#aq">eos non juberi non regi &#x017F;ed cuncta ex libidine<lb/>
agere. Id. IV.</hi> 76; wiewol ich glaube daß die&#x017F;es nur von<lb/>
den edlen Parti&#x017F;ans galt, welche damals auf Ebentheuer<lb/>
zu dem Claudius Civilis zogen. Ueberhaupt aber hatte<lb/>
das <hi rendition="#aq">regnum</hi> u&#x0364;ber Leute, die in lauter Gilden &#x017F;tehen,<lb/>
und &#x017F;o lange &#x017F;ie unter &#x017F;ich zu thun haben, <hi rendition="#aq">competentiam<lb/>
&#x017F;uperioris</hi> nicht erkennen, &#x017F;o vieles nicht auf &#x017F;ich als jetzt,<lb/>
wo die Obrigkeit ohne Mittel den Kopf eines jeden<lb/>
Unterthanen befaßt. S. §. 73. <hi rendition="#aq">n. d.</hi></note><lb/>
          <note place="end" n="(i)"><hi rendition="#aq">Sed &amp; olim Auriniam &amp; complures alias venerati &#x017F;unt.<lb/>
TAC. G. c.</hi> 8. und <hi rendition="#aq">KEYSLER in Ant. Sept. p.</hi> 369.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 92.<lb/><hi rendition="#b">Zweyte Periode der ro&#x0364;mi&#x017F;chen Kriege.</hi></head><lb/>
          <p>Die deut&#x017F;che Zwietracht hatte bisher den Ro&#x0364;mern<lb/>
gedient; nun aber &#x017F;ollte auch einmal die ro&#x0364;mi&#x017F;che den<lb/>
Deut&#x017F;chen zu &#x017F;tatten kommen. Nero war ge&#x017F;torben<lb/>
mit ihm die regierende Familie erlo&#x017F;chen und kein<lb/>
Senat mehr vorhanden, welcher den Armeen Befehle<lb/>
ertheilen konnte. Galba und Otto waren nur eben<lb/>
er&#x017F;chienen und Vitellius fand bald an dem Ve&#x017F;pa-<lb/>
&#x017F;ian einen Gegner, welcher ihm keine lange Ruhe<lb/>
ver&#x017F;prach; als Claudius Civilis ein edler Bataver<lb/>
den ku&#x0364;hnen Ent&#x017F;chluß faßte fu&#x0364;r Letztern zu fechten,<lb/>
und fu&#x0364;r &#x017F;ich zu gewinnen. <note place="end" n="(a)"/> Er brachte al&#x017F;o zuer&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eine Bataver, welche damals Gallien ru&#x0364;hrten, in<lb/>
die Wafen. Die Vo&#x0364;lker hinter ihnen folgten ihrem<lb/>
Exempel. Was am Oberrhein war ru&#x0364;&#x017F;tete &#x017F;ich, und<lb/>
die Niederrhein&#x017F;chen Vo&#x0364;lker richteten &#x017F;ich nach einer<lb/>
go&#x0364;ttlichen Eingebung ihrer Velleda, <note place="end" n="(b)"/> welche Ci-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vilis</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0222] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽h⁾ Germani regnantur. Denn das Wort regnare und rex im lateiniſchen Verſtande, druckte die obrigkeitliche Vollmacht bey den Deutſchen gar nicht aus; von den Brucktern dero Zeit aber ſagte man doch noch insbe- ſondre: eos non juberi non regi ſed cuncta ex libidine agere. Id. IV. 76; wiewol ich glaube daß dieſes nur von den edlen Partiſans galt, welche damals auf Ebentheuer zu dem Claudius Civilis zogen. Ueberhaupt aber hatte das regnum uͤber Leute, die in lauter Gilden ſtehen, und ſo lange ſie unter ſich zu thun haben, competentiam ſuperioris nicht erkennen, ſo vieles nicht auf ſich als jetzt, wo die Obrigkeit ohne Mittel den Kopf eines jeden Unterthanen befaßt. S. §. 73. n. d. ⁽i⁾ Sed & olim Auriniam & complures alias venerati ſunt. TAC. G. c. 8. und KEYSLER in Ant. Sept. p. 369. §. 92. Zweyte Periode der roͤmiſchen Kriege. Die deutſche Zwietracht hatte bisher den Roͤmern gedient; nun aber ſollte auch einmal die roͤmiſche den Deutſchen zu ſtatten kommen. Nero war geſtorben mit ihm die regierende Familie erloſchen und kein Senat mehr vorhanden, welcher den Armeen Befehle ertheilen konnte. Galba und Otto waren nur eben erſchienen und Vitellius fand bald an dem Veſpa- ſian einen Gegner, welcher ihm keine lange Ruhe verſprach; als Claudius Civilis ein edler Bataver den kuͤhnen Entſchluß faßte fuͤr Letztern zu fechten, und fuͤr ſich zu gewinnen. ⁽a⁾ Er brachte alſo zuerſt ſeine Bataver, welche damals Gallien ruͤhrten, in die Wafen. Die Voͤlker hinter ihnen folgten ihrem Exempel. Was am Oberrhein war ruͤſtete ſich, und die Niederrheinſchen Voͤlker richteten ſich nach einer goͤttlichen Eingebung ihrer Velleda, ⁽b⁾ welche Ci- vilis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/222
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/222>, abgerufen am 21.11.2024.