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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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unter so zu sprechen, wie die Niederländer malen
durften!" Der Hofrath lachte selber auf's Herzlichste,
und man sah ihm an, wie lieb er den hatte, den er
so eben schalt. "Ein stupender Eigensinn! Mich
dauert nur die Braut."

"Wer ist sie denn eigentlich?" fragte Nolten.

"Des Schloßwärters F. Tochter."

"Was? hör' ich recht?" rief Nolten voll Ver-
wunderung aus. "O gute Henriette! Wie manch-
mal hat dein wehmüthiger Gesang unter meinen Git-
tern mich getröstet!"

"Ja ja," versezte der Hofrath, "das war noch zur
Zeit der liebekranken Nachtigall!"

Der Maler fiel auf einige Augenblicke in süße
Gedanken. Die glückliche Vereinigung dieser Lieben-
den war ihm von guter Vorbedeutung für sich; denn
hatte nicht jene Verlassene in seiner kranken Einbil-
dung einige Mal die Stimme Agnesens geborgt?
und war er nicht auf dem Wege, der Leztern auch
den Bräutigam zurückzugeben?

Nun aber fand er erst Zeit, den Hofrath in der
Angelegenheit zu befragen, um derentwillen er eigent-
lich gekommen war. Der alte Herr bedachte sich und
zuckte die Achseln. "Ich weiß nicht, an Ihrer Stelle
ging' ich geradezu selbst hin -- die Gräfin zwar soll
unpaß seyn, den Grafen können Sie immer sprechen.
Mein Gott, was sollten denn diese Leute eigentlich
gegen Sie haben?" So viel indessen Theobald

unter ſo zu ſprechen, wie die Niederländer malen
durften!“ Der Hofrath lachte ſelber auf’s Herzlichſte,
und man ſah ihm an, wie lieb er den hatte, den er
ſo eben ſchalt. „Ein ſtupender Eigenſinn! Mich
dauert nur die Braut.“

„Wer iſt ſie denn eigentlich?“ fragte Nolten.

„Des Schloßwärters F. Tochter.“

„Was? hör’ ich recht?“ rief Nolten voll Ver-
wunderung aus. „O gute Henriette! Wie manch-
mal hat dein wehmüthiger Geſang unter meinen Git-
tern mich getröſtet!“

„Ja ja,“ verſezte der Hofrath, „das war noch zur
Zeit der liebekranken Nachtigall!“

Der Maler fiel auf einige Augenblicke in ſüße
Gedanken. Die glückliche Vereinigung dieſer Lieben-
den war ihm von guter Vorbedeutung für ſich; denn
hatte nicht jene Verlaſſene in ſeiner kranken Einbil-
dung einige Mal die Stimme Agneſens geborgt?
und war er nicht auf dem Wege, der Leztern auch
den Bräutigam zurückzugeben?

Nun aber fand er erſt Zeit, den Hofrath in der
Angelegenheit zu befragen, um derentwillen er eigent-
lich gekommen war. Der alte Herr bedachte ſich und
zuckte die Achſeln. „Ich weiß nicht, an Ihrer Stelle
ging’ ich geradezu ſelbſt hin — die Gräfin zwar ſoll
unpaß ſeyn, den Grafen können Sie immer ſprechen.
Mein Gott, was ſollten denn dieſe Leute eigentlich
gegen Sie haben?“ So viel indeſſen Theobald

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[375/0061] unter ſo zu ſprechen, wie die Niederländer malen durften!“ Der Hofrath lachte ſelber auf’s Herzlichſte, und man ſah ihm an, wie lieb er den hatte, den er ſo eben ſchalt. „Ein ſtupender Eigenſinn! Mich dauert nur die Braut.“ „Wer iſt ſie denn eigentlich?“ fragte Nolten. „Des Schloßwärters F. Tochter.“ „Was? hör’ ich recht?“ rief Nolten voll Ver- wunderung aus. „O gute Henriette! Wie manch- mal hat dein wehmüthiger Geſang unter meinen Git- tern mich getröſtet!“ „Ja ja,“ verſezte der Hofrath, „das war noch zur Zeit der liebekranken Nachtigall!“ Der Maler fiel auf einige Augenblicke in ſüße Gedanken. Die glückliche Vereinigung dieſer Lieben- den war ihm von guter Vorbedeutung für ſich; denn hatte nicht jene Verlaſſene in ſeiner kranken Einbil- dung einige Mal die Stimme Agneſens geborgt? und war er nicht auf dem Wege, der Leztern auch den Bräutigam zurückzugeben? Nun aber fand er erſt Zeit, den Hofrath in der Angelegenheit zu befragen, um derentwillen er eigent- lich gekommen war. Der alte Herr bedachte ſich und zuckte die Achſeln. „Ich weiß nicht, an Ihrer Stelle ging’ ich geradezu ſelbſt hin — die Gräfin zwar ſoll unpaß ſeyn, den Grafen können Sie immer ſprechen. Mein Gott, was ſollten denn dieſe Leute eigentlich gegen Sie haben?“ So viel indeſſen Theobald

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/61>, abgerufen am 22.11.2024.