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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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Versuchen aus jenem Brunnen im Walde gezogen.
Es hatte sich der Gärtner, von seinem Sohne auf
diesen Platz aufmerksam gemacht, noch spät in der
Nacht dorthin begeben, und ein aufgefundener Hand-
schuh bestätigte sogleich die Vermuthung. Alsbald
war der Alte in's nächste Städtchen geeilt, um Mann-
schaft mit Werkzeugen, Strickleiter und Haken, so wie
einen Wundarzt herbei zu holen.

Der Leichnam war, außer den völlig durchnäßten
und zerrissenen Kleidern, nur wenig verlezt; das schnee-
weiße Gesicht, um welches die nassen Haare verwor-
ren hingen, sah sich noch jezt vollkommen gleich; der
halbgeöffnete Mund schien schmerzlich zu lächeln;
die Augen fest geschlossen. Offenbar war sie, mit
dem Kopfe vorwärts stürzend, ertrunken; nur eine
leichte Wunde entdeckte man rechts über den Schlä-
fen. Bemerkenswerth ist noch, daß sie in Larkens
grüner Jacke, woran man sie gestern eine Kleinigkeit,
jedoch sehr emsig und wichtig, hatte verändern sehn,
den Tod gefunden.

Der Wundarzt machte zum Ueberfluß noch den
einen und andern vergeblichen Versuch. Vom grän-
zenlosen Jammer der sämmtlichen Umstehenden sagen
wir nichts.


Nach Nolten hatte man ausgesendet, doch traf
ihn weder Bote noch Brief. Den zweiten Tag nach

Verſuchen aus jenem Brunnen im Walde gezogen.
Es hatte ſich der Gärtner, von ſeinem Sohne auf
dieſen Platz aufmerkſam gemacht, noch ſpät in der
Nacht dorthin begeben, und ein aufgefundener Hand-
ſchuh beſtätigte ſogleich die Vermuthung. Alsbald
war der Alte in’s nächſte Städtchen geeilt, um Mann-
ſchaft mit Werkzeugen, Strickleiter und Haken, ſo wie
einen Wundarzt herbei zu holen.

Der Leichnam war, außer den völlig durchnäßten
und zerriſſenen Kleidern, nur wenig verlezt; das ſchnee-
weiße Geſicht, um welches die naſſen Haare verwor-
ren hingen, ſah ſich noch jezt vollkommen gleich; der
halbgeöffnete Mund ſchien ſchmerzlich zu lächeln;
die Augen feſt geſchloſſen. Offenbar war ſie, mit
dem Kopfe vorwärts ſtürzend, ertrunken; nur eine
leichte Wunde entdeckte man rechts über den Schlä-
fen. Bemerkenswerth iſt noch, daß ſie in Larkens
grüner Jacke, woran man ſie geſtern eine Kleinigkeit,
jedoch ſehr emſig und wichtig, hatte verändern ſehn,
den Tod gefunden.

Der Wundarzt machte zum Ueberfluß noch den
einen und andern vergeblichen Verſuch. Vom grän-
zenloſen Jammer der ſämmtlichen Umſtehenden ſagen
wir nichts.


Nach Nolten hatte man ausgeſendet, doch traf
ihn weder Bote noch Brief. Den zweiten Tag nach

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[624/0310] Verſuchen aus jenem Brunnen im Walde gezogen. Es hatte ſich der Gärtner, von ſeinem Sohne auf dieſen Platz aufmerkſam gemacht, noch ſpät in der Nacht dorthin begeben, und ein aufgefundener Hand- ſchuh beſtätigte ſogleich die Vermuthung. Alsbald war der Alte in’s nächſte Städtchen geeilt, um Mann- ſchaft mit Werkzeugen, Strickleiter und Haken, ſo wie einen Wundarzt herbei zu holen. Der Leichnam war, außer den völlig durchnäßten und zerriſſenen Kleidern, nur wenig verlezt; das ſchnee- weiße Geſicht, um welches die naſſen Haare verwor- ren hingen, ſah ſich noch jezt vollkommen gleich; der halbgeöffnete Mund ſchien ſchmerzlich zu lächeln; die Augen feſt geſchloſſen. Offenbar war ſie, mit dem Kopfe vorwärts ſtürzend, ertrunken; nur eine leichte Wunde entdeckte man rechts über den Schlä- fen. Bemerkenswerth iſt noch, daß ſie in Larkens grüner Jacke, woran man ſie geſtern eine Kleinigkeit, jedoch ſehr emſig und wichtig, hatte verändern ſehn, den Tod gefunden. Der Wundarzt machte zum Ueberfluß noch den einen und andern vergeblichen Verſuch. Vom grän- zenloſen Jammer der ſämmtlichen Umſtehenden ſagen wir nichts. Nach Nolten hatte man ausgeſendet, doch traf ihn weder Bote noch Brief. Den zweiten Tag nach

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/310>, abgerufen am 23.11.2024.