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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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gekannt, als wäre man zusammengekommen, um nie-
mals wieder Abschied zu nehmen.


Nachdem wir von der Stellung der Personen,
so wie von deren häuslicher und ländlicher Umgebung
in so weit den Begriff gegeben haben, besorgen wir
noch kaum, daß unsre Leser ein vollständiges Journal
von den Unterhaltungen der nächsten Tage von uns
erwarten möchten.

Was außerhalb des Schloßbezirks nur immer
Anlockendes zu Pferd und Wagen zu erreichen war,
und was das Eigenthum des Präsidenten, zumal eine
sehr reichhaltige Bibliothek, zur Unterhaltung darbot,
ward abwechselnd genossen und versucht. Der Präsi-
dent liebte die Jagd, und obgleich Theobald weder
die mindeste Uebung, noch auch bis jezt einigen Ge-
schmack daran hatte, so war ihm in seiner gegenwär-
tigen Verfassung der Vortheil dieser Art sich zu be-
wegen, wobei sowohl Leib als Seele in kräftiger Span-
nung erhalten wird, gar bald sehr fühlbar und bei
einigem Glück mit den ersten Versuchen sogar ergötz-
lich geworden. Er kehrte an so einem Abend auffal-
lend erheitert und lebhaft nach Hause. Auch hatten
die Mädchen bereits ihren Scherz mit ihm, indem
Margot behauptete: es könnte wohl nicht leicht ein
Maler die schönste Galerie der seltensten Kunstwerke
mit größerem Interesse durchlaufen, als er die Ge-

gekannt, als wäre man zuſammengekommen, um nie-
mals wieder Abſchied zu nehmen.


Nachdem wir von der Stellung der Perſonen,
ſo wie von deren häuslicher und ländlicher Umgebung
in ſo weit den Begriff gegeben haben, beſorgen wir
noch kaum, daß unſre Leſer ein vollſtändiges Journal
von den Unterhaltungen der nächſten Tage von uns
erwarten möchten.

Was außerhalb des Schloßbezirks nur immer
Anlockendes zu Pferd und Wagen zu erreichen war,
und was das Eigenthum des Präſidenten, zumal eine
ſehr reichhaltige Bibliothek, zur Unterhaltung darbot,
ward abwechſelnd genoſſen und verſucht. Der Präſi-
dent liebte die Jagd, und obgleich Theobald weder
die mindeſte Uebung, noch auch bis jezt einigen Ge-
ſchmack daran hatte, ſo war ihm in ſeiner gegenwär-
tigen Verfaſſung der Vortheil dieſer Art ſich zu be-
wegen, wobei ſowohl Leib als Seele in kräftiger Span-
nung erhalten wird, gar bald ſehr fühlbar und bei
einigem Glück mit den erſten Verſuchen ſogar ergötz-
lich geworden. Er kehrte an ſo einem Abend auffal-
lend erheitert und lebhaft nach Hauſe. Auch hatten
die Mädchen bereits ihren Scherz mit ihm, indem
Margot behauptete: es könnte wohl nicht leicht ein
Maler die ſchönſte Galerie der ſeltenſten Kunſtwerke
mit größerem Intereſſe durchlaufen, als er die Ge-

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[544/0230] gekannt, als wäre man zuſammengekommen, um nie- mals wieder Abſchied zu nehmen. Nachdem wir von der Stellung der Perſonen, ſo wie von deren häuslicher und ländlicher Umgebung in ſo weit den Begriff gegeben haben, beſorgen wir noch kaum, daß unſre Leſer ein vollſtändiges Journal von den Unterhaltungen der nächſten Tage von uns erwarten möchten. Was außerhalb des Schloßbezirks nur immer Anlockendes zu Pferd und Wagen zu erreichen war, und was das Eigenthum des Präſidenten, zumal eine ſehr reichhaltige Bibliothek, zur Unterhaltung darbot, ward abwechſelnd genoſſen und verſucht. Der Präſi- dent liebte die Jagd, und obgleich Theobald weder die mindeſte Uebung, noch auch bis jezt einigen Ge- ſchmack daran hatte, ſo war ihm in ſeiner gegenwär- tigen Verfaſſung der Vortheil dieſer Art ſich zu be- wegen, wobei ſowohl Leib als Seele in kräftiger Span- nung erhalten wird, gar bald ſehr fühlbar und bei einigem Glück mit den erſten Verſuchen ſogar ergötz- lich geworden. Er kehrte an ſo einem Abend auffal- lend erheitert und lebhaft nach Hauſe. Auch hatten die Mädchen bereits ihren Scherz mit ihm, indem Margot behauptete: es könnte wohl nicht leicht ein Maler die ſchönſte Galerie der ſeltenſten Kunſtwerke mit größerem Intereſſe durchlaufen, als er die Ge-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/230>, abgerufen am 24.11.2024.