er seit jenem Morgen, an dem er die Geliebte von Neuem an sein Herz empfing, nimmermehr für mög- lich gehalten hätte, doch jezt, wer möchte ihm verar- gen, wenn ihn der Zweifel überschlich, ob denn das Räthselwesen, das hier trostlos vor seinen Augen lag, dazu bestimmt seyn könne, durch ihn glücklich zu wer- den, oder ihm ein dauerndes Glück zu gründen, ob er es für ein wünschenswerthes und nicht vielmehr für ein höchst gewagtes Bündniß halten müsse, wo- durch er sich für's ganze Leben an dieß wunderbare Geschöpf gefesselt sähe? Aber zu fragen brauchte er sich wenigstens das Eine nicht: ob er sie wirklich liebe, ob seine Neigung nicht etwa nur eine künstlich übertragene sey? vielmehr durchdrang ihn das Gefühl derselben nie so vollglühend als eben jezt. Er dachte weiter nach und mußte finden, daß eben jene dunkle Klippe, woran Agnesens sonst so gleichgewiegtes Leben zum Erstenmal sich brach, dieselbe sey, nach der auch sein Magnet von früh an unablässig strebte, ja daß (man gönne uns immer das Gleichniß) die schlimme Zauberblume, worin des Mädchens Geist zuerst mit unheilvollen Ahnungen sich berauschte, nur auf dem Grund und Boden seines eignen Schicksals aufgeschossen war. Nothwendig daher und auf Ewig ist er mit ihr verbunden, Böses oder Gutes kann für sie Beide nur in Einer Schaale gewogen seyn.
Seine Gedanken verschwammen nach und nach in einer grundlosen Tiefe, doch ohne Aengstlichkeit;
er ſeit jenem Morgen, an dem er die Geliebte von Neuem an ſein Herz empfing, nimmermehr für mög- lich gehalten hätte, doch jezt, wer möchte ihm verar- gen, wenn ihn der Zweifel überſchlich, ob denn das Räthſelweſen, das hier troſtlos vor ſeinen Augen lag, dazu beſtimmt ſeyn könne, durch ihn glücklich zu wer- den, oder ihm ein dauerndes Glück zu gründen, ob er es für ein wünſchenswerthes und nicht vielmehr für ein höchſt gewagtes Bündniß halten müſſe, wo- durch er ſich für’s ganze Leben an dieß wunderbare Geſchöpf gefeſſelt ſähe? Aber zu fragen brauchte er ſich wenigſtens das Eine nicht: ob er ſie wirklich liebe, ob ſeine Neigung nicht etwa nur eine künſtlich übertragene ſey? vielmehr durchdrang ihn das Gefühl derſelben nie ſo vollglühend als eben jezt. Er dachte weiter nach und mußte finden, daß eben jene dunkle Klippe, woran Agneſens ſonſt ſo gleichgewiegtes Leben zum Erſtenmal ſich brach, dieſelbe ſey, nach der auch ſein Magnet von früh an unabläſſig ſtrebte, ja daß (man gönne uns immer das Gleichniß) die ſchlimme Zauberblume, worin des Mädchens Geiſt zuerſt mit unheilvollen Ahnungen ſich berauſchte, nur auf dem Grund und Boden ſeines eignen Schickſals aufgeſchoſſen war. Nothwendig daher und auf Ewig iſt er mit ihr verbunden, Böſes oder Gutes kann für ſie Beide nur in Einer Schaale gewogen ſeyn.
Seine Gedanken verſchwammen nach und nach in einer grundloſen Tiefe, doch ohne Aengſtlichkeit;
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er ſeit jenem Morgen, an dem er die Geliebte von
Neuem an ſein Herz empfing, nimmermehr für mög-
lich gehalten hätte, doch jezt, wer möchte ihm verar-
gen, wenn ihn der Zweifel überſchlich, ob denn das
Räthſelweſen, das hier troſtlos vor ſeinen Augen lag,
dazu beſtimmt ſeyn könne, durch ihn glücklich zu wer-
den, oder ihm ein dauerndes Glück zu gründen, ob
er es für ein wünſchenswerthes und nicht vielmehr
für ein höchſt gewagtes Bündniß halten müſſe, wo-
durch er ſich für’s ganze Leben an dieß wunderbare
Geſchöpf gefeſſelt ſähe? Aber zu fragen brauchte er
ſich wenigſtens das Eine nicht: ob er ſie wirklich
liebe, ob ſeine Neigung nicht etwa nur eine künſtlich
übertragene ſey? vielmehr durchdrang ihn das Gefühl
derſelben nie ſo vollglühend als eben jezt. Er dachte
weiter nach und mußte finden, daß eben jene dunkle
Klippe, woran Agneſens ſonſt ſo gleichgewiegtes
Leben zum Erſtenmal ſich brach, dieſelbe ſey, nach der
auch ſein Magnet von früh an unabläſſig ſtrebte, ja
daß (man gönne uns immer das Gleichniß) die
ſchlimme Zauberblume, worin des Mädchens Geiſt
zuerſt mit unheilvollen Ahnungen ſich berauſchte, nur
auf dem Grund und Boden ſeines eignen Schickſals
aufgeſchoſſen war. Nothwendig daher und auf Ewig
iſt er mit ihr verbunden, Böſes oder Gutes kann für
ſie Beide nur in Einer Schaale gewogen ſeyn.
Seine Gedanken verſchwammen nach und nach
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/161>, abgerufen am 26.11.2024.
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