nehmen können; daß ich aber für jezt nur abbräche, um wieder zu kommen und dann die Sachen in Ord- nung zu bringen, wäre wo möglich noch ungeschickter. Kommt ihr nur erst an Ort und Stelle an, wir wol- len sehen, was sich dann weiter schickt und ob es Gottes Wille ist, daß ich euch folge."
Agnes konnte dem Vater nicht Unrecht geben; am liebsten freilich hätte sie Theobalden jenen Ne- benplan ausreden mögen, der ihr und, wie sie wohl bemerkte, noch mehr dem Vater, der bedeutenden Ko- sten wegen, bedenklich vorkam. Sie hielt auch diese Einwendung nicht ganz zurück, doch da man sah, wie vielen Werth der Maler auf die Sache legte, so dachte man sie ihm nich[ - 1 Zeichen fehlt] zu verkümmern. Man fing also zu rechnen an, und Theobald erklärte, daß er, so günstig wie nunmehr die Dinge für ihn lägen, eine Schuld ohne Gefahr aufnehmen könne, ja er gestand, er habe dieß Geschäft schon abgethan und bereits die Wechsel in Händen. Dieß gab ihm einen kleinen Zank, doch mußte man es ihm wohl gelten lassen.
Nun aber kam ganz unvermeidlich die Hochzeit zur Sprache. Es war ein Punkt, der diese lezten Tage her Agnesen im Stillen Vieles mochte zu schaffen gemacht haben; sie faßte sich daher ein Herz und fing von selbst davon zu reden an, jedoch nur um zu bit- ten, daß man damit nicht eilen, daß man diesen und den nächsten Monat noch abwarten möge. "Was soll das heißen?" rief der Vater und traute seinen Ohren
nehmen können; daß ich aber für jezt nur abbräche, um wieder zu kommen und dann die Sachen in Ord- nung zu bringen, wäre wo möglich noch ungeſchickter. Kommt ihr nur erſt an Ort und Stelle an, wir wol- len ſehen, was ſich dann weiter ſchickt und ob es Gottes Wille iſt, daß ich euch folge.“
Agnes konnte dem Vater nicht Unrecht geben; am liebſten freilich hätte ſie Theobalden jenen Ne- benplan ausreden mögen, der ihr und, wie ſie wohl bemerkte, noch mehr dem Vater, der bedeutenden Ko- ſten wegen, bedenklich vorkam. Sie hielt auch dieſe Einwendung nicht ganz zurück, doch da man ſah, wie vielen Werth der Maler auf die Sache legte, ſo dachte man ſie ihm nich[ – 1 Zeichen fehlt] zu verkümmern. Man fing alſo zu rechnen an, und Theobald erklärte, daß er, ſo günſtig wie nunmehr die Dinge für ihn lägen, eine Schuld ohne Gefahr aufnehmen könne, ja er geſtand, er habe dieß Geſchäft ſchon abgethan und bereits die Wechſel in Händen. Dieß gab ihm einen kleinen Zank, doch mußte man es ihm wohl gelten laſſen.
Nun aber kam ganz unvermeidlich die Hochzeit zur Sprache. Es war ein Punkt, der dieſe lezten Tage her Agneſen im Stillen Vieles mochte zu ſchaffen gemacht haben; ſie faßte ſich daher ein Herz und fing von ſelbſt davon zu reden an, jedoch nur um zu bit- ten, daß man damit nicht eilen, daß man dieſen und den nächſten Monat noch abwarten möge. „Was ſoll das heißen?“ rief der Vater und traute ſeinen Ohren
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nehmen können; daß ich aber für jezt nur abbräche,
um wieder zu kommen und dann die Sachen in Ord-
nung zu bringen, wäre wo möglich noch ungeſchickter.
Kommt ihr nur erſt an Ort und Stelle an, wir wol-
len ſehen, was ſich dann weiter ſchickt und ob es
Gottes Wille iſt, daß ich euch folge.“
Agnes konnte dem Vater nicht Unrecht geben;
am liebſten freilich hätte ſie Theobalden jenen Ne-
benplan ausreden mögen, der ihr und, wie ſie wohl
bemerkte, noch mehr dem Vater, der bedeutenden Ko-
ſten wegen, bedenklich vorkam. Sie hielt auch dieſe
Einwendung nicht ganz zurück, doch da man ſah, wie
vielen Werth der Maler auf die Sache legte, ſo dachte
man ſie ihm nich_ zu verkümmern. Man fing alſo
zu rechnen an, und Theobald erklärte, daß er, ſo
günſtig wie nunmehr die Dinge für ihn lägen, eine
Schuld ohne Gefahr aufnehmen könne, ja er geſtand,
er habe dieß Geſchäft ſchon abgethan und bereits die
Wechſel in Händen. Dieß gab ihm einen kleinen Zank,
doch mußte man es ihm wohl gelten laſſen.
Nun aber kam ganz unvermeidlich die Hochzeit
zur Sprache. Es war ein Punkt, der dieſe lezten Tage
her Agneſen im Stillen Vieles mochte zu ſchaffen
gemacht haben; ſie faßte ſich daher ein Herz und fing
von ſelbſt davon zu reden an, jedoch nur um zu bit-
ten, daß man damit nicht eilen, daß man dieſen und
den nächſten Monat noch abwarten möge. „Was ſoll
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/159>, abgerufen am 26.11.2024.
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