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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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Zunächst nun folgte in dem Forsthaus eine stille,
doch wohlthätige Trauerwoche. In traulichen, öfters
bis tief in die Nacht fortgesezten Gesprächen verge-
genwärtigte man sich die eigenthümliche Sinnesart
des Verstorbenen auf alle Weise. Erinnerungen aus
frühester und neuester Zeit traten hervor. Entwürfe
eines Denkmals, das Grab des Todten einfach und
edel zu zieren, wurden verschiedentlich versucht, Um-
risse der freundlichen Gesichtsbildung wurden gezeich-
net, nach Ansicht eines Jeden sorgfältig verändert und
wieder gezeichnet. Jezt langten Noltens Effekten
an. Er fand unter seinen Papieren eine Sammlung
älterer Briefe des Barons (denn in dem lezten Jahre
schrieb er fast nichts mehr, und alle Verbindung zwi-
schen ihm und dem Maler war nur gelegentlich durch
das Forsthaus). Meistens fiel diese Korrespondenz in
die Zeit, da sich Theobald in Rom aufhielt, man
bekam die Gegen-Blätter vollständig aus dem Nach-
lasse des Barons zusammen und sie gewährten jezt
eine eben so lehrreiche als erbauliche Unterhaltung.

Von einem solchen, dem theuren Abgeschiedenen
mit frommer Neigung gewidmeten Andenken war dann
der Uebergang zum lebendigen Genusse der Gegenwart
in jedem Augenblicke leicht gefunden. Größere und
kleinere Spaziergänge, Besuche aus der Nachbarschaft
erwiedert, hundert kleine Beschäftigungen in Haus und
Feld und Garten, wechselten ab, die Tage schnell und
harmlos abzuspinnen. Nolten versäumte dabei nicht,

Zunächſt nun folgte in dem Forſthaus eine ſtille,
doch wohlthätige Trauerwoche. In traulichen, öfters
bis tief in die Nacht fortgeſezten Geſprächen verge-
genwärtigte man ſich die eigenthümliche Sinnesart
des Verſtorbenen auf alle Weiſe. Erinnerungen aus
früheſter und neueſter Zeit traten hervor. Entwürfe
eines Denkmals, das Grab des Todten einfach und
edel zu zieren, wurden verſchiedentlich verſucht, Um-
riſſe der freundlichen Geſichtsbildung wurden gezeich-
net, nach Anſicht eines Jeden ſorgfältig verändert und
wieder gezeichnet. Jezt langten Noltens Effekten
an. Er fand unter ſeinen Papieren eine Sammlung
älterer Briefe des Barons (denn in dem lezten Jahre
ſchrieb er faſt nichts mehr, und alle Verbindung zwi-
ſchen ihm und dem Maler war nur gelegentlich durch
das Forſthaus). Meiſtens fiel dieſe Korreſpondenz in
die Zeit, da ſich Theobald in Rom aufhielt, man
bekam die Gegen-Blätter vollſtändig aus dem Nach-
laſſe des Barons zuſammen und ſie gewährten jezt
eine eben ſo lehrreiche als erbauliche Unterhaltung.

Von einem ſolchen, dem theuren Abgeſchiedenen
mit frommer Neigung gewidmeten Andenken war dann
der Uebergang zum lebendigen Genuſſe der Gegenwart
in jedem Augenblicke leicht gefunden. Größere und
kleinere Spaziergänge, Beſuche aus der Nachbarſchaft
erwiedert, hundert kleine Beſchäftigungen in Haus und
Feld und Garten, wechſelten ab, die Tage ſchnell und
harmlos abzuſpinnen. Nolten verſäumte dabei nicht,

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[471/0157] Zunächſt nun folgte in dem Forſthaus eine ſtille, doch wohlthätige Trauerwoche. In traulichen, öfters bis tief in die Nacht fortgeſezten Geſprächen verge- genwärtigte man ſich die eigenthümliche Sinnesart des Verſtorbenen auf alle Weiſe. Erinnerungen aus früheſter und neueſter Zeit traten hervor. Entwürfe eines Denkmals, das Grab des Todten einfach und edel zu zieren, wurden verſchiedentlich verſucht, Um- riſſe der freundlichen Geſichtsbildung wurden gezeich- net, nach Anſicht eines Jeden ſorgfältig verändert und wieder gezeichnet. Jezt langten Noltens Effekten an. Er fand unter ſeinen Papieren eine Sammlung älterer Briefe des Barons (denn in dem lezten Jahre ſchrieb er faſt nichts mehr, und alle Verbindung zwi- ſchen ihm und dem Maler war nur gelegentlich durch das Forſthaus). Meiſtens fiel dieſe Korreſpondenz in die Zeit, da ſich Theobald in Rom aufhielt, man bekam die Gegen-Blätter vollſtändig aus dem Nach- laſſe des Barons zuſammen und ſie gewährten jezt eine eben ſo lehrreiche als erbauliche Unterhaltung. Von einem ſolchen, dem theuren Abgeſchiedenen mit frommer Neigung gewidmeten Andenken war dann der Uebergang zum lebendigen Genuſſe der Gegenwart in jedem Augenblicke leicht gefunden. Größere und kleinere Spaziergänge, Beſuche aus der Nachbarſchaft erwiedert, hundert kleine Beſchäftigungen in Haus und Feld und Garten, wechſelten ab, die Tage ſchnell und harmlos abzuſpinnen. Nolten verſäumte dabei nicht,

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/157>, abgerufen am 26.11.2024.