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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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Mir aber nagt's am Herzen hier,
Das Schmollen und das Grollen.

Willkommen denn, des Jägers Lust,
Gewittersturm und Regen!
Fest zugeknöpft die heiße Brust,
Und jauchzend euch entgegen!
Nun sizt sie wohl daheim und lacht,
Und scherzt mit den Geschwistern;
Ich höre in des Waldes Nacht
Die alten Blätter flüstern.
Nun sizt sie wohl und weinet laut
Im Kämmerlein, in Sorgen;
Mir ist es wie dem Wilde traut,
In Finsterniß geborgen.
Kein Hirsch und Rehlein überall!
Ein Schuß zum Zeitvertreibe!
Gesunder Knall und Wiederhall
Erfrischt das Mark im Leibe. --
Doch wie der Donner nun verhallt
In Thälern in die Runde,
Ein plötzlich Weh mich überwallt,
Mir sinkt das Herz zu Grunde.
Sie truzt mit mir und ich mit ihr,
So hat sie's haben wollen,
Mir aber frißt's das Herze schier
Das Schmollen und das Grollen.
-- Und auf! und nach der Liebsten Haus!
Und sie gefaßt um's Mieder!
"Drück' mir die nassen Locken aus,
Und küss' und hab' mich wieder!"

Mir aber nagt’s am Herzen hier,
Das Schmollen und das Grollen.

Willkommen denn, des Jägers Luſt,
Gewitterſturm und Regen!
Feſt zugeknöpft die heiße Bruſt,
Und jauchzend euch entgegen!
Nun ſizt ſie wohl daheim und lacht,
Und ſcherzt mit den Geſchwiſtern;
Ich höre in des Waldes Nacht
Die alten Blätter flüſtern.
Nun ſizt ſie wohl und weinet laut
Im Kämmerlein, in Sorgen;
Mir iſt es wie dem Wilde traut,
In Finſterniß geborgen.
Kein Hirſch und Rehlein überall!
Ein Schuß zum Zeitvertreibe!
Geſunder Knall und Wiederhall
Erfriſcht das Mark im Leibe. —
Doch wie der Donner nun verhallt
In Thälern in die Runde,
Ein plötzlich Weh mich überwallt,
Mir ſinkt das Herz zu Grunde.
Sie truzt mit mir und ich mit ihr,
So hat ſie’s haben wollen,
Mir aber frißt’s das Herze ſchier
Das Schmollen und das Grollen.
— Und auf! und nach der Liebſten Haus!
Und ſie gefaßt um’s Mieder!
„Drück’ mir die naſſen Locken aus,
Und küſſ’ und hab’ mich wieder!“
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[432/0118] Mir aber nagt’s am Herzen hier, Das Schmollen und das Grollen. Willkommen denn, des Jägers Luſt, Gewitterſturm und Regen! Feſt zugeknöpft die heiße Bruſt, Und jauchzend euch entgegen! Nun ſizt ſie wohl daheim und lacht, Und ſcherzt mit den Geſchwiſtern; Ich höre in des Waldes Nacht Die alten Blätter flüſtern. Nun ſizt ſie wohl und weinet laut Im Kämmerlein, in Sorgen; Mir iſt es wie dem Wilde traut, In Finſterniß geborgen. Kein Hirſch und Rehlein überall! Ein Schuß zum Zeitvertreibe! Geſunder Knall und Wiederhall Erfriſcht das Mark im Leibe. — Doch wie der Donner nun verhallt In Thälern in die Runde, Ein plötzlich Weh mich überwallt, Mir ſinkt das Herz zu Grunde. Sie truzt mit mir und ich mit ihr, So hat ſie’s haben wollen, Mir aber frißt’s das Herze ſchier Das Schmollen und das Grollen. — Und auf! und nach der Liebſten Haus! Und ſie gefaßt um’s Mieder! „Drück’ mir die naſſen Locken aus, Und küſſ’ und hab’ mich wieder!“

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/118>, abgerufen am 27.04.2024.