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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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fahren. Der Beifall der Verständigen und zulezt auch
des gemeinen Volks war ihm um so gewisser, je be-
scheidener die strotzende Ader der komischen Kraft in-
nerhalb der feinen Schönheitslinie blieb, die nur der
ächte Künstler, vom richtigsten Takte geleitet, zwischen
Begeisterung und Weisheit hin zu ziehen weiß. Statt,
wie so Mancher an seinem Platze, immer gleichsam
auf erhiztem Boden zu gehen, schien Meister Lar-
kens
nur von einer sanften Wärme belebt, die ihm
die Grazien angehaucht, und die Funken des Genies,
welche er auswarf, entzündeten keineswegs ihn selber.
Maaßhaltung blieb immer die Seele seines Spiels,
aber sie verdiente um so mehr Bewunderung, wenn
es wahr ist, was genauere Freunde behaupteten, daß
seine humoristische Stimmung jederzeit nur die günstige
Krise eines schmerzhaft bewegten und gedrückten Ge-
müthes war. Wie dem auch seyn mag, die Direktion
besoldete ihn eigentlich nur um dieser außergewöhnlichen
Darstellungen willen, und ließ ihn im Uebrigen, weil
er nicht gezwungen werden konnte, gewähren.

Die Viere waren schon nach eilf Uhr auf dem
Albanithurme angekommen. Außer dem Thürmer, seiner
Frau und Kindern saßen in dem Stübchen um die
einzige Lampe her noch einige junge Stadtmusiker,
die nach althergebrachter Sitte um Mitternacht ein
Lied auf der Galerie abzublasen hatten. Die neuen
Gäste wurden gar freundlich aufgenommen, zumal sie
für eine Kollation mit Wein gesorgt hatten. Nach

fahren. Der Beifall der Verſtändigen und zulezt auch
des gemeinen Volks war ihm um ſo gewiſſer, je be-
ſcheidener die ſtrotzende Ader der komiſchen Kraft in-
nerhalb der feinen Schönheitslinie blieb, die nur der
ächte Künſtler, vom richtigſten Takte geleitet, zwiſchen
Begeiſterung und Weisheit hin zu ziehen weiß. Statt,
wie ſo Mancher an ſeinem Platze, immer gleichſam
auf erhiztem Boden zu gehen, ſchien Meiſter Lar-
kens
nur von einer ſanften Wärme belebt, die ihm
die Grazien angehaucht, und die Funken des Genies,
welche er auswarf, entzündeten keineswegs ihn ſelber.
Maaßhaltung blieb immer die Seele ſeines Spiels,
aber ſie verdiente um ſo mehr Bewunderung, wenn
es wahr iſt, was genauere Freunde behaupteten, daß
ſeine humoriſtiſche Stimmung jederzeit nur die günſtige
Kriſe eines ſchmerzhaft bewegten und gedrückten Ge-
müthes war. Wie dem auch ſeyn mag, die Direktion
beſoldete ihn eigentlich nur um dieſer außergewöhnlichen
Darſtellungen willen, und ließ ihn im Uebrigen, weil
er nicht gezwungen werden konnte, gewähren.

Die Viere waren ſchon nach eilf Uhr auf dem
Albanithurme angekommen. Außer dem Thürmer, ſeiner
Frau und Kindern ſaßen in dem Stübchen um die
einzige Lampe her noch einige junge Stadtmuſiker,
die nach althergebrachter Sitte um Mitternacht ein
Lied auf der Galerie abzublaſen hatten. Die neuen
Gäſte wurden gar freundlich aufgenommen, zumal ſie
für eine Kollation mit Wein geſorgt hatten. Nach

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[43/0051] fahren. Der Beifall der Verſtändigen und zulezt auch des gemeinen Volks war ihm um ſo gewiſſer, je be- ſcheidener die ſtrotzende Ader der komiſchen Kraft in- nerhalb der feinen Schönheitslinie blieb, die nur der ächte Künſtler, vom richtigſten Takte geleitet, zwiſchen Begeiſterung und Weisheit hin zu ziehen weiß. Statt, wie ſo Mancher an ſeinem Platze, immer gleichſam auf erhiztem Boden zu gehen, ſchien Meiſter Lar- kens nur von einer ſanften Wärme belebt, die ihm die Grazien angehaucht, und die Funken des Genies, welche er auswarf, entzündeten keineswegs ihn ſelber. Maaßhaltung blieb immer die Seele ſeines Spiels, aber ſie verdiente um ſo mehr Bewunderung, wenn es wahr iſt, was genauere Freunde behaupteten, daß ſeine humoriſtiſche Stimmung jederzeit nur die günſtige Kriſe eines ſchmerzhaft bewegten und gedrückten Ge- müthes war. Wie dem auch ſeyn mag, die Direktion beſoldete ihn eigentlich nur um dieſer außergewöhnlichen Darſtellungen willen, und ließ ihn im Uebrigen, weil er nicht gezwungen werden konnte, gewähren. Die Viere waren ſchon nach eilf Uhr auf dem Albanithurme angekommen. Außer dem Thürmer, ſeiner Frau und Kindern ſaßen in dem Stübchen um die einzige Lampe her noch einige junge Stadtmuſiker, die nach althergebrachter Sitte um Mitternacht ein Lied auf der Galerie abzublaſen hatten. Die neuen Gäſte wurden gar freundlich aufgenommen, zumal ſie für eine Kollation mit Wein geſorgt hatten. Nach

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/51>, abgerufen am 23.11.2024.