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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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zes Wesen war in Wehmuth aufgelöst, mit doppelter
Inbrunst hielt er sich an jenes theure Bild; der Trieb
zu bilden und zu malen ward jezt unwiderstehlich und
sein Beruf zum Künstler war entschieden.

In Kurzem starb der Vater am Schlagflusse.
Die Kinder wurden zerstreut. Theobald ward ei-
nem wackern Manne (dem Förster zu Neuburg) in
die Kost gegeben, von dessen Hause aus er die benach-
barte Malerschule zu *** besuchte. Nach fünfthalb
Jahren fleißiger Studien fand ein reicher Gönner sich
bewogen, dem jungen Manne die Mittel zu seiner
weiteren Bildung im Auslande zu reichen. In ho-
hem Grade fruchtbar ward ihm der Aufenthalt zu
Rom und Florenz, aber selbst die mannigfaltigen An-
schauungen dieser herrlichen Kunstwelt vermochten den
Grundton jener früheren Eindrücke nie völlig zu ver-
drängen, deren mysteriöser Charakter zunächst in der
Idee des Christlichen eine analoge Befriedigung fand.

Elisabethen hat er nie wieder gesehen.


zes Weſen war in Wehmuth aufgelöst, mit doppelter
Inbrunſt hielt er ſich an jenes theure Bild; der Trieb
zu bilden und zu malen ward jezt unwiderſtehlich und
ſein Beruf zum Künſtler war entſchieden.

In Kurzem ſtarb der Vater am Schlagfluſſe.
Die Kinder wurden zerſtreut. Theobald ward ei-
nem wackern Manne (dem Förſter zu Neuburg) in
die Koſt gegeben, von deſſen Hauſe aus er die benach-
barte Malerſchule zu *** beſuchte. Nach fünfthalb
Jahren fleißiger Studien fand ein reicher Gönner ſich
bewogen, dem jungen Manne die Mittel zu ſeiner
weiteren Bildung im Auslande zu reichen. In ho-
hem Grade fruchtbar ward ihm der Aufenthalt zu
Rom und Florenz, aber ſelbſt die mannigfaltigen An-
ſchauungen dieſer herrlichen Kunſtwelt vermochten den
Grundton jener früheren Eindrücke nie völlig zu ver-
drängen, deren myſteriöſer Charakter zunächſt in der
Idee des Chriſtlichen eine analoge Befriedigung fand.

Eliſabethen hat er nie wieder geſehen.


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[324/0332] zes Weſen war in Wehmuth aufgelöst, mit doppelter Inbrunſt hielt er ſich an jenes theure Bild; der Trieb zu bilden und zu malen ward jezt unwiderſtehlich und ſein Beruf zum Künſtler war entſchieden. In Kurzem ſtarb der Vater am Schlagfluſſe. Die Kinder wurden zerſtreut. Theobald ward ei- nem wackern Manne (dem Förſter zu Neuburg) in die Koſt gegeben, von deſſen Hauſe aus er die benach- barte Malerſchule zu *** beſuchte. Nach fünfthalb Jahren fleißiger Studien fand ein reicher Gönner ſich bewogen, dem jungen Manne die Mittel zu ſeiner weiteren Bildung im Auslande zu reichen. In ho- hem Grade fruchtbar ward ihm der Aufenthalt zu Rom und Florenz, aber ſelbſt die mannigfaltigen An- ſchauungen dieſer herrlichen Kunſtwelt vermochten den Grundton jener früheren Eindrücke nie völlig zu ver- drängen, deren myſteriöſer Charakter zunächſt in der Idee des Chriſtlichen eine analoge Befriedigung fand. Eliſabethen hat er nie wieder geſehen.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/332>, abgerufen am 19.05.2024.