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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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nahme, nachdem ich mich durch das erſte barſche Wort
des Häuptlings nicht hatte irre machen laſſen. Meine
unbefangene Keckheit ſchien ihm plötzlich zu gefallen,
auch meinen Anzug muſterte er jezt mit ſichtbarem
Reſpekt. Man lud mich ein, auf einen Teppich nie-
derzuſitzen und bot mir zu eſſen an. Ich gab mir ein
mehr und mehr treuherziges und redſeliges Weſen,
deſſen gute Wirkung ſich gar bald an meinen Leuten zeigte,
die mit Aufmerkſamkeit meinen Schilderungen aus
fremden Ländern zuhörten, während ich mich nebenher
an den merkwürdigen Geſichtern und köſtlichen Grup-
pen in die Runde erquicken konnte.

Dieß dauerte ungeſtört eine ganze Zeit. Jezt
ließ ſich ein ferner Donner vernehmen und man machte
ſich auf ein Gewitter gefaßt, das auch wirklich un-
vermuthet ſchnell herbeikam. Jedes ſchüzte ſich ſo
gut wie möglich.

Bei dieſer allgemeinen Bewegung, indeß der Re-
gen unter heftigen Donnerſchlägen ſtromweiſe nieder-
goß und eines der ſeitwärts ſtehenden Pferde ſcheu
wurde, war mir mein Portefeuille entfallen. Ich ſuchte
es in der dickſten Finſterniß am Boden und hatte es
ſo eben glücklich aufgehoben, als ich plötzlich beim
jähen Licht eines ſtarken Blitzes hart an meiner Seite
ein weibliches Geſicht erblickte, das freilich derſelbe
Moment, welcher es mir gezeigt, wieder in die vorige
Nacht verſchlang. Aber noch ſtand ich geblendet wie
in einem Meere von Feuer und vor meinem innern

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/311>, abgerufen am 12.02.2025.