Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.Kein Wunder, wenn ihr jezt die kläglichen Worte O armer Zorn! Noch ärmere Liebe! Zornwuth und Liebe Verzweifelnd an einander gehezt, Beiden das Auge voll Thränen, Und Mitleid dazwischen, Ein flehendes Kind! Desselben Morgens gegen zehn Uhr, als Lar- Kein Wunder, wenn ihr jezt die kläglichen Worte O armer Zorn! Noch ärmere Liebe! Zornwuth und Liebe Verzweifelnd an einander gehezt, Beiden das Auge voll Thränen, Und Mitleid dazwiſchen, Ein flehendes Kind! Deſſelben Morgens gegen zehn Uhr, als Lar- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0241" n="233"/> <p>Kein Wunder, wenn ihr jezt die kläglichen Worte<lb/><hi rendition="#g">Thereilens</hi> aus dem geſtrigen Schauſpiele einka-<lb/> men, das gleichſam weiſſagend von ihr geſprochen;<lb/> kein Wunder, gab ſie auf einen Augenblick dem wi-<lb/> derſinnigen Gedanken Raum, als hätte <hi rendition="#g">Larkens</hi><lb/> einige Mal eine boshafte Anſpielung auf <hi rendition="#g">ſie</hi> im<lb/> Sinne gehabt. Aber ganz iſt ihr gegenwärtiger Zuſtand<lb/> durch die leidenſchaftlichen Zeilen bezeichnet:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>O armer Zorn!</l><lb/> <l>Noch ärmere Liebe!</l><lb/> <l>Zornwuth und Liebe</l><lb/> <l>Verzweifelnd an einander gehezt,</l><lb/> <l>Beiden das Auge voll Thränen,</l><lb/> <l>Und Mitleid dazwiſchen,</l><lb/> <l>Ein flehendes Kind!</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Deſſelben Morgens gegen zehn Uhr, als <hi rendition="#g">Lar-<lb/> kens</hi> eben von einem Ausgange nach Hauſe kam,<lb/> übergab ſein Bedienter ihm das braune Käſtchen, das<lb/> die Laterna magica verwahrte; man habe es vor ei-<lb/> ner Viertelſtunde aus dem <hi rendition="#g">Zarlin’ſ</hi>chen Hauſe hie-<lb/> her gebracht nebſt dem Danke der gnädigen Frau.<lb/> Unſer Schauſpieler öffnete den Deckel, zog begierig die<lb/> zu oberſt liegende Brieftaſche heraus, unterſuchte ſie<lb/> von allen Seiten und ſein Mund verzog ſich zu einem<lb/> vergnügten, doch gewiſſermaßen befremdeten Lächeln,<lb/> indem er ausrief: „Bei’m Himmel! die Falle hat ge-<lb/> lockt, der Speck iſt angebiſſen, und das wacker! kein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [233/0241]
Kein Wunder, wenn ihr jezt die kläglichen Worte
Thereilens aus dem geſtrigen Schauſpiele einka-
men, das gleichſam weiſſagend von ihr geſprochen;
kein Wunder, gab ſie auf einen Augenblick dem wi-
derſinnigen Gedanken Raum, als hätte Larkens
einige Mal eine boshafte Anſpielung auf ſie im
Sinne gehabt. Aber ganz iſt ihr gegenwärtiger Zuſtand
durch die leidenſchaftlichen Zeilen bezeichnet:
O armer Zorn!
Noch ärmere Liebe!
Zornwuth und Liebe
Verzweifelnd an einander gehezt,
Beiden das Auge voll Thränen,
Und Mitleid dazwiſchen,
Ein flehendes Kind!
Deſſelben Morgens gegen zehn Uhr, als Lar-
kens eben von einem Ausgange nach Hauſe kam,
übergab ſein Bedienter ihm das braune Käſtchen, das
die Laterna magica verwahrte; man habe es vor ei-
ner Viertelſtunde aus dem Zarlin’ſchen Hauſe hie-
her gebracht nebſt dem Danke der gnädigen Frau.
Unſer Schauſpieler öffnete den Deckel, zog begierig die
zu oberſt liegende Brieftaſche heraus, unterſuchte ſie
von allen Seiten und ſein Mund verzog ſich zu einem
vergnügten, doch gewiſſermaßen befremdeten Lächeln,
indem er ausrief: „Bei’m Himmel! die Falle hat ge-
lockt, der Speck iſt angebiſſen, und das wacker! kein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |