Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.danke wollte haften; Mitternacht war vorüber; sollte Ich will Emilien wecken, fiel ihr endlich ein, "Ach!" war die bebende Antwort, "zürnen Sie "Wie viel?" sagte Constanze, sie scharf anse- "O bitte, liebste, süße gnädige Frau! ich habe ja gewiß danke wollte haften; Mitternacht war vorüber; ſollte Ich will Emilien wecken, fiel ihr endlich ein, „Ach!“ war die bebende Antwort, „zürnen Sie „Wie viel?“ ſagte Conſtanze, ſie ſcharf anſe- „O bitte, liebſte, ſüße gnädige Frau! ich habe ja gewiß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0228" n="220"/> danke wollte haften; Mitternacht war vorüber; ſollte<lb/> ſie ſich niederlegen, ſchlafen? Es wäre unmöglich ge-<lb/> weſen, ſo bang’, ſo heiß und unbehaglich wie ihr war.</p><lb/> <p>Ich will <hi rendition="#g">Emilien</hi> wecken, fiel ihr endlich ein,<lb/> das Mädchen ſoll mit mir plaudern. Sie bedachte ſich<lb/> um ſo weniger, die Geſellſchaft des Kammermädchens<lb/> zu ſuchen, da zu ihrer Verwunderung wirklich noch der<lb/> Schein eines Lichtes in dem Erker zu ſehen war, wo<lb/> jene ſchlief. Sie ging leiſe über den Gang, öffnete<lb/> das Kabinet und fand das Mädchen feſt eingeſchlafen<lb/> im Bette, daneben das Licht, ausflammend in den<lb/> Leuchter hinabgeſunken. Eine offene Brieftaſche und<lb/> eine Anzahl zerſtreuter Blätter lag unter den Händen<lb/> der Schlafenden. Auf einen Anruf erwachte dieſe, hef-<lb/> tig erſchrocken, und ihre erſte Bewegung war, ſchnell Taſche<lb/> und Papiere zu verbergen, ſo daß <hi rendition="#g">Conſtanze</hi> dadurch<lb/> aufmerkſam gemacht, gelaſſen fragte: was ſie hier ge-<lb/> leſen?</p><lb/> <p>„Ach!“ war die bebende Antwort, „zürnen Sie<lb/> nicht, gnädige Frau! es ſind alte Briefe, die ich nach<lb/> langer Zeit einmal wieder vornahm, und darüber muß<lb/> der Schlaf mich überraſcht haben — wie viel Uhr iſt<lb/> es doch?“</p><lb/> <p>„Wie viel?“ ſagte <hi rendition="#g">Conſtanze</hi>, ſie ſcharf anſe-<lb/> hend, „ich denke es iſt halb — <hi rendition="#g">gelogen</hi>, was du da<lb/> ſprichſt. Laß doch ſehen!“</p><lb/> <p>„O bitte, liebſte, ſüße gnädige Frau! ich habe ja gewiß<lb/> nichts Unrechtes — aber — erlaſſen Sie’s mir!“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0228]
danke wollte haften; Mitternacht war vorüber; ſollte
ſie ſich niederlegen, ſchlafen? Es wäre unmöglich ge-
weſen, ſo bang’, ſo heiß und unbehaglich wie ihr war.
Ich will Emilien wecken, fiel ihr endlich ein,
das Mädchen ſoll mit mir plaudern. Sie bedachte ſich
um ſo weniger, die Geſellſchaft des Kammermädchens
zu ſuchen, da zu ihrer Verwunderung wirklich noch der
Schein eines Lichtes in dem Erker zu ſehen war, wo
jene ſchlief. Sie ging leiſe über den Gang, öffnete
das Kabinet und fand das Mädchen feſt eingeſchlafen
im Bette, daneben das Licht, ausflammend in den
Leuchter hinabgeſunken. Eine offene Brieftaſche und
eine Anzahl zerſtreuter Blätter lag unter den Händen
der Schlafenden. Auf einen Anruf erwachte dieſe, hef-
tig erſchrocken, und ihre erſte Bewegung war, ſchnell Taſche
und Papiere zu verbergen, ſo daß Conſtanze dadurch
aufmerkſam gemacht, gelaſſen fragte: was ſie hier ge-
leſen?
„Ach!“ war die bebende Antwort, „zürnen Sie
nicht, gnädige Frau! es ſind alte Briefe, die ich nach
langer Zeit einmal wieder vornahm, und darüber muß
der Schlaf mich überraſcht haben — wie viel Uhr iſt
es doch?“
„Wie viel?“ ſagte Conſtanze, ſie ſcharf anſe-
hend, „ich denke es iſt halb — gelogen, was du da
ſprichſt. Laß doch ſehen!“
„O bitte, liebſte, ſüße gnädige Frau! ich habe ja gewiß
nichts Unrechtes — aber — erlaſſen Sie’s mir!“
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