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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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nicht weit von uns -- ich habe seine Stimme gehört,
meines schlimmsten, meines tödtlichsten Feindes, --
Herzog Adolph ist in der Nähe!"

Nun erst schien Constanze zu begreifen; sie
stand sprachlos, ohne Bewegung.

"Der Augenblick ist da!" rief Theobald, "ich
fühl' es, jezt, jezt oder niemals muß es heraus, das
Geheimniß, das seit Monaten an meinem Leben zehrt
und frißt, das mich zu Grunde richten wird, wenn
ich's nicht endlich darf aus der Brust stoßen -- Con-
stanze
! ahnest Du es nicht? O daß ich Dir in's
Auge blicken, Dir's von der Stirne lesen könnte, Du
habest längst errathen!"

"Still, Nolten! schweigen Sie -- um meiner
Ruhe willen, kein Wort weiter! Kommen Sie vor-
wärts, dort an das Licht" --

"Dorthin? nein, nimmermehr! seyn Sie barm-
herzig -- Nicht, daß ich mich fürchtete vor ihm, dem
Uebermüthigen -- sein Anblick nur ist mir unerträg-
lich -- Jezt, eben jezt, als hätte die Hölle ihn be-
stellt, mir jede meiner kurzen Seligkeiten zu vergiften!
Ich hass' ihn, hass' ihn, weil er um deine Liebe
schleicht, Constanze! Ist's nicht so? kannst Du's
läugnen? und dürft' er hoffen? Er? Gib einen Laut!
Laß mich's erfahren! Alles weißt Du, weißt, was
ich leide, mein Herz, mein Verlangen kann Dir nicht
unbekannt seyn; Engel! o himmlischer, gib mir ein
Zeichen! Lass' mir ein Lispeln, mir einen schwachen

nicht weit von uns — ich habe ſeine Stimme gehört,
meines ſchlimmſten, meines tödtlichſten Feindes, —
Herzog Adolph iſt in der Nähe!“

Nun erſt ſchien Conſtanze zu begreifen; ſie
ſtand ſprachlos, ohne Bewegung.

„Der Augenblick iſt da!“ rief Theobald, „ich
fühl’ es, jezt, jezt oder niemals muß es heraus, das
Geheimniß, das ſeit Monaten an meinem Leben zehrt
und frißt, das mich zu Grunde richten wird, wenn
ich’s nicht endlich darf aus der Bruſt ſtoßen — Con-
ſtanze
! ahneſt Du es nicht? O daß ich Dir in’s
Auge blicken, Dir’s von der Stirne leſen könnte, Du
habeſt längſt errathen!“

„Still, Nolten! ſchweigen Sie — um meiner
Ruhe willen, kein Wort weiter! Kommen Sie vor-
wärts, dort an das Licht“ —

„Dorthin? nein, nimmermehr! ſeyn Sie barm-
herzig — Nicht, daß ich mich fürchtete vor ihm, dem
Uebermüthigen — ſein Anblick nur iſt mir unerträg-
lich — Jezt, eben jezt, als hätte die Hölle ihn be-
ſtellt, mir jede meiner kurzen Seligkeiten zu vergiften!
Ich haſſ’ ihn, haſſ’ ihn, weil er um deine Liebe
ſchleicht, Conſtanze! Iſt’s nicht ſo? kannſt Du’s
läugnen? und dürft’ er hoffen? Er? Gib einen Laut!
Laß mich’s erfahren! Alles weißt Du, weißt, was
ich leide, mein Herz, mein Verlangen kann Dir nicht
unbekannt ſeyn; Engel! o himmliſcher, gib mir ein
Zeichen! Laſſ' mir ein Lispeln, mir einen ſchwachen

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[120/0128] nicht weit von uns — ich habe ſeine Stimme gehört, meines ſchlimmſten, meines tödtlichſten Feindes, — Herzog Adolph iſt in der Nähe!“ Nun erſt ſchien Conſtanze zu begreifen; ſie ſtand ſprachlos, ohne Bewegung. „Der Augenblick iſt da!“ rief Theobald, „ich fühl’ es, jezt, jezt oder niemals muß es heraus, das Geheimniß, das ſeit Monaten an meinem Leben zehrt und frißt, das mich zu Grunde richten wird, wenn ich’s nicht endlich darf aus der Bruſt ſtoßen — Con- ſtanze! ahneſt Du es nicht? O daß ich Dir in’s Auge blicken, Dir’s von der Stirne leſen könnte, Du habeſt längſt errathen!“ „Still, Nolten! ſchweigen Sie — um meiner Ruhe willen, kein Wort weiter! Kommen Sie vor- wärts, dort an das Licht“ — „Dorthin? nein, nimmermehr! ſeyn Sie barm- herzig — Nicht, daß ich mich fürchtete vor ihm, dem Uebermüthigen — ſein Anblick nur iſt mir unerträg- lich — Jezt, eben jezt, als hätte die Hölle ihn be- ſtellt, mir jede meiner kurzen Seligkeiten zu vergiften! Ich haſſ’ ihn, haſſ’ ihn, weil er um deine Liebe ſchleicht, Conſtanze! Iſt’s nicht ſo? kannſt Du’s läugnen? und dürft’ er hoffen? Er? Gib einen Laut! Laß mich’s erfahren! Alles weißt Du, weißt, was ich leide, mein Herz, mein Verlangen kann Dir nicht unbekannt ſeyn; Engel! o himmliſcher, gib mir ein Zeichen! Laſſ' mir ein Lispeln, mir einen ſchwachen

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/128>, abgerufen am 30.11.2024.