Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.und Großartige eines solchen Ortes erhöhend auf die Dieß trat auch nur zu bald und auf ganz an- "Keine Furcht, edle Frau! Besorgen Sie nichts -- "Nolten!" entgegnete die Gräfin mit Heftig- "Ja, rufen Sie! rufen Sie ihn herbei -- er ist und Großartige eines ſolchen Ortes erhöhend auf die Dieß trat auch nur zu bald und auf ganz an- „Keine Furcht, edle Frau! Beſorgen Sie nichts — „Nolten!“ entgegnete die Gräfin mit Heftig- „Ja, rufen Sie! rufen Sie ihn herbei — er iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="119"/> und Großartige eines ſolchen Ortes erhöhend auf die<lb/> Sinne wirkt, ſo ſteigerte ſich jezt ſeine Phantaſie bis<lb/> zu einer gewiſſen Feierlichkeit, Alles ſchien ihm etwas<lb/> Außerordentliches, etwas Entſcheidendes ankündigen zu<lb/> wollen.</p><lb/> <p>Dieß trat auch nur zu bald und auf ganz an-<lb/> dere Weiſe ein, als er ſich hätte je vermuthen können;<lb/> denn in dem Augenblick, wo ihm vorne ein dämmernd<lb/> hereinfallendes Licht den nahen Ausgang verheißt,<lb/> glaubt er von derſelben Seite her eine Stimme zu<lb/> vernehmen, deren wohlbekannter Ton ihn plötzlich<lb/> ſtarr wie eingewurzelt ſtehen bleiben macht. <hi rendition="#g">Con-<lb/> ſtanze</hi> fühlt, wie er zuſammenſchrickt, wie ſein Athem<lb/> ungeſtüm ſich hebt, wie er mit der Fauſt gegen die<lb/> Bruſt fährt. „Was iſt das? um Gottes willen,<lb/><hi rendition="#g">Nolten</hi>, was haben Sie?“ Er ſchweigt. „Wird<lb/> Ihnen nicht wohl? Ich beſchwöre, reden Sie doch!“</p><lb/> <p>„Keine Furcht, edle Frau! Beſorgen Sie nichts —<lb/> aber ich gehe nicht weiter, — keinen Schritt — den-<lb/> ken Sie was Sie wollen, nur fragen Sie mich nicht!“</p><lb/> <p>„<hi rendition="#g">Nolten</hi>!“ entgegnete die Gräfin mit Heftig-<lb/> keit, „was ſoll der unſinnige Auftritt? kommen Sie!<lb/> Soll ich mich etwa krank hier frieren? Was haben<lb/> Sie vor? Den Augenblick verlaſſ’ ich dieſen Ort —<lb/> werden Sie mir folgen oder geh’ ich allein? Laſſen<lb/> Sie mich los! ich befehl’ es Ihnen.“ — Er hält ſie<lb/> feſter. „<hi rendition="#g">Nolten</hi>! ich rufe laut, wenn Sie beharren!“</p><lb/> <p>„Ja, rufen Sie! rufen Sie ihn herbei — er iſt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0127]
und Großartige eines ſolchen Ortes erhöhend auf die
Sinne wirkt, ſo ſteigerte ſich jezt ſeine Phantaſie bis
zu einer gewiſſen Feierlichkeit, Alles ſchien ihm etwas
Außerordentliches, etwas Entſcheidendes ankündigen zu
wollen.
Dieß trat auch nur zu bald und auf ganz an-
dere Weiſe ein, als er ſich hätte je vermuthen können;
denn in dem Augenblick, wo ihm vorne ein dämmernd
hereinfallendes Licht den nahen Ausgang verheißt,
glaubt er von derſelben Seite her eine Stimme zu
vernehmen, deren wohlbekannter Ton ihn plötzlich
ſtarr wie eingewurzelt ſtehen bleiben macht. Con-
ſtanze fühlt, wie er zuſammenſchrickt, wie ſein Athem
ungeſtüm ſich hebt, wie er mit der Fauſt gegen die
Bruſt fährt. „Was iſt das? um Gottes willen,
Nolten, was haben Sie?“ Er ſchweigt. „Wird
Ihnen nicht wohl? Ich beſchwöre, reden Sie doch!“
„Keine Furcht, edle Frau! Beſorgen Sie nichts —
aber ich gehe nicht weiter, — keinen Schritt — den-
ken Sie was Sie wollen, nur fragen Sie mich nicht!“
„Nolten!“ entgegnete die Gräfin mit Heftig-
keit, „was ſoll der unſinnige Auftritt? kommen Sie!
Soll ich mich etwa krank hier frieren? Was haben
Sie vor? Den Augenblick verlaſſ’ ich dieſen Ort —
werden Sie mir folgen oder geh’ ich allein? Laſſen
Sie mich los! ich befehl’ es Ihnen.“ — Er hält ſie
feſter. „Nolten! ich rufe laut, wenn Sie beharren!“
„Ja, rufen Sie! rufen Sie ihn herbei — er iſt
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