Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.raschung für Eugenien hätte der Zufall uns an diesem Tag nicht machen können. Gewiß! erwiderte Max, dies war auch mein erster Gedanke. Geschwinde, kommen Sie, Papa! Und -- sagte er, indem sie eilends nach der Treppe liefen -- der Verse wegen seien Sie ganz ruhig. Die neunte Muse soll nicht zu kurz kommen; im Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch besondern Vortheil ziehen. -- Das ist unmöglich! -- Ganz gewiß. -- Nun, wenn das ist -- allein ich nehme dich beim Wort -- so wollen wir dem Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen. So lange dies im Schloß vorging, hatte sich unser Quasi-Gefangener, ziemlich unbesorgt über den Ausgang der Sache, geraume Zeit schreibend beschäftigt. Weil sich jedoch gar Niemand sehen ließ, fing er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam dringliche Botschaft vom Wirthshaus, der Tisch sei schon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der Postillon pressire. So suchte er denn seine Sachen zusammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als beide Herrn vor der Laube erschienen. Der Graf begrüßte ihn beinah wie einen früheren Bekannten, lebhaft mit seinem kräftig schallenden Organ, ließ ihn zu gar keiner Entschuldigung kommen, sondern erklärte sogleich seinen Wunsch, das Ehepaar zum wenigsten für diesen Mittag und Abend im Kreis seiner Familie zu haben. Sie sind uns, mein liebster raschung für Eugenien hätte der Zufall uns an diesem Tag nicht machen können. Gewiß! erwiderte Max, dies war auch mein erster Gedanke. Geschwinde, kommen Sie, Papa! Und — sagte er, indem sie eilends nach der Treppe liefen — der Verse wegen seien Sie ganz ruhig. Die neunte Muse soll nicht zu kurz kommen; im Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch besondern Vortheil ziehen. — Das ist unmöglich! — Ganz gewiß. — Nun, wenn das ist — allein ich nehme dich beim Wort — so wollen wir dem Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen. So lange dies im Schloß vorging, hatte sich unser Quasi-Gefangener, ziemlich unbesorgt über den Ausgang der Sache, geraume Zeit schreibend beschäftigt. Weil sich jedoch gar Niemand sehen ließ, fing er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam dringliche Botschaft vom Wirthshaus, der Tisch sei schon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der Postillon pressire. So suchte er denn seine Sachen zusammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als beide Herrn vor der Laube erschienen. Der Graf begrüßte ihn beinah wie einen früheren Bekannten, lebhaft mit seinem kräftig schallenden Organ, ließ ihn zu gar keiner Entschuldigung kommen, sondern erklärte sogleich seinen Wunsch, das Ehepaar zum wenigsten für diesen Mittag und Abend im Kreis seiner Familie zu haben. Sie sind uns, mein liebster <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0037"/> raschung für Eugenien hätte der Zufall uns an diesem Tag nicht machen können.</p><lb/> <p>Gewiß! erwiderte Max, dies war auch mein erster Gedanke. Geschwinde, kommen Sie, Papa! Und — sagte er, indem sie eilends nach der Treppe liefen — der Verse wegen seien Sie ganz ruhig. Die neunte Muse soll nicht zu kurz kommen; im Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch besondern Vortheil ziehen. — Das ist unmöglich! — Ganz gewiß. — Nun, wenn das ist — allein ich nehme dich beim Wort — so wollen wir dem Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen.</p><lb/> <p>So lange dies im Schloß vorging, hatte sich unser Quasi-Gefangener, ziemlich unbesorgt über den Ausgang der Sache, geraume Zeit schreibend beschäftigt. Weil sich jedoch gar Niemand sehen ließ, fing er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam dringliche Botschaft vom Wirthshaus, der Tisch sei schon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der Postillon pressire. So suchte er denn seine Sachen zusammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als beide Herrn vor der Laube erschienen.</p><lb/> <p>Der Graf begrüßte ihn beinah wie einen früheren Bekannten, lebhaft mit seinem kräftig schallenden Organ, ließ ihn zu gar keiner Entschuldigung kommen, sondern erklärte sogleich seinen Wunsch, das Ehepaar zum wenigsten für diesen Mittag und Abend im Kreis seiner Familie zu haben. Sie sind uns, mein liebster<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
raschung für Eugenien hätte der Zufall uns an diesem Tag nicht machen können.
Gewiß! erwiderte Max, dies war auch mein erster Gedanke. Geschwinde, kommen Sie, Papa! Und — sagte er, indem sie eilends nach der Treppe liefen — der Verse wegen seien Sie ganz ruhig. Die neunte Muse soll nicht zu kurz kommen; im Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch besondern Vortheil ziehen. — Das ist unmöglich! — Ganz gewiß. — Nun, wenn das ist — allein ich nehme dich beim Wort — so wollen wir dem Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen.
So lange dies im Schloß vorging, hatte sich unser Quasi-Gefangener, ziemlich unbesorgt über den Ausgang der Sache, geraume Zeit schreibend beschäftigt. Weil sich jedoch gar Niemand sehen ließ, fing er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam dringliche Botschaft vom Wirthshaus, der Tisch sei schon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der Postillon pressire. So suchte er denn seine Sachen zusammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als beide Herrn vor der Laube erschienen.
Der Graf begrüßte ihn beinah wie einen früheren Bekannten, lebhaft mit seinem kräftig schallenden Organ, ließ ihn zu gar keiner Entschuldigung kommen, sondern erklärte sogleich seinen Wunsch, das Ehepaar zum wenigsten für diesen Mittag und Abend im Kreis seiner Familie zu haben. Sie sind uns, mein liebster
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/37>, abgerufen am 16.02.2025. |