Mann und Frau, die viel zu lachen gaben. -- "Dem sey nun wie ihm wolle," sagte er, "kurzum, ich hörte so entfernt etwas von einer lieben Pflegetochter, welche Braut, sehr schön, dazu die Güte selber sey und singe wie ein Engel. Per Dio! fiel mir jetzt ein: das hilft dir aus der Lauge! Du setz'st dich auf der Stelle hin, schreibst's Liedchen auf, so weit es geht, erklärst die Sottise der Wahrheit gemäß, und es gibt einen trefflichen Spaß. Gedacht, ge¬ than. Ich hatte Zeit genug, auch fand sich noch ein sauberes Bögchen grün linirt Papier. -- Und hier ist das Produkt! Ich lege es in diese schönen Hände, ein Brautlied aus dem Stegreif, wenn Sie es dafür gelten lassen."
So reichte er sein reinlichst geschriebenes Noten¬ blatt Eugenien über den Tisch, des Onkels Hand kam aber der ihrigen zuvor, er haschte es hinweg und rief: "Geduld noch einen Augenblick, mein Kind!"
Auf seinen Wink that sich die Flügelthüre des Salons weit auf, und es erschienen einige Diener, die den verhängnißvollen Pomeranzenbaum anständig, ohne Geräusch in den Saal herein trugen und an der Tafel unten auf eine Bank niedersetzten; gleichzeitig wurden rechts und links zwei schlanke Myrtenbäumchen
Mann und Frau, die viel zu lachen gaben. — „Dem ſey nun wie ihm wolle,“ ſagte er, „kurzum, ich hörte ſo entfernt etwas von einer lieben Pflegetochter, welche Braut, ſehr ſchön, dazu die Güte ſelber ſey und ſinge wie ein Engel. Per Dio! fiel mir jetzt ein: das hilft dir aus der Lauge! Du ſetz'ſt dich auf der Stelle hin, ſchreibſt's Liedchen auf, ſo weit es geht, erklärſt die Sottiſe der Wahrheit gemäß, und es gibt einen trefflichen Spaß. Gedacht, ge¬ than. Ich hatte Zeit genug, auch fand ſich noch ein ſauberes Bögchen grün linirt Papier. — Und hier iſt das Produkt! Ich lege es in dieſe ſchönen Hände, ein Brautlied aus dem Stegreif, wenn Sie es dafür gelten laſſen.“
So reichte er ſein reinlichſt geſchriebenes Noten¬ blatt Eugenien über den Tiſch, des Onkels Hand kam aber der ihrigen zuvor, er haſchte es hinweg und rief: „Geduld noch einen Augenblick, mein Kind!“
Auf ſeinen Wink that ſich die Flügelthüre des Salons weit auf, und es erſchienen einige Diener, die den verhängnißvollen Pomeranzenbaum anſtändig, ohne Geräuſch in den Saal herein trugen und an der Tafel unten auf eine Bank niederſetzten; gleichzeitig wurden rechts und links zwei ſchlanke Myrtenbäumchen
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0070"n="58"/>
Mann und Frau, die viel zu lachen gaben. —„Dem<lb/>ſey nun wie ihm wolle,“ſagte er, „kurzum, ich<lb/>
hörte ſo entfernt etwas von einer lieben Pflegetochter,<lb/>
welche Braut, ſehr ſchön, dazu die Güte ſelber ſey<lb/>
und ſinge wie ein Engel. <hirendition="#aq">Per Dio</hi>! fiel mir jetzt<lb/>
ein: das hilft dir aus der Lauge! Du ſetz'ſt dich auf<lb/>
der Stelle hin, ſchreibſt's Liedchen auf, ſo weit<lb/>
es geht, erklärſt die Sottiſe der Wahrheit gemäß,<lb/>
und es gibt einen trefflichen Spaß. Gedacht, ge¬<lb/>
than. Ich hatte Zeit genug, auch fand ſich noch<lb/>
ein ſauberes Bögchen grün linirt Papier. — Und hier<lb/>
iſt das Produkt! Ich lege es in dieſe ſchönen Hände,<lb/>
ein Brautlied aus dem Stegreif, wenn Sie es dafür<lb/>
gelten laſſen.“</p><lb/><p>So reichte er ſein reinlichſt geſchriebenes Noten¬<lb/>
blatt Eugenien über den Tiſch, des Onkels Hand kam<lb/>
aber der ihrigen zuvor, er haſchte es hinweg und rief:<lb/>„Geduld noch einen Augenblick, mein Kind!“</p><lb/><p>Auf ſeinen Wink that ſich die Flügelthüre des<lb/>
Salons weit auf, und es erſchienen einige Diener,<lb/>
die den verhängnißvollen Pomeranzenbaum anſtändig,<lb/>
ohne Geräuſch in den Saal herein trugen und an der<lb/>
Tafel unten auf eine Bank niederſetzten; gleichzeitig<lb/>
wurden rechts und links zwei ſchlanke Myrtenbäumchen<lb/></p></body></text></TEI>
[58/0070]
Mann und Frau, die viel zu lachen gaben. — „Dem
ſey nun wie ihm wolle,“ ſagte er, „kurzum, ich
hörte ſo entfernt etwas von einer lieben Pflegetochter,
welche Braut, ſehr ſchön, dazu die Güte ſelber ſey
und ſinge wie ein Engel. Per Dio! fiel mir jetzt
ein: das hilft dir aus der Lauge! Du ſetz'ſt dich auf
der Stelle hin, ſchreibſt's Liedchen auf, ſo weit
es geht, erklärſt die Sottiſe der Wahrheit gemäß,
und es gibt einen trefflichen Spaß. Gedacht, ge¬
than. Ich hatte Zeit genug, auch fand ſich noch
ein ſauberes Bögchen grün linirt Papier. — Und hier
iſt das Produkt! Ich lege es in dieſe ſchönen Hände,
ein Brautlied aus dem Stegreif, wenn Sie es dafür
gelten laſſen.“
So reichte er ſein reinlichſt geſchriebenes Noten¬
blatt Eugenien über den Tiſch, des Onkels Hand kam
aber der ihrigen zuvor, er haſchte es hinweg und rief:
„Geduld noch einen Augenblick, mein Kind!“
Auf ſeinen Wink that ſich die Flügelthüre des
Salons weit auf, und es erſchienen einige Diener,
die den verhängnißvollen Pomeranzenbaum anſtändig,
ohne Geräuſch in den Saal herein trugen und an der
Tafel unten auf eine Bank niederſetzten; gleichzeitig
wurden rechts und links zwei ſchlanke Myrtenbäumchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/70>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.