unleidlichste Ton, den ich in seiner Gegenwart nie hören lassen durfte. Hm, dacht' ich, daß doch was man selber thut, zumal die Männer, ganz etwas anderes ist! Uebrigens hatte ich so viele Fliegen gar nicht wahrgenommen. Sein seltsames Betragen ver¬ droß mich wirklich sehr. -- "Sechse auf Einen Schlag!" rief er: "willst du sehen?" -- Keine Antwort. Da legt er mir Etwas auf's Nähkissen hin, daß ich es sehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein Häufchen Gold, so viel man Ducaten zwischen zwei Finger nimmt. Er setzte seine Possen hinter meinem Rücken fort, that hin und wieder einen Streich und sprach dabei für sich: "Das fatale, unnütze, scham¬ lose Gezücht! Zu was Zweck es nur eigentlich auf der Welt ist -- Patsch! -- offenbar bloß daß man's todtschlage -- Pitsch -- darauf verstehe ich mich ei¬ nigermaßen, darf ich behaupten. -- Die Naturge¬ schichte belehrt uns über die erstaunliche Vermehrung dieser Geschöpfe -- Pitsch Patsch --: in meinem Hause wird immer sogleich damit aufgeräumt. Ah maledette! disperate! -- Hier wieder ein Stück zwanzig. Magst du sie?" -- Er kam und that wie vorhin. Hatte ich bisher mit Mühe das Lachen
unleidlichſte Ton, den ich in ſeiner Gegenwart nie hören laſſen durfte. Hm, dacht' ich, daß doch was man ſelber thut, zumal die Männer, ganz etwas anderes iſt! Uebrigens hatte ich ſo viele Fliegen gar nicht wahrgenommen. Sein ſeltſames Betragen ver¬ droß mich wirklich ſehr. — „Sechſe auf Einen Schlag!“ rief er: „willſt du ſehen?“ — Keine Antwort. Da legt er mir Etwas auf's Nähkiſſen hin, daß ich es ſehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein Häufchen Gold, ſo viel man Ducaten zwiſchen zwei Finger nimmt. Er ſetzte ſeine Poſſen hinter meinem Rücken fort, that hin und wieder einen Streich und ſprach dabei für ſich: „Das fatale, unnütze, ſcham¬ loſe Gezücht! Zu was Zweck es nur eigentlich auf der Welt iſt — Patſch! — offenbar bloß daß man's todtſchlage — Pitſch — darauf verſtehe ich mich ei¬ nigermaßen, darf ich behaupten. — Die Naturge¬ ſchichte belehrt uns über die erſtaunliche Vermehrung dieſer Geſchöpfe — Pitſch Patſch —: in meinem Hauſe wird immer ſogleich damit aufgeräumt. Ah maledette! disperate! — Hier wieder ein Stück zwanzig. Magſt du ſie?“ — Er kam und that wie vorhin. Hatte ich bisher mit Mühe das Lachen
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0102"n="90"/>
unleidlichſte Ton, den ich in ſeiner Gegenwart nie<lb/>
hören laſſen durfte. Hm, dacht' ich, daß doch was<lb/>
man ſelber thut, zumal die Männer, ganz etwas<lb/>
anderes iſt! Uebrigens hatte ich ſo viele Fliegen gar<lb/>
nicht wahrgenommen. Sein ſeltſames Betragen ver¬<lb/>
droß mich wirklich ſehr. —„Sechſe auf Einen Schlag!“<lb/>
rief er: „willſt du ſehen?“— Keine Antwort. Da<lb/>
legt er mir Etwas auf's Nähkiſſen hin, daß ich es<lb/>ſehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu<lb/>
verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein<lb/>
Häufchen Gold, ſo viel man Ducaten zwiſchen zwei<lb/>
Finger nimmt. Er ſetzte ſeine Poſſen hinter meinem<lb/>
Rücken fort, that hin und wieder einen Streich und<lb/>ſprach dabei für ſich: „Das fatale, unnütze, ſcham¬<lb/>
loſe Gezücht! Zu was Zweck es nur eigentlich auf<lb/>
der Welt iſt — Patſch! — offenbar bloß daß man's<lb/>
todtſchlage — Pitſch — darauf verſtehe ich mich ei¬<lb/>
nigermaßen, darf ich behaupten. — Die Naturge¬<lb/>ſchichte belehrt uns über die erſtaunliche Vermehrung<lb/>
dieſer Geſchöpfe — Pitſch Patſch —: in meinem<lb/>
Hauſe wird immer ſogleich damit aufgeräumt. <hirendition="#aq">Ah<lb/>
maledette! disperate!</hi>— Hier wieder ein Stück<lb/>
zwanzig. Magſt du ſie?“— Er kam und that wie<lb/>
vorhin. Hatte ich bisher mit Mühe das Lachen<lb/></p></body></text></TEI>
[90/0102]
unleidlichſte Ton, den ich in ſeiner Gegenwart nie
hören laſſen durfte. Hm, dacht' ich, daß doch was
man ſelber thut, zumal die Männer, ganz etwas
anderes iſt! Uebrigens hatte ich ſo viele Fliegen gar
nicht wahrgenommen. Sein ſeltſames Betragen ver¬
droß mich wirklich ſehr. — „Sechſe auf Einen Schlag!“
rief er: „willſt du ſehen?“ — Keine Antwort. Da
legt er mir Etwas auf's Nähkiſſen hin, daß ich es
ſehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu
verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein
Häufchen Gold, ſo viel man Ducaten zwiſchen zwei
Finger nimmt. Er ſetzte ſeine Poſſen hinter meinem
Rücken fort, that hin und wieder einen Streich und
ſprach dabei für ſich: „Das fatale, unnütze, ſcham¬
loſe Gezücht! Zu was Zweck es nur eigentlich auf
der Welt iſt — Patſch! — offenbar bloß daß man's
todtſchlage — Pitſch — darauf verſtehe ich mich ei¬
nigermaßen, darf ich behaupten. — Die Naturge¬
ſchichte belehrt uns über die erſtaunliche Vermehrung
dieſer Geſchöpfe — Pitſch Patſch —: in meinem
Hauſe wird immer ſogleich damit aufgeräumt. Ah
maledette! disperate! — Hier wieder ein Stück
zwanzig. Magſt du ſie?“ — Er kam und that wie
vorhin. Hatte ich bisher mit Mühe das Lachen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/102>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.