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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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Hier aber, wo mit den Gespielen
Das Mädchen oft sich Veilchen las,
Vielleicht alleine mit Gefühlen
Der sehnsuchtsvollen Ahnung saß,
Hier, unterm Blick prophet'scher Sterne,
Weih' ich mit dir dies Fest voraus:
Tief schaut die Muse in die Ferne
Des bräutlichen Geschicks hinaus.
Wie golden winkt die neue Schwelle
Des Lebens jedem jungen Paar!
Doch weiß man, daß nicht stets so helle
Der Mittag wie der Morgen war.
Bei manchem lauten Hochzeitfeste
Schlich mit weissagendem Gemüth
Ich aus dem Kreis entzückter Gäste,
Und sang ein heimlich Trauerlied.
Heut aber seh' ich schöne Tage
Blühn in gedrängter Sternen-Saat,
Entschieden liegt schon auf der Wage,
Was dieses Paar vom Schicksal bat.
Hast, Liebchen, du der Jugend Blüthe,
Anmuth und Liebenswürdigkeit,
All deines Herzens lautre Güte
Kühn deinem Einzigen geweiht;
Hier aber, wo mit den Geſpielen
Das Maͤdchen oft ſich Veilchen las,
Vielleicht alleine mit Gefuͤhlen
Der ſehnſuchtsvollen Ahnung ſaß,
Hier, unterm Blick prophet'ſcher Sterne,
Weih' ich mit dir dies Feſt voraus:
Tief ſchaut die Muſe in die Ferne
Des braͤutlichen Geſchicks hinaus.
Wie golden winkt die neue Schwelle
Des Lebens jedem jungen Paar!
Doch weiß man, daß nicht ſtets ſo helle
Der Mittag wie der Morgen war.
Bei manchem lauten Hochzeitfeſte
Schlich mit weiſſagendem Gemuͤth
Ich aus dem Kreis entzuͤckter Gaͤſte,
Und ſang ein heimlich Trauerlied.
Heut aber ſeh' ich ſchoͤne Tage
Bluͤhn in gedraͤngter Sternen-Saat,
Entſchieden liegt ſchon auf der Wage,
Was dieſes Paar vom Schickſal bat.
Haſt, Liebchen, du der Jugend Bluͤthe,
Anmuth und Liebenswuͤrdigkeit,
All deines Herzens lautre Guͤte
Kuͤhn deinem Einzigen geweiht;
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[56/0072] Hier aber, wo mit den Geſpielen Das Maͤdchen oft ſich Veilchen las, Vielleicht alleine mit Gefuͤhlen Der ſehnſuchtsvollen Ahnung ſaß, Hier, unterm Blick prophet'ſcher Sterne, Weih' ich mit dir dies Feſt voraus: Tief ſchaut die Muſe in die Ferne Des braͤutlichen Geſchicks hinaus. Wie golden winkt die neue Schwelle Des Lebens jedem jungen Paar! Doch weiß man, daß nicht ſtets ſo helle Der Mittag wie der Morgen war. Bei manchem lauten Hochzeitfeſte Schlich mit weiſſagendem Gemuͤth Ich aus dem Kreis entzuͤckter Gaͤſte, Und ſang ein heimlich Trauerlied. Heut aber ſeh' ich ſchoͤne Tage Bluͤhn in gedraͤngter Sternen-Saat, Entſchieden liegt ſchon auf der Wage, Was dieſes Paar vom Schickſal bat. Haſt, Liebchen, du der Jugend Bluͤthe, Anmuth und Liebenswuͤrdigkeit, All deines Herzens lautre Guͤte Kuͤhn deinem Einzigen geweiht;

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/72>, abgerufen am 28.11.2024.