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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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Licht von oben. Der natürliche Mensch vernimmt
nicht was des Geistes GOttes ist/ es ist ihm eine
Thorheit und kan es nicht begreiffen. Und eben da-
hero/ daß die wenigsten Menschen mit diesem Licht
aus GOtt versehen sind/ und nicht aus Wasser und
Geist von neuem gebohren; und doch alles nach dem
unzulänglichen Maasstab ihrer Vernunfft abmes-
sen und entscheiden wollen; entstehen so viele Jrrun-
gen und Mißschläge. Jch überlasse aber eines jeden
Gewissen/ sich selbst vor GOtt zu prüfen: wie auff-
richtig/ hertzlich/ starck/ kalt oder lau seine Liebe;
und wie völlig sein Vertrauen auf den allgenugsa-
men GOtt seye. Ob er nicht mehr auff eigene Kräff-
te/ Vernunfft/ List/ Sorgen/ Ehre/ Geld und
Gut sehe; solches suchet/ und zu diesen Götzen mehr
Zutrauen/ als auff die unsichtbahre Hand GOttes
habe. Da einem jeden sein Hertz schon sagen wird:
Wie es umb ihn vor GOtt stehe. Verdam-
met euch euer Hertz nicht: so habt ihr Freudigkeit in
und vor GOtt; heuchelt und schmeichelt ihr euch
aber/ so wird es doch in die Länge keinen Stich hal-
ten: sondern das Licht oder der züchtigende Geist
GOttes in demselben wird euer Richter seyn/ und
euer unrichtiges Thun beschuldigen/ straffen und
verdammen. Wohl dem der auffrichtigen Her-
tzens ist; (welches der eigentliche Character nicht nur
eines Christen; sondern auch eines Tugend-lieben-
den ehrlichen Menschens ist) da wird sich die Weiß-
heit zugesellen: wo aber keine Auffrichtigkeit und
Redlichkeit sich findet; da ist alles vergebens und
verlohren/ es gleisse auch von aussen wie es wolle;
und


Licht von oben. Der natuͤrliche Menſch vernimmt
nicht was des Geiſtes GOttes iſt/ es iſt ihm eine
Thorheit und kan es nicht begreiffen. Und eben da-
hero/ daß die wenigſten Menſchen mit dieſem Licht
aus GOtt verſehen ſind/ und nicht aus Waſſer und
Geiſt von neuem gebohren; und doch alles nach dem
unzulaͤnglichen Maasſtab ihrer Vernunfft abmeſ-
ſen und entſcheiden wollen; entſtehen ſo viele Jrrun-
gen und Mißſchlaͤge. Jch uͤberlaſſe aber eines jeden
Gewiſſen/ ſich ſelbſt vor GOtt zu pruͤfen: wie auff-
richtig/ hertzlich/ ſtarck/ kalt oder lau ſeine Liebe;
und wie voͤllig ſein Vertrauen auf den allgenugſa-
men GOtt ſeye. Ob er nicht mehr auff eigene Kraͤff-
te/ Vernunfft/ Liſt/ Sorgen/ Ehre/ Geld und
Gut ſehe; ſolches ſuchet/ und zu dieſen Goͤtzen mehr
Zutrauen/ als auff die unſichtbahre Hand GOttes
habe. Da einem jeden ſein Hertz ſchon ſagen wird:
Wie es umb ihn vor GOtt ſtehe. Verdam-
met euch euer Hertz nicht: ſo habt ihr Freudigkeit in
und vor GOtt; heuchelt und ſchmeichelt ihr euch
aber/ ſo wird es doch in die Laͤnge keinen Stich hal-
ten: ſondern das Licht oder der zuͤchtigende Geiſt
GOttes in demſelben wird euer Richter ſeyn/ und
euer unrichtiges Thun beſchuldigen/ ſtraffen und
verdammen. Wohl dem der auffrichtigen Her-
tzens iſt; (welches der eigentliche Character nicht nur
eines Chriſten; ſondern auch eines Tugend-lieben-
den ehrlichen Menſchens iſt) da wird ſich die Weiß-
heit zugeſellen: wo aber keine Auffrichtigkeit und
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[70/0076] Licht von oben. Der natuͤrliche Menſch vernimmt nicht was des Geiſtes GOttes iſt/ es iſt ihm eine Thorheit und kan es nicht begreiffen. Und eben da- hero/ daß die wenigſten Menſchen mit dieſem Licht aus GOtt verſehen ſind/ und nicht aus Waſſer und Geiſt von neuem gebohren; und doch alles nach dem unzulaͤnglichen Maasſtab ihrer Vernunfft abmeſ- ſen und entſcheiden wollen; entſtehen ſo viele Jrrun- gen und Mißſchlaͤge. Jch uͤberlaſſe aber eines jeden Gewiſſen/ ſich ſelbſt vor GOtt zu pruͤfen: wie auff- richtig/ hertzlich/ ſtarck/ kalt oder lau ſeine Liebe; und wie voͤllig ſein Vertrauen auf den allgenugſa- men GOtt ſeye. Ob er nicht mehr auff eigene Kraͤff- te/ Vernunfft/ Liſt/ Sorgen/ Ehre/ Geld und Gut ſehe; ſolches ſuchet/ und zu dieſen Goͤtzen mehr Zutrauen/ als auff die unſichtbahre Hand GOttes habe. Da einem jeden ſein Hertz ſchon ſagen wird: Wie es umb ihn vor GOtt ſtehe. Verdam- met euch euer Hertz nicht: ſo habt ihr Freudigkeit in und vor GOtt; heuchelt und ſchmeichelt ihr euch aber/ ſo wird es doch in die Laͤnge keinen Stich hal- ten: ſondern das Licht oder der zuͤchtigende Geiſt GOttes in demſelben wird euer Richter ſeyn/ und euer unrichtiges Thun beſchuldigen/ ſtraffen und verdammen. Wohl dem der auffrichtigen Her- tzens iſt; (welches der eigentliche Character nicht nur eines Chriſten; ſondern auch eines Tugend-lieben- den ehrlichen Menſchens iſt) da wird ſich die Weiß- heit zugeſellen: wo aber keine Auffrichtigkeit und Redlichkeit ſich findet; da iſt alles vergebens und verlohren/ es gleiſſe auch von auſſen wie es wolle; und

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/76>, abgerufen am 25.11.2024.