Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.Welt-gesinnete Fleisch/ können mit Christo nicht in einem Hertzens-Hause ruhig beysammen woh- nen. Eines muß weichen: entweder Christus oder der alte Adamische Sinn. Alamodan. Wir müssen doch unsere Vernunfft gebrauchen/ und natürliche Mittel: Es fliegen ei- nem keine gebratene Tauben ins Maul. Wer in der Welt ehrlich fortkommen und honet leben will/ muß sich viele Mühe geben. Vertraue einer GOtt und lege derweilen seine Hände in den Schoos/ und sehe zu was er bekommen wird. Modestin. Mein werther Herr Alamodan, er con- fundiret gar zu gerne das/ was seinen richtigen Un- terscheid in der Natur der Sachen selbst hat; und entscheidet hingegen Dinge/ die in der genausten Verbindung mit einander stehen: da durch Auff- hebung des einen/ das andere nothwendig mit zu Grunde gehen muß. Es wird kein verständiger Mensch leugnen: daß man in NB. natürlichen irr- dischen Sachen; deren Erfindung/ Bereitung u. d. g. nicht seine Vernunfft gebrauchen solle. Als welche von GOtt dem HErrn eigentlich zur Be- trachtung derer natürlichen Dinge geordnet; und die natürliche Sachen der eigentliche Gegenwurff derer äusseren Sinne und der Vernunfft sind. Was aber die geistlichen Dinge/ und das Heyl der Seelen betrifft: so zeiget die Natur und Eigenschafft der Sache selbst/ daß das durch die Eigenliebe verfin- sterte Brillen-Glas der Vernunfft/ nicht das rechte Mittel seye/ geistliche Dinge einzusehen und zu beur- theilen; sondern es gehöre dazu ein gantz anderes Licht E 3
Welt-geſinnete Fleiſch/ koͤnnen mit Chriſto nicht in einem Hertzens-Hauſe ruhig beyſammen woh- nen. Eines muß weichen: entweder Chriſtus oder der alte Adamiſche Sinn. Alamodan. Wir muͤſſen doch unſere Vernunfft gebrauchen/ und natuͤrliche Mittel: Es fliegen ei- nem keine gebratene Tauben ins Maul. Wer in der Welt ehrlich fortkommen und honet leben will/ muß ſich viele Muͤhe geben. Vertraue einer GOtt und lege derweilen ſeine Haͤnde in den Schoos/ und ſehe zu was er bekommen wird. Modeſtin. Mein werther Herr Alamodan, er con- fundiret gar zu gerne das/ was ſeinen richtigen Un- terſcheid in der Natur der Sachen ſelbſt hat; und entſcheidet hingegen Dinge/ die in der genauſten Verbindung mit einander ſtehen: da durch Auff- hebung des einen/ das andere nothwendig mit zu Grunde gehen muß. Es wird kein verſtaͤndiger Menſch leugnen: daß man in NB. natuͤrlichen irr- diſchen Sachen; deren Erfindung/ Bereitung u. d. g. nicht ſeine Vernunfft gebrauchen ſolle. Als welche von GOtt dem HErrn eigentlich zur Be- trachtung derer natuͤrlichen Dinge geordnet; und die natuͤrliche Sachen der eigentliche Gegenwurff derer aͤuſſeren Sinne und der Vernunfft ſind. Was aber die geiſtlichen Dinge/ und das Heyl der Seelen betrifft: ſo zeiget die Natur und Eigenſchafft der Sache ſelbſt/ daß das durch die Eigenliebe verfin- ſterte Brillen-Glas der Vernunfft/ nicht das rechte Mittel ſeye/ geiſtliche Dinge einzuſehen und zu beur- theilen; ſondern es gehoͤre dazu ein gantz anderes Licht E 3
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Welt-geſinnete Fleiſch/ koͤnnen mit Chriſto nicht
in einem Hertzens-Hauſe ruhig beyſammen woh-
nen. Eines muß weichen: entweder Chriſtus oder
der alte Adamiſche Sinn.
Alamodan. Wir muͤſſen doch unſere Vernunfft
gebrauchen/ und natuͤrliche Mittel: Es fliegen ei-
nem keine gebratene Tauben ins Maul. Wer in
der Welt ehrlich fortkommen und honet leben will/
muß ſich viele Muͤhe geben. Vertraue einer GOtt
und lege derweilen ſeine Haͤnde in den Schoos/ und
ſehe zu was er bekommen wird.
Modeſtin. Mein werther Herr Alamodan, er con-
fundiret gar zu gerne das/ was ſeinen richtigen Un-
terſcheid in der Natur der Sachen ſelbſt hat; und
entſcheidet hingegen Dinge/ die in der genauſten
Verbindung mit einander ſtehen: da durch Auff-
hebung des einen/ das andere nothwendig mit zu
Grunde gehen muß. Es wird kein verſtaͤndiger
Menſch leugnen: daß man in NB. natuͤrlichen irr-
diſchen Sachen; deren Erfindung/ Bereitung u.
d. g. nicht ſeine Vernunfft gebrauchen ſolle. Als
welche von GOtt dem HErrn eigentlich zur Be-
trachtung derer natuͤrlichen Dinge geordnet; und
die natuͤrliche Sachen der eigentliche Gegenwurff
derer aͤuſſeren Sinne und der Vernunfft ſind. Was
aber die geiſtlichen Dinge/ und das Heyl der Seelen
betrifft: ſo zeiget die Natur und Eigenſchafft der
Sache ſelbſt/ daß das durch die Eigenliebe verfin-
ſterte Brillen-Glas der Vernunfft/ nicht das rechte
Mittel ſeye/ geiſtliche Dinge einzuſehen und zu beur-
theilen; ſondern es gehoͤre dazu ein gantz anderes
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