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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies.

Nahe vor ihrem Gesicht schoß aus den Lüften der Vogel
195Jupiters nieder [Spaltenumbruch] i) , und trieb zwey Vögel von zierlichen Federn

Vor sich her. Das Thier, das in dem Walde regieret,
Fieng nunmehr zum erstenmal an nach Blute zu jagen;
Einem gefälligen Paar, dem sanftesten Paare des Waldes
Setzt es nach, dem Hirsch und der Hindinn; sie nahmen gerade
200Nach der östlichen Pforte die Flucht. Mit innrer Betrübniß

Sah es Adam, und folgte der Jagd mit erschrockenem Auge;
Und drauf wandt er sich so, nicht ohne Bewegung, zu Eva.

Eine noch größre Verändrung, die nicht mehr weit ist, o Eva,
Wartet auf uns! Der Himmel giebt sie durch traurige Zeichen
205Jn der Natur zu erkennen, die seinen Willen verkündgen;

Oder er warnt uns vielleicht, nicht auf die Erlassung der Strafe
Allzusicher zu bauen, wenn in den wenigen Tagen
Uns der Tod bisher noch verschont. Wer weiß es, wie lange
Wir noch sind, und wer weiß, was unser Leben noch seyn wird?
210Oder was wissen wir mehr, als daß wir Staub sind, und Erde,

Daß wir bestimmt sind, einmal zur Erde zurücke zu kehren,
Nicht mehr zu seyn! -- Warum wird diese doppelte Flucht uns
Jn der Luft, und auf Erden gezeigt, zu einerley Stunde.
Und auf einerley Wege? Warum herrscht Dunkel im Osten,
Noch
i) Jovis ales, der Adler. Diese Vor-
bedeutungen sind hier von einer besondern
Schönheit, da sie die nunmehr entstan-
dene Feindschaft zwischen den Thieren an-
[Spaltenumbruch] zeigen, und die Flucht nach der östlichen
Pforte zugeht, aus welcher Adam und
Eva durch den Engel gleich falls ausge-
trieben werden sollten. N.

Das verlohrne Paradies.

Nahe vor ihrem Geſicht ſchoß aus den Luͤften der Vogel
195Jupiters nieder [Spaltenumbruch] i) , und trieb zwey Voͤgel von zierlichen Federn

Vor ſich her. Das Thier, das in dem Walde regieret,
Fieng nunmehr zum erſtenmal an nach Blute zu jagen;
Einem gefaͤlligen Paar, dem ſanfteſten Paare des Waldes
Setzt es nach, dem Hirſch und der Hindinn; ſie nahmen gerade
200Nach der oͤſtlichen Pforte die Flucht. Mit innrer Betruͤbniß

Sah es Adam, und folgte der Jagd mit erſchrockenem Auge;
Und drauf wandt er ſich ſo, nicht ohne Bewegung, zu Eva.

Eine noch groͤßre Veraͤndrung, die nicht mehr weit iſt, o Eva,
Wartet auf uns! Der Himmel giebt ſie durch traurige Zeichen
205Jn der Natur zu erkennen, die ſeinen Willen verkuͤndgen;

Oder er warnt uns vielleicht, nicht auf die Erlaſſung der Strafe
Allzuſicher zu bauen, wenn in den wenigen Tagen
Uns der Tod bisher noch verſchont. Wer weiß es, wie lange
Wir noch ſind, und wer weiß, was unſer Leben noch ſeyn wird?
210Oder was wiſſen wir mehr, als daß wir Staub ſind, und Erde,

Daß wir beſtimmt ſind, einmal zur Erde zuruͤcke zu kehren,
Nicht mehr zu ſeyn! — Warum wird dieſe doppelte Flucht uns
Jn der Luft, und auf Erden gezeigt, zu einerley Stunde.
Und auf einerley Wege? Warum herrſcht Dunkel im Oſten,
Noch
i) Jovis ales, der Adler. Dieſe Vor-
bedeutungen ſind hier von einer beſondern
Schoͤnheit, da ſie die nunmehr entſtan-
dene Feindſchaft zwiſchen den Thieren an-
[Spaltenumbruch] zeigen, und die Flucht nach der oͤſtlichen
Pforte zugeht, aus welcher Adam und
Eva durch den Engel gleich falls ausge-
trieben werden ſollten. N.
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[182/0206] Das verlohrne Paradies. Nahe vor ihrem Geſicht ſchoß aus den Luͤften der Vogel Jupiters nieder i) , und trieb zwey Voͤgel von zierlichen Federn Vor ſich her. Das Thier, das in dem Walde regieret, Fieng nunmehr zum erſtenmal an nach Blute zu jagen; Einem gefaͤlligen Paar, dem ſanfteſten Paare des Waldes Setzt es nach, dem Hirſch und der Hindinn; ſie nahmen gerade Nach der oͤſtlichen Pforte die Flucht. Mit innrer Betruͤbniß Sah es Adam, und folgte der Jagd mit erſchrockenem Auge; Und drauf wandt er ſich ſo, nicht ohne Bewegung, zu Eva. Eine noch groͤßre Veraͤndrung, die nicht mehr weit iſt, o Eva, Wartet auf uns! Der Himmel giebt ſie durch traurige Zeichen Jn der Natur zu erkennen, die ſeinen Willen verkuͤndgen; Oder er warnt uns vielleicht, nicht auf die Erlaſſung der Strafe Allzuſicher zu bauen, wenn in den wenigen Tagen Uns der Tod bisher noch verſchont. Wer weiß es, wie lange Wir noch ſind, und wer weiß, was unſer Leben noch ſeyn wird? Oder was wiſſen wir mehr, als daß wir Staub ſind, und Erde, Daß wir beſtimmt ſind, einmal zur Erde zuruͤcke zu kehren, Nicht mehr zu ſeyn! — Warum wird dieſe doppelte Flucht uns Jn der Luft, und auf Erden gezeigt, zu einerley Stunde. Und auf einerley Wege? Warum herrſcht Dunkel im Oſten, Noch i) Jovis ales, der Adler. Dieſe Vor- bedeutungen ſind hier von einer beſondern Schoͤnheit, da ſie die nunmehr entſtan- dene Feindſchaft zwiſchen den Thieren an- zeigen, und die Flucht nach der oͤſtlichen Pforte zugeht, aus welcher Adam und Eva durch den Engel gleich falls ausge- trieben werden ſollten. N.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/206>, abgerufen am 24.11.2024.